Präsidentenwahl in Kroatien mit besten Chancen für Amtsinhaber
Präsidentenwahl in Kroatien mit besten Chancen für Amtsinhaber
(dpa) - Das EU-Mitglied Kroatien wählt an diesem Sonntag einen neuen Staatspräsidenten. Beste Chancen hat nach allen Umfragen der amtierende Staatschef Ivo Josipovic. Der geht wieder als Kandidat der regierenden Sozialdemokraten (SDP) ins Rennen. Doch im Wahlkampf kritisierte er die Partei heftig. Vor allem in der Wirtschaftspolitik hielt der 57-Jährige der Regierung komplettes Versagen vor. Er will seine zweite Amtszeit als unabhängiger und überparteilicher Politiker angehen.
Josipovic sagen alle Umfragen etwa 46 Prozent der Stimmen voraus. Da er damit die notwendige absolute Mehrheit verfehlen dürfte, muss er am 11. Januar in eine Stichwahl. Seine Gegnerin wird dabei die voraussichtliche Nummer zwei der ersten Wahlrunde sein: Kolinda Grabar Kitarovic (46). Die Kandidatin der Oppositionspartei HDZ kann mit etwa 35 Prozent den zweiten Platz erreichen. Zwischen dem Juraprofessor Josipovic und der international erfahrenen Diplomatin Grabar Kitarovic dürfte im Januar dann die endgültige Entscheidung fallen.
Die Überraschung des Wahlkampfs war der jüngste je angetretene Kandidat, der 25-jährige Bürgeraktivist Ivan Sincic. Vor dem Hintergrund allgemeinen Verdrusses mit den etablierten Politikern schätzen die Wähler offenbar den Newcomer - trotz seines etwas plakativen Programms „Gegen die Oligarchen und Banker, die Kroatien ausgeplündert haben“. In Umfragen kommt er auf gut neun Prozent. Abgeschlagen liegt der Medizinprofessor und HDZ-Dissident Milan Kujundzic (57) mit sieben Prozent auf dem letzten Platz.
Zweite Wahlrunde ausschlaggebend
Am Ende dürfte den Ausschlag geben, für wen in der zweiten Wahlrunde im Januar die Wähler dieser beiden aussichtslosen Kandidaten stimmen. Entscheidend könnte sein, wie viele der 3,8 Millionen Wahlberechtigten überhaupt an den Wahlurnen erscheinen. Nicht ausgeschlossen ist, dass nur die Hälfte der Stimmberechtigten mobilisiert werden kann. Dann wird es laut Demoskopen darauf ankommen, ob Josipovic für die politische Linke oder Grabar Kitarovic für das rechte Lager die jeweiligen Anhänger motivieren kann.
Auch wenn der Staatspräsident in Kroatien vorwiegend repräsentative Aufgaben hat, will Josipovic im Falle seiner Wiederwahl doch Großes anstoßen. Er möchte eine Verwaltungsreform einschließlich einer entsprechenden Verfassungsänderung durchsetzen. Damit soll das Land in fünf bis acht Regionen mit großer Selbstständigkeit statt der bisherigen 20 Landkreise eingeteilt werden. Die Zahl der Parlamentsabgeordneten soll von heute 151 auf bis zu 113 sinken. Die Staatsverwaltung soll deutlich schlanker werden, als Voraussetzung für den so sehr herbeigesehnten Wirtschaftsaufschwung.
Sollte die Regierung ihm auf diesem Weg nicht folgen, will Josipovic zur Durchsetzung seines Ziels ein Referendum organisieren. Wenn der bekennende Agnostiker und renommierte Musikkomponist wirklich gewinnt, wie es fast alle Meinungsforscher erwarten, wird es für die Regierung bei der Parlamentswahl ein knappes Jahr später noch schwerer. Denn Josipovic dürfte dann an seinem Erfolgskonzept „Scharfe Kritik an den Sozialdemokraten“ festhalten. Die größte Regierungspartei liegt im Moment bei allen Umfragen ohnehin schon deutlich hinter der HDZ, der größten Oppositionskraft.
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