May macht's - mit den Unionisten
May macht's - mit den Unionisten
(dpa/tom) - Trotz der herben Verluste ihrer Konservativen bei der Parlamentswahl will Großbritanniens Premierministerin Theresa May eine neue Regierung bilden. Sie hat sich am Freitagmittag bereits bei Königin Elizabeth II. um die Erlaubnis dafür geholt. Das Treffen im Buckingham Palace dauerte nur zwanzig Minuten.
Danach bestätigte May dass sie eine konservative Minderheitsregierung mit Duldung der nordirischen Protestanten der DUP (Democratic Unionist Party) anstrebe. Sie werde eine Regierung bilden, die "Gewissheit" bringen und die Sicherheit für Großbritannien aufrecht erhalten wolle. Die Konservativen und die DUP würden dafür zusammenarbeiten und dabei auf der "starken Beziehung zueinander, die über die Jahre gewachsen" sei aufbauen. Die Brexit-Verhandlungen gingen im gleichen Zeitplan wie vor der Wahl weiter, so May. Der 19. Juni ist als offizieller Beginn der Verhandlungen vorgesehen. Man werde sich jetzt auf einen Brexit-Deal konzentrieren, der eine „neue Partnerschaft“ mit der EU sicherstelle, so May.
"Was das Land jetzt braucht, ist Gewissheit. Nachdem die Konservativen und die Unionisten die meisten Stimmen und die meisten Sitze erhalten haben, ist klar, dass wir die Legitimation dafür haben, für diese Gewissheit zu sorgen."
Zudem kündigte sie erneut einen entschlossenen Kampf gegen islamistischen Extremismus an. Großbritannien war in den vergangenen Wochen von drei Terroranschlägen erschüttert worden.
Ihre kurze Ansprache vor Downing Street Nummer 10 beendete die Premierministerin mit den Worten "Let's get to work!" ("An die Arbeit").
Labour-Minderheitsregierung unrealistisch
Die Alternative wäre eine Minderheitsregierung der Labour-Partei gewesen. Labour-Anführer Jeremy Corbyn soll das nicht ausgeschlossen haben, ein solches Vorgehen hatte nach Lage der Dinge allerdings von vornherein als unrealsitisch gegolten.
"Wir sind bereit, diesem Land zu dienen“, hatte Corbyn verlauten lassen. Zuvor hatte er May aufgefordert, ihren Posten zu räumen. Eine eigene Mehrheit haben die britischen Sozialdemokraten aber nicht. Und Koalitionen mit anderen Parteien lehnen sie ab.
John McDonnell - möglicher Finanzminister in einem Labour-Kabinett - hatte angekündigt, seine Partei werde eine Minderheitsregierung anstreben. Kommentatoren hielten es aber für unwahrscheinlich, dass Labour damit erfolgreich sein wird.
Nach der Auszählung fast aller Stimmen konnte keine der beiden großen Parteien eine Mehrheit der 650 Wahlkreise für sich gewinnen. Bis Freitagmittag fehlte nur noch ein Wahlkreis: Kensington im Zentrum Londons war der letzte, der sein Ergebnis noch nicht vorgelegt hatte. An den Mehrheitsverhältnissen im Parlament ändert das Ergebnis aber nichts mehr.
Wahlausgang beeinflusst Brexit
Der komplizierte Wahlausgang mit einem "hung parliament" ist auch wichtig für die anstehenden Brexit-Verhandlungen zwischen London und Brüssel. Die hoch komplizierten Verhandlungen müssen bis Ende März 2019 abgeschlossen sein. Sonst scheidet Großbritannien ohne Vertrag oder Übergangsregelung aus der EU aus. Die Folgen für die Wirtschaft und die Bürger wären in dem Fall kaum absehbar.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wartet nun auf ein Signal der Briten für den Beginn der Brexit-Verhandlungen. "Jetzt sind die Briten am Zug", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Das kann Juncker zufolge aber etwas dauern: "Der Staub in Großbritannien muss sich jetzt legen." Die EU könne die Gespräche sofort aufnehmen: "Wir sind seit Monaten bereit zu verhandeln. Wir können morgen früh anfangen." Eine Verlängerung der Zwei-Jahres-Frist für die Brexit-Verhandlungen liegt aus Junckers Sicht nicht auf dem Tisch. „Bevor wir uns die Frage einer Verlängerung der Verhandlungen mit unseren britischen Freunden stellen, möchte ich sie erst einmal beginnen lassen“, sagte der 62-Jährige am Freitag am Rande einer Sicherheitskonferenz in Prag.
Die europäischen Börsen reagierten am Freitag zunächst mit leichten Gewinnen auf die Schlappe für die britische Premierministerin. Allerdings büßten die wichtigsten Aktienindizes einen Teil ihrer deutlichen Aufschläge im frühen Handel wieder ein.
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