Papst Franziskus am Scheideweg
Papst Franziskus am Scheideweg
(dpa) - Was ändert sich mit dem neuen Papst? - Diese Frage treibt Katholiken und Nicht-Katholiken, Gläubige wie auch Ungläubige um, seit der Argentinier Jorge Mario Bergoglio im März 2013 zum Oberhaupt der römischen Kirche gewählt wurde. Seit seinem Amtsantritt hat Franziskus in der Tat schon vieles anders gemacht und frischen Wind in die Kirche gebracht. Es gibt aber auch kritische Stimmen, die ihm vorwerfen, vieles anzusprechen, aber kaum Konkretes umzusetzen.
Doch Papst Franziskus hat immerhin erreicht, dass heiße Eisen wie Ehe, Familie und Sexualität überhaupt in der Kirche diskutiert werden. Die bisher geltenden katholischen Dogmen scheinen vielen Gläubigen nicht mehr zeitgemäß. Franziskus hat die brennenden Fragen besonders auf diesem Gebiet zum Gegenstand der am 4. Oktober beginnenden dreiwöchige Synode gemacht. Viele Gläubige setzen große Hoffnungen in ihn.
Einen Konsens zu finden wird schwer
Doch der Papst, so offen er sich auch nach außen gibt, mag an der Unauflöslichkeit der Ehe genauso wenig rütteln wie am Nein zur Ehe von Homosexuellen. Immerhin hat er zuletzt Zeichen gesetzt: Er vereinfachte den Prozess der katholischen Ehe-Nichtigkeitserklärung und erlaubte Priestern, im Heiligen Jahr auch Abtreibung zu vergeben.
Einen Konsens in Rom zu finden, wird schwer: Das konservative Lager beharrt auf seinen Positionen, doch auch die Zahl der Befürworter einer Öffnung wächst. Unter den deutschen Bischöfen etwa wächst zumindest die Zahl derer, die wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion unter bestimmten Bedingungen zulassen wollen.
Die Synode ist nicht dazu da, Beschlüsse zu fassen, sie ist ein reines Beratungsgremium.
Lehre und Überzeugung der Kirche könnten zwar nicht grundlegend verändert werden, meinen sie. „Wohl aber muss ein Weg gefunden werden, wie Gläubige, die nach einer zivilen Scheidung zivil abermals geheiratet haben, in der Kirche leben und mitwirken können“, forderten sie.
Umfragen haben ergeben, dass sich vor allem in westlichen Ländern viele Gläubige in den starren Moralvorgaben der katholischen Kirche nicht mehr wiederfinden. Sie wünschen sich eine Öffnung - während in Weltgegenden wie Afrika ganz andere Probleme auf der Agenda stehen. Aus dem Süden weht eher konservativer Gegenwind Richtung Rom. Afrikas Bischöfe wollen in ihrer Mehrzahl am katholischen Ehe- und Familienverständnis nicht rütteln - und sich vor allem nicht von ihren Kollegen aus dem Norden bevormunden lassen.
Keine Neu-Erfindung des Katholizismus
Die Erwartungen an die Synode sind hoch. Doch Beobachter warnen vor zu großen Hoffnungen auf konkrete Beschlüsse. „Eine Neu-Erfindung des Katholizismus wird es sicher nicht geben. Die Synode ist nicht dazu da, Beschlüsse zu fassen, sie ist ein reines Beratungsgremium“, sagt Bernd Hagenkord, Leiter der deutschen Redaktion von Radio Vatikan. „Sie wird dem Papst Vorschläge machen, und dann wird man sehen.“
Der deutsche Vatikan-Experte Ulrich Ruh erwartet, dass eine konservative „Sperrminorität“ bei der Synode Änderungen am Status quo zwar verhindern werde. „Sie werden aber gleichzeitig als die vorgeführt, die keine stichhaltigen Argumente haben“, glaubt Ruh. Am Ende werde der Papst gestärkt hervorgehen.
In jedem Fall wird die Synode für die katholische Kirche, aber auch für Franziskus selbst ein entscheidender Gradmesser sein. Bleiben die Ergebnisse genauso unkonkret wie bei der außerordentlichen Synode 2014, könnte die Kritik am Pontifex lauter werden. Das Treffen werde zeigen, inwiefern die Lehre der Kirche in Stein gemeißelt sei oder weiterentwickelt werden könne, sagt der scheidende Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück.: „Diese Wochen sind vielleicht schicksalhaft für das Pontifikat von Papst Franziskus“.
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- Worum geht es bei der Synode? Zwischen Tradition und Öffnung
- Dossier zur Synode 2014: Bischofstreffen 2014 zu Ehe und Familie
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