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Österreich rätselt über ein Comeback der Polit-Superstars
International 3 Min. 05.01.2023
Neustart für Kern und Kurz

Österreich rätselt über ein Comeback der Polit-Superstars

Im Oktober 2017 standen sich Kanzler Christian Kern (SPÖ, links) und der damalige Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) als Kontrahenten gegenüber.
Neustart für Kern und Kurz

Österreich rätselt über ein Comeback der Polit-Superstars

Im Oktober 2017 standen sich Kanzler Christian Kern (SPÖ, links) und der damalige Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) als Kontrahenten gegenüber.
Foto: AFP
International 3 Min. 05.01.2023
Neustart für Kern und Kurz

Österreich rätselt über ein Comeback der Polit-Superstars

Sebastian Kurz und Christian Kern waren die Größen der österreichischen Politik. Es mehren sich die Anzeichen, dass sie einen Neustart versuchen.

Von Andreas Schwarz (Wien)

Es ist gerade einmal fünf Jahre her: Die ÖVP, kleiner Koalitionspartner in einer abgenutzten großen Koalition mit den ewig verhassten Sozialdemokraten, grundelt in Umfragen irgendwo zwischen 20 und 25 Prozent – und im Hintergrund arbeitet ein von keinen Zweifeln angekränkelter Minister und Polit-Jungstar mit seinem Team auf Hochtouren an der Übernahme der Partei und der Republik: Sebastian Kurz. Derweil Christian Kern, SPÖ-Kanzler und der andere Slim fit-Star des Jahres 2017, in seinem eitlen Selbstverständnis, die Partei und die Republik wieder in lichte Höhen zu führen, nicht einmal ahnt, was im Herbst passieren wird: Nämlich dass ihn Sebastian Kurz nach einem Koalitionsbruch bei Neuwahlen von der Bühne fegen wird.


Austria's Interior Minister Karl Nehammer gives a press conference following a meeting with his conservative People's Party (OeVP) where he was named as new party head and also as Austria's new chancellor in Vienna on December 3, 2021. - Austria's ruling party named Nehammer to lead the conservative camp and the country after the shock resignation of former chancellor Sebastian Kurz as party head caused fresh political upheaval. (Photo by ROLAND SCHLAGER / APA / AFP) / Austria OUT
Schatten über der ÖVP
Korruptionsvorwürfe gegen einen Landeshauptmann und Comeback-Gerüchte um Ex-Kanzler Kurz lasten auf der Regierungspartei.

Heute sind beide – vorerst – politische Geschichte. Christian Kern hat sich nach der Wahlniederlage beleidigt und unverstanden in die Privatwirtschaft vertschüsst, nicht ohne noch rasch seine Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner aus der Fraktion der Salon-Sozialdemokraten auf den Schleudersitz des SPÖ-Chefpostens zu hieven. Und Sebastian Kurz, mit 33 jüngster Kanzler aller Zeiten, hat nach dreieinhalb turbulenten ÖVP-Höhenflug- und Kanzlerjahren das Feld im Zuge von Korruptionsvorwürfen und juristischen Ermittlungen/Anklagen zum Jahresende 2021 räumen müssen.

Attacken auf die Nachfolgerin

Aber es ist nicht so, als wären beide nicht doch wieder da. Christian Kern, nach seinem Ausscheiden aus der Politik im Energiebereich tätig, auch in Firmen mit seiner Frau in Israel (aus dem Aufsichtsrat der russischen Staatsbahnen schied er mit Beginn des Ukraine-Krieges aus), meldete sich zuletzt in Serien-Interviews in österreichischen Medien zu Wort: mit Ratschlägen zur österreichischen Innenpolitik, mit dem stetigen Zusatz, nicht wieder in die Politik zu wollen, aber immer ein politischer Mensch zu sein. Der von ihm installierten SPÖ-Chefin flickte er dabei immer wieder gerne am Zeug – eine Charakterfrage, wie viele Beobachter staunend anmerkten.


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Sebastian Kurz wiederum, der nach seinem Ausscheiden als Kanzler und ÖVP-Chef unter anderem beim umstrittenen Tech-Investor und Donald Trump-Freund Peter Thiel anheuerte und diverse andere lukrative Geschäfte aufgenommen hat, meldete sich zum Jahresende mit vielen Bildern seiner Reisetätigkeit auf Facebook und mit einer Neujahrsansprache auf Instagram zurück: Es sei ein „extrem ereignisreiches Jahr“ gewesen, in dem er seine ersten Schritte als Unternehmer gemacht habe, erzählt Kurz im früheren Kanzler-Stil. Nach zehn Jahren in der Bundesregierung habe er das erste Mal in seinem Leben „die Masse meiner Zeit nicht in Österreich verbracht“. In Summe sei er „extrem dankbar“ für all das Erlebte und die Begegnungen.

Keine Woche ohne Debatten

Auch Kurz hat eine Rückkehr in die Politik schon mehrfach „für immer“ ausgeschlossen (und kommentiert die Innenpolitik auch nicht). Dass sowohl Kurz als auch Kern nun aber so häufig in den Medien auftauchen, sorgt natürlich für Spekulationen. Und wirft ein Schlaglicht auf ihre Parteien: In der SPÖ, die gestern und heute in Klausur ging, vergeht keine Woche, in der es keine Debatte um die Parteichefin gibt. Die Oppositionspartei liegt in Umfragen zwar weit vor der regierenden ÖVP, aber Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil wird nicht müde zu signalisieren, dass sie mit ihm noch weiter vorne läge und er Pamela Rendi-Wagner für nicht geeignet hält. Der Klausur blieb er demonstrativ fern.


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Und die Kanzlerpartei, die kommende Woche gemeinsam mit den Grünen in eine Regierungsklausur geht, kommt unter ihrem Parteiobmann Karl Nehammer nicht und nicht vom Fleck – in Umfragen liegt sie mit gerade einmal 20 Prozent hinter der SPÖ und der rechtspopulistischen FPÖ. Weit entfernt von den 37,5 Prozent, die die ÖVP bei der letzten Wahl mit Kurz (2019) einfuhr. Die Sehnsucht bei vielen nach der Kurz-Zeit ist groß – auch wenn man weiß: Solange nicht alle Verfahren gegen Kurz und seine unmittelbar Getreuen eingestellt sind, geht da gar nichts.

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