Peru geht in Corona-Krise der Sauerstoff aus
Peru geht in Corona-Krise der Sauerstoff aus
(dpa) - Bis zum Ende des Blocks reicht die Schlange. Dutzende Menschen warten, bis sie endlich an der Reihe sind, jeder hat eine grüne Gasflasche neben sich stehen. In dem Ladengeschäft an einer viel befahrenen Straße im Süden der peruanischen Hauptstadt Lima wird ein knappes Gut verkauft: Sauerstoff.
„Ich kaufe Sauerstoff für meine Großmutter. Sie ist 86 Jahre alt und hat Covid-19“, erzählt Luis Gustavo Laupa Neira, während er wartet, dass seine Flasche befüllt wird. „Wir geben ihr Sauerstoff, damit sie schneller wieder gesund wird.“ 90 Soles kostet ihn eine Füllung, das sind etwa 23 Euro. Angehörige wie Laupa Neira müssen sich das Gas bei privaten Unternehmen selbst abfüllen lassen und in die Klinik bringen. Die meisten Krankenhäuser verfügen bei weitem nicht über genügend Sauerstoff, um alle Intensivpatienten zu versorgen.
Über eine Viertelmillion Infektionen
Peru hat die Corona-Pandemie hart getroffen. Mit mehr als 270.000 nachgewiesenen Infektionen steht das Land in Lateinamerika an zweiter Stelle nach Brasilien. Knapp 9.000 Patienten sind an der Lungenkrankheit Covid-19 bereits gestorben.
Dabei hat die Regierung des Andenstaats recht strenge Ausgangsbeschränkungen verhängt, um die Ausbreitung des Virus Sars-CoV-2 zu bremsen. Allerdings können es sich in dem armen Land viele Menschen schlicht nicht leisten, zu Hause zu bleiben. Rund 70 Prozent der arbeitenden Bevölkerung in Peru sind im informellen Sektor beschäftigt - das ist selbst für lateinamerikanische Verhältnisse sehr viel. Und für Schuhputzer, Müllsammler, fliegende Händler und Tagelöhner gibt es kein Homeoffice.
Nachfrage explodiert
Verschärft wird die Lage nun noch dadurch, dass Peru der Sauerstoff ausgeht. Patienten, die schwer an Covid-19 erkrankt sind, müssen mit dem Gas zusätzlich versorgt oder gar künstlich beatmet werden. „Wegen der Corona-Pandemie ist die Nachfrage stark angestiegen“, sagt Nicol Romero von der Firma OxiRomero Group in San Juan de Miraflores im Süden von Lima. „Vorher haben wir pro Tag 40 bis 50 Flaschen befüllt, jetzt sind es zwischen 120 und 150.“ Das Angebot habe sich allerdings nicht wesentlich erhöht, zudem gebe es in Peru ein Duopol. „Zwei Unternehmen kontrollieren rund 90 Prozent des Sauerstoffmarkts“, sagt Romero. „Es gibt keinen richtigen Wettbewerb, das verschärft das Problem noch einmal.“
Angesichts der Versorgungsengpässe erklärte die peruanische Regierung Sauerstoff zuletzt zu einem „Element nationalen Interesses“. Medienberichten zufolge produziert das südamerikanische Land gerade einmal 20 Prozent seines Bedarfs an medizinischem Sauerstoff. Nun soll die Produktion in Peru erhöht und der Import gesteigert werden. Dafür stellte die Regierung per Dekret umgerechnet rund 23 Millionen Euro zur Verfügung.
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