Mutmaßliche Attentäter in Nordfrankreich gesichtet
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(dpa/afp/ks) - Die Polizei hat laut Medienberichten in Nordfrankreich das Fluchtauto der mutmaßlichen Attentäter gefunden. Nach Hinweisen eines Tankstellenbesitzers bei dem Ort Villers-Cotterêt waren die Sicherheitskräfte dorthin geeilt. Die Polizei durchsuche zurzeit die Gegend, in der die beiden flüchtigen Terroristen ihr Fluchtauto stehengelassen hätten, hieß es am Donnerstag.
Die Brüder sollen für den Anschlag auf das religionskritische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ mit zwölf Toten am Mittwoch verantwortlich sein.
Der Tankstellenbesitzer habe die maskierten und bewaffneten Männer eindeutig erkannt. Fotos zeigten zahlreiche Polizeiautos vor der Tankstelle an der Nationalstraße. Nach Medienberichten könnten die beiden bei ihrer Flucht einen Überfall auf die Tankstelle verübt haben. Bei dem Raub hätten sie Benzin und Essen mitgehen lassen.
Die als Haupttäter verdächtigten Brüder Chérif (32) und Said K. (34) sind seit Mittwochvormittag auf der Flucht. Die beiden Tatverdächtigen führten Schnellfeuerwaffen mit sich, hieß es. Die Rede war auch von einer Panzerfaust.
Brüder wurden vor der Tat überwacht
Die beiden gesuchten Tatverdächtigen wurden nach Angaben des Pariser Innenministers Bernard Cazeneuve vor dem Attentat überwacht. Dabei habe es allerdings keinerlei Hinweise auf einen bevorstehenden Terrorakt gegeben, gegen die Männer habe es auch kein juristisches Verfahren gegeben, sagte Cazeneuve am Donnerstag dem Sender Europe 1. „Wir treffen hundertprozentig Vorsichtsmaßnahmen, ein Null-Risiko gibt es aber nicht“, fügte Cazeneuve an. Die derzeitige Risikolage könne auch zu anderen Gewalttaten führen, warnte der Innenminister.
Der französische Premierminister Manuel Valls bestätigte am Donnerstag, dass "mehrere Personen" im Zusammenhang mit dem Attentat auf das Satireblatt Charlie Hebdo festgenommen wurden und sich in Polizeigewahrsam befinden. Die Hauptverdächtigen, die Brüder Chérif und Said Kouachi, befinden sich weiter auf der Flucht.
Aus Justizkreisen erfuhr die Nachrichtenagentur, dass sieben Personen aus dem Umkreis der beiden Männer festgenommen wurden. Ein mutmaßlicher Helfer der beiden Brüder stellte sich nach knapp zwölf Stunden freiwillig der Polizei.
In Châtillon im Süden von Paris wurde am Morgen auf eine Polizistin und einen Straßenreiniger geschossen. Beide starben. Dieser Vorfall steht ersten Erkenntnissen nach nicht im Zusammenhang mit dem Attentat auf Charlie Hebdo.
Zwölf Menschen starben
Die Brüder sollen am Mittwochvormittag schwarz vermummt die Redaktion des Magazins mitten in der Hauptstadt gestürmt und unter anderem mit einer Kalaschnikow um sich geschossen haben. Im Kugelhagel waren zwölf Menschen getötet worden, darunter acht Journalisten. Elf Menschen wurden verletzt.
Die Terroristen riefen während des Anschlags „Allah ist groß“ und „Wir haben den Propheten gerächt“ und „Wir haben Charlie Hebdo getötet“. Zudem hätten sie behauptet, zur Terrororganisation Al-Kaida zu gehören.
Tag der nationalen Trauer
Die Sicherheitsmaßnahmen im Großraum Paris wurden massiv verschärft. Der französische Staatspräsident François Hollande ordnete am Donnerstag einen Tag der nationalen Trauer an. Er forderte die Franzosen auf, in dieser schweren Zeit zusammenzustehen.
Die Polizei war mit mehr als 3000 Beamten im Einsatz, um die Flüchtigen zu finden. Spezialkräfte umstellten in der Nacht ein Haus im ostfranzösischen Reims. Der 18-Jährige wurde ebenso verhört wie das Umfeld der verdächtigen Brüder. Die Behörden veröffentlichten im Internet ein Fahndungsplakat, um Zeugen zu finden.
Die Attentäter haben auf der Flucht offenbar einen schweren Fehler gemacht und die Polizei so auf ihre Spur gebracht. Wie die Zeitschrift „Le Point“ und die Zeitung „Le Monde“ schreiben, vergaß einer der Brüder seinen Personalausweis im Fluchtwagen, als die Attentäter am Rande der Hauptstadt das Auto wechselten.
Chérif K. soll 2008 verurteilt worden sein, weil er im Irak gekämpft haben soll. Die drei Männer sollen aus Paris kommen und die französische Staatsbürgerschaft haben.
Helfer in Kleinstadt Charleville-Mézière in Haft
Der 18-jährige mutmaßliche Helfer sei in der Kleinstadt Charleville-Mézière nahe der belgischen Grenze in Polizeigewahrsam, hieß es am frühen Donnerstagmorgen in übereinstimmenden Medienberichten. Er heiße Hamyd M. und soll seine Unschuld beteuert haben. Er habe sich gestellt, weil sein Name in den sozialen Netzwerken genannt worden sei. Mitschüler in Charleville-Mézière sollen Medien zufolge erklärt haben, er sei am Morgen in der Schule gewesen.
„Charlie Hebdo“ war mehrfach wegen Mohammed-Karikaturen in die Kritik geraten und angefeindet worden. Erst am Dienstag hatte die Zeitschrift eine Karikatur veröffentlicht, auf der ein islamistischer Terrorist mit einer umgehängten Kalaschnikow auf dem Rücken sagt: „Noch immer kein Attentat in Frankreich, aber man darf sich ja bis Ende Januar was wünschen.“
Weltweite Anteilnahme
Das Blutbad löste Entsetzen und Abscheu aus. Mehr als 100.000 Franzosen gingen am Mittwochabend landesweit auf die Straßen, um sich mit „Charlie Hebdo“ zu solidarisieren. Auch weltweit bekundeten Tausende in Städten ihre Solidarität, so etwa in Berlin. In Luxemburg versammelten sich rund hundert Demonstranten vor der "Maison de la Presse". In Metz war der Platz vor der Kathedrale gut gefüllt.
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US-Präsident Barack Obama, Papst Franziskus und Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigten sich erschüttert. Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel verurteilte die Tat. Auch islamische Staaten wie Katar und Muslimverbände verurteilten die Tat.
Zeitungen zeigen sich solidarisch
Mehrere französische Blätter druckten am Donnerstag eine fast schwarze Seite Eins. Die eher linke „Libération“ schrieb auf schwarzem Grund: „Nous sommes tous Charlie“ (Wir sind alle Charlie). Die konservative Zeitung „Le Figaro“ titelt: „La Liberté assassiné“ (Die ermordete Freiheit). Das Blatt „Le Parisien“ schrieb auf der Eins: „Ils ne tueront pas la liberté“ (Sie werden die Freiheit nicht töten).
Eine Reihe deutscher Zeitungen druckte Mohammed-Karikaturen und andere religionskritische „Charlie Hebdo“-Zeichnungen nach. Unter der Schlagzeile „Vive la liberté“ („Es lebe die Freiheit“) bestreitet die Berliner Zeitung „B.Z.“ die gesamte Titelseite ihrer Donnerstagausgabe mit Titelbildern des Magazins. „Wir veröffentlichen die Satire von Charlie Hebdo aus Respekt vor den Ermordeten, die die Meinungsfreiheit verteidigten“, heißt es in einer Erklärung der Zeitung an ihre Leser. Auch andere Blätter zeigen Zeichnungen.
Drei französische Medienhäuser sagten der Satirezeitschrift Hilfe zu. Der staatliche Hörfunk und das Fernsehen sowie die Tageszeitung „Le Monde“ erklärten, sie wollten dem Magazin das notwendige Personal und Sachmittel zur Verfügung stellen. Ihre Mitteilung trägt die Überschrift: „Damit Charlie lebt.“
- Das sind die mutmaßlichen Attentäter
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