Tendenz Abschottung: Schwieriges EU-Asyltreffen in Brüssel
Tendenz Abschottung: Schwieriges EU-Asyltreffen in Brüssel
(dpa) - Unmittelbar von dem EU-Sondertreffen zur Asylpolitik kamenaus diversen Mitgliedsstaaten Forderungen nach einer stärkeren Abschottung Europas. Österreichs Verteidigungsminister Mario Kunasek verlangte den Einsatz von Soldaten an der EU-Außengrenze.
Bulgarien, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, hatte bei dem Spitzentreffen von 16 EU-Staaten vorschlagen, die Außengrenzen des Staatenverbundes zu schließen und außerhalb des EU-Gebiets Flüchtlingszentren zu bauen.
Frankreich und Spanien forderten Zentren für ankommende Migranten „auf europäischem Boden“. Dafür müsse es europäische Solidarität und sofortige finanzielle Unterstützung geben, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron nach einem Treffen mit dem neuen spanischen Regierungschef Pedro Sanchez in Paris. Andere europäische Länder sollten dann solidarisch Migranten aufnehmen, die einen Asylanspruch hätten. Auch bei der Rückführung von Menschen in ihre Herkunftsländer sollten die Europäer zusammenarbeiten.
Neben der zunächst angepeilten Gruppe aus Deutschland, Griechenland, Italien, Bulgarien, Malta, Österreich, Frankreich und Spanien waren laut EU-Kommission nur noch Belgien, die Niederlande, Dänemark, Kroatien, Slowenien, Finnland, Schweden und Luxemburg dabei. Zwölf Staaten nahmen nicht teil. Demonstrativ abgesagt hatten etwa die Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei.
Schwierige Ausgangslage
Die Ausgangslage für das Treffen am Sonntagnachmittag war generell schwierig. Das von Rechtspopulisten mitregierte Italien, wo viele Asylbewerber als erstes in der EU ankommen, will keine Flüchtlinge zurücknehmen. Aus anderen wichtigen Einreisestaaten wie Spanien und Griechenland sind zwar bereitwilligere Signale zu hören. Generell sind die EU-Staaten in der Asylfrage aber sehr uneins - seit Jahren.
Überraschend einmütig warben vor dem Sondertreffen mehrere Regierungschefs und führende EU-Vertreter offensiv dafür, ankommende Flüchtlinge in Asylzentren außerhalb Europas zu schaffen und dort zu versorgen - unter anderen der dänische Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen und Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, ebenso EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani oder EU-Ratschef Donald Tusk. Die Idee von „Auffanglagern“ für Flüchtlinge jenseits der EU steht schon länger im Raum, bekommt nun aber zunehmend Anhänger.
Ruf nach mehr Abschottung
Immer lauter wird vor allem der Ruf nach mehr Abschottung der EU-Außengrenzen. Österreichs Verteidigungsminister Kunasek sagte der „Welt am Sonntag“, aus seiner Sicht müsse das Mandat der EU-Grenzschutzagentur Frontex so geändert werden, „dass ein Grenzschutz-Einsatz von Polizisten und Soldaten künftig möglich ist“. Österreich hat von Juli bis Jahresende den EU-Ratsvorsitz inne.
Aus dem aktuellen Vorsitz-Land Bulgarien kamen ähnliche Töne: Bulgarische Medien meldeten, Ministerpräsident Boiko Borissow habe sich für „unverzügliche Maßnahmen zur Schließung der EU-Außengrenzen und für strenge Kontrollen an den EU-Binnengrenzen“ ausgesprochen. Sie zitierten Borissow außerdem mit den Worten, Bulgarien könne wie andere Länder nicht einverstanden sein, dass Migranten in EU-Staaten zurückgeschickt würden, wo sie erstmals registriert wurden.
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