Neuer US-Botschafter: "In den Niederlanden müssen Sie Fragen beantworten"
Neuer US-Botschafter: "In den Niederlanden müssen Sie Fragen beantworten"
Pete Hoekstra hatte keinen guten Start in seinen neuen Job. Am Mittwoch hat er seinen Posten als neuer Botschafter der Vereinigten Staaten in den Niederlanden offiziell angetreten. Für den erfahrenen Republikaner kein großes Problem, sollte man meinen - schließlich wurde er sogar in den Niederlanden geboren, im Alter von drei Jahren wanderte er dann mit seinen Eltern in die USA aus. Doch Hoekstras erster offizieller Arbeitstag gestaltete sich schwieriger als erwartet.
Ein reißerisches Statement
Und das kam so: Hoekstra hatte gerade sein Beglaubigungsschreiben dem niederländischen Staatsoberhaupt, König Willem-Alexander, übergeben. Dieser Akt macht ihn offiziell zum Botschafter. Danach war eine Pressekonferenz vorgesehen. Und hier begann Hoekstras Verhängnis. Denn die versammelte niederländische Hauptstadtpresse hatte nicht vergessen, was der neue Botschafter im Jahr 2015 über die Niederlande gesagt hatte.
Der Islamismus, so Hoekstra damals anlässlich einer Konferenz der ultrakonservativen "American Freedom Alliance", habe die Niederlande ins Chaos gestürzt. Es würden Autos verbrannt. Es würden Politiker verbrannt. Und ja, es gebe "no-go-Areas", also Gegenden, in die sich nicht-muslimische Niederländer nicht mehr hineintrauten. Diese und ähnliche Verschwörungstheorien hatte Hoekstra wiederholt bei konservativen Veranstaltungen und in diversen Medien geäußert.
Ein kritischer Reporter
Bereits im Dezember war Hoekstra von dem niederländischen Reporter Wouter Zwart auf sein - nachweislich falsches - Statement zum Islamismus in den Niederlanden angesprochen worden. Damals sagte er, er habe das so nie gesagt. Das Zitat sei "fake news". Als Zwart ihm ein Video der Konferenz vorspielt, auf dem das Zitat komplett zu sehen ist und fragt, ob Hoekstra das auch als "fake news" bezeichnen würde, antwortet der designierte Botschafter, er habe den begriff "fake news" nicht in den Mund genommen. Wohlgemerkt: Wieder vor laufender Kamera.
Dieses Verhalten war damals in den Niederlanden gar nicht gut angekommen. Der damals designierte Botschafter hatte sich schließlich über Twitter entschuldigt. Er habe 2015 "gewisse Äußerungen getätigt" und bedauere, was er im Dezember gesagt habe.
Ein Raum voller kritischer Reporter
Ob dieses Bedauern auch die Äußerungen aus dem Jahr 2015 einschließe, wollte ein Journalist bei Hoekstras erstem offiziellen Termin in der Botschafterresidenz in Den Haag wissen. Ob Hoekstra mittlerweile zu der Überzeugung gelangt sei, dass die Äußerungen nicht den Tatsachen entsprächen? Ob er sie zurücknehmen wolle? Hoekstra laviert herum. Er habe sein Bedauern über das, was er gesagt habe, bereits ausgedrückt und weiter wolle er nicht darauf eingehen.
Doch das Kaminzimmer voller Journalisten lässt nicht locker. Mehrere Pressevertreter wiederholen die Frage in abgewandelter Form. Ob er immer noch glaube, dass niederländische Politiker "verbrannt worden" seien. Ob er in der Lage sei, einen niederländischen Politiker namentlich zu benennen, der "verbrannt" worden sei. Der Botschafter wirkt nervös und überfordert. Seine Lippen bewegen sich, aber er sagt nichts.
Ein Zitat über der Feuerstelle
Roel Geeraedts von RTL Nieuws packt Hoekstra schließlich bei der Ehre. Ob er das Zitat seines berühmten Vorgängers John Adams über dem Kamin gelesen habe. Adams war ab 1780 der erste Botschafter der damals noch jungen USA in den Niederlanden, später wurde er Präsident. Hoekstra dreht sich um und liest. "Der Himmel möge dieses Haus segnen und alle, die es hernach bewohnen. Mögen nur ehrliche und weise Männer unter diesem Dach regieren" steht in goldenen Lettern über der Feuerstelle. Eine Steilvorlage für kritische Journalisten.
"Wenn Sie ein ehrlicher und weiser Mann sind", sagt Geeraedts, "dann nehmen Sie entweder die Bemerkung über verbrannte Politiker zurück - oder sie nennen einen beim Namen."
Hoekstra dreht sich wieder zu den Journalisten, er sagt "Danke sehr" und will zur nächsten Frage übergehen.
Ein trockenes Fazit
"So funktioniert das hier nicht", ruft einer. "Warum beantworten Sie die Frage nicht?", ein anderer. Eine Journalistin stellt trocken fest: "Wir sind hier in den Niederlanden - hier müssen Sie Fragen beantworten."
Geeraedts sagte hinterher in einem Interview mit der Washington Post: "Wir waren alle sehr erstaunt, dass er die Aussage nicht einfach zurückgenommen hat. Sie ist ja schlicht falsch. Um ehrlich zu sein, war es ziemlich peinlich."
Wir waren alle sehr erstaunt, dass er die Aussage nicht einfach zurückgenommen hat. Sie ist ja schlicht falsch. Um ehrlich zu sein, war es ziemlich peinlich."
Es habe im Raum aber keine Absprache unter den Journalisten gegeben, die Frage immer weiter zu stellen - das habe sich spontan ergeben, als keine zufriedenstellende Antwort kam.
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