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Trump stellt eigener Partei Ultimatum
International 3 Min. 23.03.2017 Aus unserem online-Archiv
"Obamacare"-Abstimmung verschoben

Trump stellt eigener Partei Ultimatum

Keine guten Nachrichten für Donald Trump: Offensichtlich kann er nicht genügend Republikaner hinter sich versammeln.
"Obamacare"-Abstimmung verschoben

Trump stellt eigener Partei Ultimatum

Keine guten Nachrichten für Donald Trump: Offensichtlich kann er nicht genügend Republikaner hinter sich versammeln.
AFP
International 3 Min. 23.03.2017 Aus unserem online-Archiv
"Obamacare"-Abstimmung verschoben

Trump stellt eigener Partei Ultimatum

Tom RÜDELL
Tom RÜDELL
Die Republikaner haben nicht genügend Stimmen für die Abschaffung von „Obamacare“ zusammen und verschieben die Abstimmung im Kongress. Mit einem Ultimatim an die Abgeordneten will der US-Präsident nun eine Abstimmung erzwingen.

(dpa/TJ) - Aus Sorge vor einer folgenschweren Niederlage im Kongress haben die US-Republikaner die sehr wichtige Abstimmung über einen Ersatz von „Obamacare“ verschoben.

Dies schmeckt dem US-Präsidenten gar nicht. Am Freitagmorgen hat er die Verhandlungen mit dem US-Repräsentantenhaus abgebrochen und fordert für den Freitag eine Abstimmung: Sollte es keine Mehrheit für die Abschaffung des von Obama eingesetzten Gesundheitssystems geben, bleibe es bei "Obamacare". Dies wäre jedoch ein Debakel für Trump, hatte er sich doch während der gesamten Wahlkampagne immer wieder für die Abschaffung der von seinem Vorgänger eingeführten Gesundheitsversicherung stark gemacht.

Die Neufassung einer Gesundheitsversicherung ist Donald Trumps erster bedeutender Gesetzgebungsprozess, seit er vor zwei Monaten Präsident wurde. Trump hatte hinter den Gesetzentwurf sein volles politisches Gewicht geworfen, konnte sich aber trotz großen Einsatzes nicht durchsetzen.

Die Abstimmung wurde auf Freitag verschoben. Man habe vermeiden wollen, nach einer langen Debatte mitten in der Nacht abstimmen zu müssen, sagte eine Sprecherin des Weißen Hauses. Die Parteiführung räumte ein, man müsse weiter die Reihen schließen.

Mindestens 25 Abgeordnete der Partei Trumps hatten angekündigt, nicht für die von Trump unterstützte Gesetzesvorlage zu stimmen. Die Republikaner können sich höchstens 22 Abtrünnige erlauben. Das Treffen im Weißen Haus sicherte keine ausreichende Mehrheit.

Nancy Pelosi, Führerin der demokratischen Minderheit im Abgeordnetenhaus, sagte: „Donald Trump - Sie mögen ein großer Verhandler sein - aber dieses hier an einem Tag einzubringen, an dem Sie eindeutig noch nicht fertig sind, ist ein Anfängerfehler.“

Kein Plan B

Das zunächst erfolglose Ringen ist ein Beleg für die Zersplitterung der Republikaner. Es belegt auch, dass die Partei - anders als angekündigt - sieben Jahre nach der Einführung von „Obamacare“ über keine schlüsselfertige Alternative verfügt. Das Weiße Haus erklärte bis zuletzt: „Es gibt keinen Plan B.“

Der neue Entwurf sieht im Gegensatz zu „Obamacare“ keine Versicherungspflicht mehr für alle vor. Ein Programm zur kostenlosen Versicherung für Bedürftige wird eingeschränkt. Die Subventionierung von Beiträgen wird nach Alter und nicht mehr primär nach Einkommen gestaffelt. Die geplanten Zuschüsse via Steuergutschriften fallen deutlich magerer aus als die Hilfen unter „Obamacare“.

Das unabhängige Budgetbüro des Kongresses schätzt, dass so mindestens 14 Millionen Amerikaner ihre Versicherung verlieren würden.

Die Debatte wird von Demonstrationen gegen Trumps Gesundheitsreform begleitet, wie hier in Los Angeles.
Die Debatte wird von Demonstrationen gegen Trumps Gesundheitsreform begleitet, wie hier in Los Angeles.
REUTERS

Mit der Ersatzlösung für die von Präsident Obama eingeführte Gesundheitsreform will Trump ein zentrales Wahlversprechen einlösen. „Obamacare ist ein Desaster“, hatte er wiederholt erklärt, die Versicherung sei viel zu teuer und belaste Millionen von Amerikanern.

Die Kompromisslösung ist moderaten Republikanern zu riskant, weil unabhängigen Studien zufolge Millionen bisher versicherter Amerikaner wieder ohne bezahlbare Krankenversicherung dastehen könnten. Den Abgeordneten schlägt in ihren Wahlkreisen wachsende Kritik entgegen.

Den erzkonservativen Mitgliedern des sogenannten Freedom Caucus geht eine Modifizierung von „Obamacare“ dagegen nicht weit genug. Sie wollen das ihnen verhasste Gesetz vollständig abschaffen, sie pochen auf das zentrale Wahlkampfversprechen Trumps.

Dieses Gesetzgebungsverfahren ist auch deswegen so wichtig, weil es Rückschlüsse auf die Erfolgsaussichten einer großen Steuerreform zulässt, die Trump angekündigt hat. Diese ist nochmals ungleich komplizierter als ein Gesetz für das Gesundheitssystem.

Kongresswahlen im Visier

Im Hintergrund der Abstimmung spielen schon jetzt die Kongresswahlen im Herbst 2018 eine große Rolle, und zwar sowohl für die Gegner des neuen Gesetzes wie für dessen Befürworter.

US-Medien berichteten, dass konservative Organisationen um die Koch-Brüder Abgeordneten hohe Summen für diesen Wahlkampf angeboten haben, sollten sie gegen das Gesetz stimmen und deswegen Repressionen Trumps befürchten müssen.

Trump hatte gedroht, Abgeordnete würden bei den Wahlen Mandate verlieren, wenn sie nicht zustimmten. Die Abstimmung wurde so zu einem direkten Machtkampf zwischen Trump und der konservativen Parteibasis.

Obama, Schöpfer und Namensgeber der geltenden Gesetzgebung, verteidigte sein Werk am Donnerstag noch einmal. „Dank dieses Gesetzes sind jetzt 90 Prozent aller Amerikaner krankenversichert - die höchste Quote in unserer Geschichte“, teilte er mit.

Käme der vorliegende Gesetzentwurf im Abgeordnetenhaus nicht durch, wäre das eine schwere Niederlage Trumps. Die Republikaner würden gleichwohl einen neuen Anlauf mit einem neuen Entwurf machen. Sie kontrollieren Abgeordnetenhaus und Senat, deswegen dürfte ein sorgsam ausgehandelter Entwurf früher oder später passieren.


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