Mehrere Länder setzen Impfungen mit AstraZeneca aus
Mehrere Länder setzen Impfungen mit AstraZeneca aus
(dpa/SC) - Anders als Dänemark, Norwegen und Island setzen Impfungen mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca vorerst aus. Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) gab am Donnerstag bekannt, dass in Luxemburg eine Lieferung des Impfstoffs - rund 4.800 Dosen - erst einmal auf Eis liegt. Nach einer ersten Prüfung hält die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) allerdings „an der positiven Bewertung des zugelassenen AstraZeneca-Impfstoffs fest“, hieß es am Donnerstag.
Bis 10. März wurden der EMA nach eigenen Angaben 30 Fälle von „thromboembolischen Ereignissen“ bei fast fünf Millionen mit dem AstraZeneca-Impfstoff geimpften Menschen in der EU gemeldet. Dies sei nicht mehr als statistisch zufällig auch ohne Impfung in der Bevölkerung vorkomme. Die EMA erklärte unter Berufung auf ihren Sicherheitsausschuss, „dass der Nutzen des Impfstoffs weiterhin die Risiken überwiegt und der Impfstoff weiterhin verabreicht werden kann, während die Untersuchung von Fällen thromboembolischer Ereignisse fortgesetzt wird“.
Dänemark hatte entschieden, vorübergehend niemanden mehr mit dem Corona-Impfstoff des britisch-schwedischen Unternehmens zu impfen. Als Grund wurden Berichte über schwere Fälle von Blutgerinnseln genannt. Dabei wurde auch über einen möglichen Todesfall berichtet. Man könne jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststellen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Vakzin und den Blutgerinnseln bestehe, hieß es. Nach Behördenangaben wird der Stopp zunächst 14 Tage dauern. Nach der Bekanntgabe in Kopenhagen entschlossen sich auch die Nicht-EU-Länder Norwegen und Island, den Gebrauch des Präparats von AstraZeneca vorübergehend zu stoppen.
Die dänische Gesundheitsverwaltung sprach mit Blick auf den Impfstopp des Impfstoffs von AstraZeneca ebenso wie Gesundheitsminister Magnus Heunicke von einer Vorsichtsmaßnahme. Unter den gemeldeten Fällen beziehe sich einer auf einen Todesfall in Dänemark, hieß es. Man lehne das AstraZeneca-Vakzin nicht ab, sondern setze die Verabreichung aus. Es sei gut dokumentiert, dass das Mittel sowohl sicher als auch effektiv sei. Man müsse aber auf Berichte zu möglichen ernsten Nebenwirkungen reagieren. Die allermeisten Nebenwirkungen seien milde, etwa Fieber oder Kopfschmerz, schrieb die dänische Arzneimittelbehörde.
Der Impfstoff von AstraZeneca wird in Luxemburg und in anderen Ländern erst seit vergangener Woche auch an Menschen über 65 Jahren verabreicht. Zuvor fehlten breite Studienergebnisse zur Benutzung an älteren Patienten, weswegen der Conseil Supérieur des Maladies Infectieuses von einer Empfehlung an alle Alters- und Risikoklassen zu Beginn absah.
Deutschland und Frankreich halten an AstraZeneca fest
Deutschland und andere EU-Länder setzen die Impfungen mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca hingegen nicht aus. Bislang gebe es keine Hinweise, dass der Todesfall in Dänemark mit dem Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca in kausaler Verbindung stehe, teilte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am Donnerstagabend in Langen mit. Das PEI schrieb, es gebe derzeit „keinen Hinweis, dass die Impfung diese Erkrankungen verursacht hat“. „In Übereinstimmung mit der EMA überwiegt aus Sicht des Paul-Ehrlich-Instituts der Nutzen der Impfung die bekannten Risiken.“
Ähnlich wie Deutschland reagierten Frankreich, Belgien und Österreich. Europa, Frankreich und Deutschland seien zurzeit der Ansicht, dass es kein übermäßiges Risiko gebe, sagte der französische Gesundheitsminister Oliver Véran am Donnerstagabend in Paris. „Wir überwachen, wir beobachten“, fügte er hinzu. Der Pariser Ressortchef monierte, dass der britisch-schwedische Hersteller eigentlich zugesagte Lieferungen vermindere. So würden in der kommenden Woche nur wenige Dosen erwartet. Es werde auf europäischer Ebene an diesem Problem gearbeitet.
Belgien impft weiter mit dem Stoff von AstraZeneca. Blutgerinnsel nach einer Impfung seien in dem Land nicht bekannt, so Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke. Belege für einen kausalen Zusammenhang gebe es nicht, weswegen er die Entscheidung Dänemarks als „schwer nachvollziehbar“ bezeichnete.
Auch Österreich sprach sich für die Verwendung des Impfstoffes von AstraZeneca aus. Der Nutzen der zugelassenen und verfügbaren Corona-Schutzimpfungen sei eindeutig belegt, hieß es vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen. Wegen eines Todesfalls und drei Erkrankten hatte Österreich zuvor vorsorglich die Verwendung einer Charge des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca ausgesetzt. Ein geimpfter Mensch hatte eine Thrombose bekommen und war zehn Tage nach der Impfung gestorben. Bis zum 9. März bekamen zwei weitere Geimpfte ebenfalls eine Thrombose und zudem einer eine Lungenembolie. Alle hatten Impfstoff aus derselben Charge von AstraZeneca erhalten.
AstraZeneca gab sich auf Anfrage zunächst zurückhaltend. Man sei sich der dänischen Entscheidung bewusst, sagte ein Konzernsprecher. „Die Sicherheit des Impfstoffs ist in klinischen Phase-III-Studien ausführlich untersucht worden und die von Experten begutachteten Daten bestätigen, dass der Impfstoff generell gut verträglich ist.“
Charge ABV5300 unter Beobachtung
Insgesamt sei die Charge ABV5300 an 17 EU-Länder geliefert worden, hatte die EU-Zulassungsbehörde EMA bereits am Mittwochabend mitgeteilt. Unter anderem sei sie nach Dänemark, Frankreich, die Niederlande, Polen, Spanien und Schweden geliefert worden. Neben Luxemburg haben drei weitere belieferte Länder - Estland, Litauen und Lettland - die Impfungen mit der Charge vorsichtshalber ausgesetzt.
Der insgesamte Lieferumfang belief sich auf eine Million Dosen. „Es gibt derzeit keinen Hinweis, dass die Impfung diese Zustände hervorgerufen hat, die nicht als Nebenwirkungen dieses Vakzins aufgelistet sind“, betonte die EMA, die einen möglichen Zusammenhang untersucht.
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