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Neue Ära in Österreich perfekt: Schwarz-Grün kann regieren
International 3 Min. 05.01.2020 Aus unserem online-Archiv

Neue Ära in Österreich perfekt: Schwarz-Grün kann regieren

Am Donnerstag hatten Kurz und Kogler die Koalition vorgestellt - nun gab auch die Basis der Grünen ihr Ja-Wort.

Neue Ära in Österreich perfekt: Schwarz-Grün kann regieren

Am Donnerstag hatten Kurz und Kogler die Koalition vorgestellt - nun gab auch die Basis der Grünen ihr Ja-Wort.
Foto: AFP
International 3 Min. 05.01.2020 Aus unserem online-Archiv

Neue Ära in Österreich perfekt: Schwarz-Grün kann regieren

In Österreich starten die Grünen mit großem Rückenwind in ihre erste Bundesregierung.

(dpa) - Ein Bundeskongress der Grünen machte am Samstag als letzte Instanz überraschend deutlich den Weg für eine Koalition mit der konservativen ÖVP frei. 93,18 Prozent der Delegierten stimmten für das Bündnis.

„Wir sind gewählt worden, um Verantwortung zu übernehmen“, hatte Parteichef Werner Kogler in seiner Rede um die Zustimmung der rund 270 Delegierten geworben. „Das, was wir hier leisten, ist Pionierarbeit“, sagte Kogler.

Vereidigung am Dienstag

Nun kann die neue Regierung bereits am Dienstag vereidigt werden. Sie löst ein für den Übergang installiertes Beamtenkabinett unter Kanzlerin Brigitte Bierlein ab. Kanzler wird erneut der ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Kogler wird Vizekanzler. In dem deutlich von der ÖVP dominierten Kabinett stellen die Grünen unter anderem die Umwelt- und die Justizministerin. Erstmals sitzen mehr Frauen als Männer in der österreichischen Regierung.

Werner Kogler, Bundessprecher der Grünen, hält seine Stimmkarte während der Abstimmung beim Bundeskongress der österreichischen Grünen hoch.
Werner Kogler, Bundessprecher der Grünen, hält seine Stimmkarte während der Abstimmung beim Bundeskongress der österreichischen Grünen hoch.
Barbara Gindl/APA/dpa

Kurz erklärte in Interviews, dass bei der Entscheidung für dieses Bündnis die internationale Reputation Östereichs keine Rolle gespielt habe. „Ich bilde keine Koalition für den Rest der Welt, sondern für Österreich. Und ich bilde schon gar keine Koalition für die internationale Presse“, sagte Kurz dem „Kurier“ (Sonntag). Die vorangegangene Koalition von ÖVP und rechter FPÖ war international mit großem Argwohn verfolgt worden; das neue Bündnis gilt dagegen als mögliches Modell auch jenseits der Alpenrepublik.

Vorreiterrolle als Ziel

So will die Koalition beim Klimaschutz eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen. Österreich soll bis 2040 klimaneutral werden. Die Regierung bekenne sich zu einer systematischen Umsteuerung bei den umweltpolitischen Anreizen, sagte Kogler. Entweder werde es 2022 zu einer CO2-Bepreisung kommen oder zu einer öko-sozialen Steuerreform.


Head of the Green Party Werner Kogler (2ndR) and head of the Austrian People's Party (OeVP) Sebastian Kurz (2ndL) pose during the last round of coalition talks on January 01, 2020 in Vienna. - Austria's conservatives led by 33-year-old Sebastian Kurz holds what-is-expected-to-be final discussions with the Greens before announcing a deal to form a government. (Photo by ALEX HALADA / AFP)
Österreich: Schwarz-grüne Regierung steht
Die konservative ÖVP und die Grünen haben sich in Wien auf einen Koalitionsvertrag geeinigt.

„Es ist vorgesehen und so steht es auch dort“, sagte Kogler. Er konterte damit Kritik, dass die Grünen ihre Ziele nicht konsequent genug verfolgten. Eine sofortige Umsetzung sei angesichts der Komplexität des Themas einfach völlig unrealistisch, betonte Kogler.

In seiner leidenschaftlichen, einstündigen Rede ging Kogler auch auf internationale Wahltrends ein. „Es gewinnen neue Konservative, die ähnlich auftreten wie die österreichische ÖVP, und die Grünen“, konstatierte Kogler. In Österreich sei es nun gelungen, dass sich die Wahlsieger vom September auf einen Koalitionspakt geeinigt hätten, der bisher ganz verschiedene Themen unter einen Hut bringe. Im mehr als 300-seitigen Koalitionspapier finden sich eine Verteuerung der Flüge mittels einer auf zwölf Euro fixierten Ticketabgabe, das Ziel einer Senkung der Steuern und die Ausweitung des Burkaverbots auf bis zu 14-jährige Mädchen.

Kogler konnte die Delegierten schlußendlich überzeugen.
Kogler konnte die Delegierten schlußendlich überzeugen.
Foto: AFP

Chance und Risiko zugleich

Die grüne Vizebürgermeisterin von Wien, Birgit Hebein, sagte: „Wir gehen auch ein Risiko ein. Das wissen wir.“ Aber es gebe „eine unglaubliche Chance, dass wir den gesellschaftspolitischen Diskurs in unserem Land wieder positiv verändern“, sagte sie mit Blick auf die Zeit der FPÖ-Regierungsbeteiligung. Zu den vordringlichen Zielen der Grünen zähle die Halbierung der Kinderarmut in den nächsten fünf Jahren. Die Innsbrucker Delegierte Monika Vana sagte, ganz Europa schaue nun auf Österreich - „alle die, die dem rechten Vormarsch“ etwas entgegensetzen wollten“.


(From L) Portugal's Prime Minister Antonio Costa, France's President Emmanuel Macron and  Luxembourg's Prime Minister Xavier Bettel prepare for a family picture during the European Union Summit at the Europa building in Brussels on December 12, 2019. - European Union leaders meet without Britain on December 12, but their departing neighbour's absence will not make agreeing a budget any easier. Inside the chamber, the clash over climate take Brexit's place as the dominant theme of the summit, the first to be chaired by incoming EU Council president Charles Michel. (Photo by ARIS OIKONOMOU / AFP)
Analyse: Wie der EU-Gipfel in die Klimawende stolpert
Die Staats- und Regierungschefs ebnen den Weg für klimaneutrale EU im Jahr 2050 - nicht ohne auf kreative Kompromissfindung zurückzugreifen.

Die lebhafte, aber stets faire Debatte mit Dutzenden Rednern war auch geprägt von Zweifeln und Skepsis, ob die Grünen angesichts der deutlichen Handschrift der ÖVP im gemeinsamen Programm eigene Ziele verrieten. Auf Widerstand traf die Grünen-Spitze unter anderem bei Mitgliedern der Grünen Jugend. Der Pakt sei ein „neoliberales Regierungsprogramm“, kritisierte beispielsweise Flora Lebloch. Kurz sei ein „autoritärer Machtpolitiker, ein eiskalter Schwindler und ein Blender“, warnte sie. Die ÖVP werde vor allem beim Klimaschutz massiv bremsen; sie sei daher gegen den Pakt.

Von Schlappe erholt

Der politische Höhenflug der österreichischen Grünen ist besonders bemerkenswert. 2017 waren sie noch an der Vier-Prozent-Hürde gescheitert und aus dem Parlament geflogen. Das Zerbrechen der ÖVP-FPÖ-Koalition an der Ibiza-Affäre im Mai 2019 und das Ausrufen von Neuwahlen schuf die Chance einer vorzeitigen Rückkehr in den Nationalrat. Im September erhielten die Grünen schließlich 13,9 Prozent der Stimmen. Auch die ÖVP legte unter Kurz erneut zu und kletterte auf 37,5 Prozent.     

 Der Kongree fand in Salzburg statt.
Der Kongree fand in Salzburg statt.
Foto: AFP



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