Sprengstoffübergabe im "Alima": Iranischer Diplomat verurteilt
Sprengstoffübergabe im "Alima": Iranischer Diplomat verurteilt
Montag, den 2. Juli 2018. Es ist 13 Uhr in der Gemeinde Woluwe-Saint-Lambert bei Brüssel. Belgische Spezialeinheiten der Polizei nehmen ein aus dem Iran stammendes Pärchen fest, das ein Sprengstoffanschlag auf eine Großkundgebung von iranischen Exil-Oppositionellen im französischen Villepinte plante. Den Sprengstoff für die Bombe bekamen sie kurz zuvor in einem Supermarkt in Luxemburg-Stadt überreicht - von dem iranischen Diplomaten Assadollah Assadi.
Am Donnerstag wurde Assadi verurteilt. Ein Gericht im belgischen Antwerpen sah es als erwiesen an, dass der 49 Jahre alte Diplomat für den Terrorplan gegen eine Veranstaltung mit 25.000 Teilnehmern verantwortlich ist.
Zugeschlagen hatten die Ermittler aufgrund von Geheimdienstinformationen. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin wurde der Mann wegen versuchten Mordes und Beteiligung an einer terroristischen Organisation schuldig gesprochen.
Im Visier war vor allem die Präsidentin des Nationalen Widerstandsrates, Maryam Rajavi, die auch die Volksmudschaheddin, die dominierende Organisation des Widerstandsrates, anführt.
„Daniel“ - der Diplomat mit den zwei Gesichtern
Jahrelang arbeitete Assadi bei der iranischen Botschaft in Wien als dritter Botschaftssekretär. Doch, dass der Diplomat heimlich für den iranischen Geheimdienst MOIS arbeitete, war sogar seinen engsten Mitarbeitern in Österreich lange entgangen. Sein Codename: „Daniel“.
Am 3. Juli 2018 wurde Assadi auf seiner Rückreise an der österreichischen Grenze von der Polizei gestellt, einen Tag nach der Verhaftung des Pärchens in Belgien.
Die Polizei fand in seinem Wagen ein Notizbuch. Ein Glückstreffer für die Ermittler. Es enthielt Anweisungen zur Aktivierung der Bombe, des Zünders, und wie sich die Terroristen nach dem Anschlag hätten verhalten sollen. So hätte das Ehepaar unter anderem einige Monate nicht das Flugzeug nutzen dürfen.
Onkel, wir werden den Pokal gewinnen.
SMS-Austausch zwischen den Terroristen
Zudem stand Assadi in den Tagen nach der Bombenübergabe in Luxemburg in ständigem Kontakt mit den Pärchen. Oft verwendeten die drei Verschwörer codierte Begriffe: „Onkel, wir werden den Pokal gewinnen“, hieß es im letzten SMS-Austausch, bevor Saadouni und Naami verhaftet wurden.
Im Fahrzeug des iranisch-belgischen Ehepaares Nasimeh Naami und Amir Saadouni wurden die 550 Gramm Sprengstoff und der Zündmechanismus sichergestellt.
Übergabe der Bombe fand im „Alima“ statt
Wie die deutsche „Welt am Sonntag“ aus dem Observationsbericht zitierte, verabredeten sich der 38-jährige Mann und seine 33 Jahre alte Frau am 28. Juni 2018 - kurz vor dem geplanten Anschlag in Villepinte - mit dem Diplomaten Assadi in der Stadt Luxemburg.
Das Treffen fand in der Avenue de la Porte-Neuve im Supermarkt „Alima“ statt. Dort übergab Assadi den Sprengstoff mit einem separaten Fernzünder an das Pärchen.
Was sie nicht wussten: Die gesamte Aktion wurde von der luxemburgischen Polizei beobachtet. Denn vor dem geplanten Anschlag wurden die luxemburgischen Ermittler von ihren belgischen Kollegen gebeten, das Pärchen zu überwachen. Es habe einen ständigen Austausch zwischen den Autoritäten beider Länder gegeben, so die Luxemburger Behörden.
Die deutsche „Bild“-Zeitung stellte im Juli 2018 als erste den Bezug zwischen den Terroristen und dem Großherzogtum her. Die europäischen Sicherheitsbehörden hielten sich lange bedeckt.
Anschlag als staatlicher Auftrag
Brisant ist das Urteil, weil Assadi den Ermittlungen zufolge Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes ist, zu dessen Aufgaben die Beobachtung und Bekämpfung oppositioneller Gruppierungen innerhalb und außerhalb des Irans gehört.
Es gilt deswegen als möglich, dass den Anschlagsplänen ein direkter staatlicher Auftrag zugrunde lag. Laut dem Urteil gehörten nicht nur Assadi, sondern weitere Geheimdienst-Mitarbeiter zu der Terrorgruppe, die das Attentat plante.
Diese These vertritt auch die im Iran verbotene Oppositionsgruppe. Der Nationale Widerstandsrat Iran (NWRI) hatte die Großkundgebung am 30. Juni 2018 in Villepinte bei Paris organisiert. An ihr hatten auch zahlreiche westliche Unterstützer teilgenommen, darunter der Anwalt des damaligen US-Präsidenten Donald Trump, Rudy Giuliani.
Der NWRI forderte die europäische Politik am Donnerstag auf, Konsequenzen aus dem Urteil zu ziehen. „Die heutige Verurteilung des iranischen Terror-Diplomaten durch eine europäische Justizbehörde bestätigt den staatlichen Terrorismus des iranischen Regimes“, sagte NWRI-Präsidentin Maryam Rajavi. Konkret sprach sie sich unter anderem dafür aus, iranische Botschaften in der EU zu schließen und europäische Botschafter aus Teheran abzuziehen.
Ein Sprecher der EU-Kommission sagte in Brüssel, das Urteil und seine Implikationen würden nun geprüft. Er erinnerte daran, dass die Europäische Union Assadi bereits vor mehr als einem Jahr auf ihre Terrorliste gesetzt hatte. Zudem war damals auch die Direktion für innere Sicherheit des Geheimdienstes MOIS gelistet worden.
