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Von der Leyen bei Erdogan-Treffen aufs Sofa verbannt
International 4 1 3 Min. 08.04.2021 Aus unserem online-Archiv

Von der Leyen bei Erdogan-Treffen aufs Sofa verbannt

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (2.v.r) und der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu (r) während eines Treffens mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (l) und EU-Ratspräsident Charles Michel. Michel saß auf Augenhöhe neben Erdogan, während von der Leyen in einiger Entfernung auf dem Sofa saß.

Von der Leyen bei Erdogan-Treffen aufs Sofa verbannt

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (2.v.r) und der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu (r) während eines Treffens mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (l) und EU-Ratspräsident Charles Michel. Michel saß auf Augenhöhe neben Erdogan, während von der Leyen in einiger Entfernung auf dem Sofa saß.
Dario Pignatelli/European Counci
International 4 1 3 Min. 08.04.2021 Aus unserem online-Archiv

Von der Leyen bei Erdogan-Treffen aufs Sofa verbannt

Während EU-Ratspräsident Charles Michel neben Erdogan Platz nehmen durfte, saß EU-Kommissionspräsidentin in einiger Entfernung auf dem Sofa. Die Kommission will Konsequenzen ziehen.

(dpa) - Die EU-Kommission hat sich empört über die Sitzordnung beim EU-Türkei-Treffen in Ankara gezeigt. Ein Sprecher machte am Mittwoch deutlich, dass Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aus ihrer Sicht auf Augenhöhe mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und dem EU-Ratspräsidenten Charles Michel hätte platziert werden müssen. „Die Präsidentin war ganz klar überrascht“, sagte er. Sie habe es aber vorgezogen, über substanzielle Fragen zu reden.

Bei dem Treffen mit Erdogan im türkischen Präsidentenpalast war am Dienstag für Michel ein großer Stuhl neben dem türkischen Staatschef reserviert gewesen. Von der Leyen bekam hingegen einen Platz auf einem Sofa in einiger Entfernung der beiden zugewiesen. Dort saß sie dem türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu gegenüber, der ebenfalls an dem Gespräch teilnahm.

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Unter anderem auf Twitter wurde danach daran erinnert, dass der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei Treffen mit Erdogan auf Augenhöhe sitzen durfte. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir kommentierte: „Solche Zeichen setzen autoritäre Unterdrücker & Machos wie #Putin, #Erdogan & Co bewusst. (...) Kann man sich gefallen lassen, muss man nicht. Respekt bekommt man so jedenfalls nicht bei den Herren!“

Jean-Claude Juncker und Recep Tayyip Erdogan im Oktober 2015 in Brüssel.
Jean-Claude Juncker und Recep Tayyip Erdogan im Oktober 2015 in Brüssel.
AFP

Von der Leyens Sprecher betonte am Mittwoch, dass sich Vorfälle wie der im Präsidentenpalast in Ankara nicht wiederholen sollten. Dafür werde man nun Vorkehrungen treffen. In der Kommission wurde zudem darauf verwiesen, dass von der Leyen das Treffen mit Erdogan genutzt habe, um mit ihm eine lange und sehr offene Diskussion über Frauenrechte und den Rückzug der Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen und Kinder vor Gewalt zu führen.

EU-Ratspräsident Michel erklärte am späten Mittwochabend, dass eine enge Auslegung von protokollarischen Regeln durch die Türkei zu der unterschiedlichen Behandlung geführt habe, betonte aber, dass er die Situation ebenfalls als bedauerlich empfunden habe. Er und Ursula von der Leyen hätten vor Ort entschieden, die Sache nicht durch einen öffentlichen Eklat noch schlimmer zu machen, schrieb Michel auf Facebook. Stattdessen habe man die Substanz der politischen Diskussion in den Vordergrund gestellt.


Turkish President and leader of the Justice and Development (AK) Party Recep Tayyip Erdogan speaks during a parliamentary group meeting on January 27, 2021 at the Grand National Assembly of Turkey (GNAT) in Ankara. (Photo by Adem ALTAN / AFP)
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Mit dem Verweis auf die protokollarischen Regeln erinnerte Michel daran, dass die EU-Kommissionspräsidentin in der gängigen protokollarischen Rangliste unter dem EU-Ratspräsidenten steht. Dies führt zum Beispiel auch dazu, dass Michel bei gemeinsamen Pressekonferenzen in der Regel zuerst das Wort bekommt.

Türkei verteidigt Sitzordnung

In der Diskussion um die Sitzordnung beim EU-Türkei-Treffen hat sich die Türkei gegen Vorwürfe aus Brüssel verteidigt. Es habe „ungerechte Anschuldigungen gegenüber der Türkei gegeben“, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Donnerstag. „Es wurde entsprechend der Anregungen der EU-Seite so eine Sitzordnung aufgestellt. Punkt.“ Das Treffen sei entsprechend internationaler Standards und „türkischer Gastfreundschaft“ abgehalten worden.  

Bei dem Treffen mit Erdogan hatten die EU-Spitzen am Dienstag über einen möglichen Ausbau der Beziehungen der EU zur Türkei diskutiert. Hintergrund sind Beschlüsse des EU-Gipfels vor eineinhalb Wochen. Bei ihm hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs darauf verständigt, die Beziehungen zur Türkei schrittweise wieder auszubauen. Mit dem Beschluss will die EU die Eskalation weiterer Konflikte abwenden.

In der Migrationspolitik und besonders im Rahmen des 2016 abgeschlossenen Migrationsdeals mit Ankara zählt die EU unter anderem auf die Türkei als Partnerin, um Geflüchtete an der Weiterreise in Richtung Europa zu hindern.


Turkish President and leader of the Justice and Development Party (AK Party) Recep Tayyip Erdogan speaks during the party's meeting of AK Party at the Turkish Grand National Assembly in Ankara on March 10, 2021. (Photo by Adem ALTAN / AFP)
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Im vergangenen Jahr hatte sich zudem der Streit zwischen Griechenland und der Türkei wegen umstrittener Erdgasforschung Ankaras im östlichen Mittelmeer gefährlich zugespitzt. Die EU hatte der Türkei im Dezember scharfe Sanktionen angedroht. Ankara beendete später die umstrittenen Erdgaserkundungen und signalisierte Gesprächsbereitschaft.


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