Mutmaßlicher Brandstifter von Saarlouis vor Gericht
Mutmaßlicher Brandstifter von Saarlouis vor Gericht
Von Kai Schwerdt (Koblenz) und Tom Rüdell
Der saarländische Neonazi Peter Werner S. steht derzeit in Koblenz vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, im September 1991 in Saarlouis-Fraulautern Feuer in einer Unterkunft für Asylbewerber gelegt zu haben. Dabei war Samuel Yeboah, ein 27-jähriger Ghanaer, gestorben. Die Anklage lautet dementsprechend auf Mord und 20-fachen versuchten Mord.
Der Prozess war mit Spannung erwartet worden, nicht zuletzt, weil die Tat schon so lange zurückliegt. In Saarlouis und Umgebung galt es als offenes Geheimnis, dass die damalige Neonazi-Szene, zu der Peter Werner S. zählt oder damals zählte, etwas mit dem Brand zu tun hatte. Doch die Polizei legte den Fall bereits knapp ein Jahr später zu den Akten - aus Mangel an Beweisen.
Erst 2020 kam wieder Bewegung in die Ermittlungen, nachdem eine Frau 2019 ausgesagt hatte, S. habe sich bei einem Grillfest ihr gegenüber mit der Tat gebrüstet. Daraufhin wurde deutlich gründlicher ermittelt, der Generalbundesanwalt in Karlsruhe zog den Fall an sich. Und der Polizeipräsident des Saarlandes fand sogar klare Worte für seine Vorgänger: Die Polizei im Saarland habe damals „nicht richtig funktioniert“.
Schwierige Kindheit und eine Knast-Freundschaft
Am zweiten Prozesstag im Mordfall Yeboah hat der Angeklagte Peter S. erstmals ausgesagt. Beim ersten Termin hatte lediglich sein Anwalt einen Freispruch gefordert, weil der Tatvorwurf gegen den Mandanten passend zum Motiv Rassismus „konstruiert“ sei. Am Montag sprach nun Peter S. selbst, zunächst allerdings nicht über Gesinnung und Ideologie, sondern hauptsächlich über seine Biografie. Der 51-Jährige berichtet detailliert von einer schweren Kindheit. Schulische Probleme, Heimaufenthalte, ein abwesender leiblicher Vater, den er nie kennengelernt hat; ein Stiefvater, der ihn regelmäßig mit dem Gürtel verprügelt hat. Eine abgebrochene Ausbildung, Jugendarrest wegen Diebstahlsdelikten.
Dort habe er dann bereits um 1990 Peter St. kennengelernt - den „Kameradschaftsführer“ der Saarlouiser Nazi-Skinheads. Es war St., der an jenem Abend im September 1991 in der Saarlouiser Kneipe „Bayrischer Hof“ die Rede auf die Ausschreitungen in Hoyerswerda gebracht haben soll - und dort sagte, etwas Ähnliches müsse in Saarlouis auch einmal passieren. Woraufhin, so die Anklage, Peter St. nach Fraulautern gefahren und dort zur Tat geschritten sei. Nach der aktuellen Anklageschrift alleine - diese These ist aber seit Jahrzehnten umstritten.
Mit St. habe S. nach eigener Aussage dann ab 1997 zunächst nichts mehr zu tun gehabt. 2002 habe er ihn aber, wieder im Gefängnis, erneut getroffen. 2006 habe St. dann auch bei der Hochzeit von S. im kleinen Kreis die offiziellen Fotos gemacht. Von seiner Ehefrau, mit der er ein gemeinsames Kind hat, lebt S. mittlerweile getrennt.
Losgesagt haben will er sich aber auch von der rechten Szene und dem entsprechenden Gedankengut - seit 2007 gebe es keinen Kontakt mehr, so der Anwalt von S. in seiner Erklärung. Es ist Kristin Pietrzyk, eine Anwältin der Nebenklage, die dieser Aussage widerspricht - und sie mit einer eleganten Nachfrage konterkariert.
„Paulchen Panter“ als Neonazi-Code
Die Rede kommt auf die Tattoos, die S. am Körper trägt. Unter anderem hat er die Comicfigur „Paulchen Panter“ („Der rosarote Panter“) tätowiert - ein Motiv, das mit dem Bekennervideo der rechtsextremistischen deutschen Terrorzelle „NSU“ seine Unschuld verloren hat. Die Selbstenttarnung des NSU, in der „Paulchen Panter“ eine prominente Rolle spielt, war im November 2011. Ungefähr aus dieser Zeit, so S., stamme auch die Tätowierung.
Eine ideologische und mitunter auch räumliche Nähe zum NSU lässt sich für S. bereits Mitte der 1990er-Jahre nachweisen, als er in Worms auf derselben Neonazi-Kundgebung zugegen war wie die NSU-Mitglieder Beate Zschäpe und Uwe Mundlos, sowie deren Unterstützer Ralf Wohlleben. Jetzt käme hier ein gewichtiger weiterer Aspekt hinzu.
Am vierten Prozesstag, terminiert für den 5. Dezember, soll es im Detail um die rechtsextreme Gesinnung von S. und die Saarlouiser Szene in den 1990er-Jahren gehen. Am Dienstag, dem dritten Termin, begann die Beweisaufnahme mit den Aussagen zweier ehemaliger Ermittlerinnen, die damals - noch am Anfang ihrer Laufbahn bei der Polizei - am Tatort waren. Beide offenbarten Erinnerungslücken, die nach 31 Jahren nicht übermäßig verwunderlich sind.
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