May bittet um Brexit-Aufschub bis Ende Juni
May bittet um Brexit-Aufschub bis Ende Juni
(dpa) - Die britische Premierministerin Theresa May bittet um eine Verschiebung des Brexit-Datums auf den 30. Juni. Dies schrieb sie in einem am Freitag veröffentlichten Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk. Eigentlich soll Großbritannien bereits am 12. April aus der Europäischen Union ausscheiden.
Es sei frustrierend, dass der Prozess noch nicht zu einem „erfolgreichen und geordneten Abschluss“ gekommen sei, schrieb May weiter in dem Brief. Sie wolle Vorbereitungen für die Teilnahme an der Europawahl treffen. An der wolle sie aber nur teilnehmen, wenn der Deal nicht rechtzeitig durch sei.
Sollten die Gespräche mit der Opposition nicht zu einer Lösung führen, will May eine weitere Runde von Abstimmungen im Parlament über „klare Optionen“ abhalten. An das Ergebnis werde sich die Regierung halten, sofern die Opposition das auch tue.
EU-Ratschef Donald Tusk plädiert indes für eine Verschiebung des Brexits um zwölf Monate. Tusk wolle das den 27 bleibenden EU-Staaten am Freitag vorschlagen, bestätigte ein EU-Beamter der Nachrichtenagentur dpa in Brüssel. Zuvor hatte auch die AFP darüber berichtet. Eine solche Verlängerung bedeutet, dass Großbritannien an der Europawahl im Mai teilnehmen müsste. Ob alle Staaten eine Verschiebung mittragen – und wenn ja, wie lange – war zunächst offen. Auch die EU hat aber kein Interesse an einem No-Deal-Brexit in wenigen Tagen.
Derzeit ist der EU-Austritt Großbritanniens für den 12. April geplant, also in genau einer Woche. In London hat das Unterhaus aber das EU-Austrittsabkommen bereits drei Mal abgelehnt und auch noch keinem anderen Plan für den Brexit zugestimmt. Regierung und Opposition ringen seit Tagen um einen gemeinsamen Kurs, bisher aber ohne Ergebnis.
Für kommenden Mittwoch ist in Brüssel ein Brexit-Sondergipfel geplant, bei dem die übrigen 27 EU-Staaten einer Verlängerung einstimmig zustimmen müssten. Gibt es bis dahin keine Lösung und auch keine Verlängerung, würde Großbritannien am 12. April ungeregelt aus der EU ausscheiden – mit weitreichenden negativen Folgen für die Wirtschaft und die Bürger. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte noch am Donnerstag bei einem Besuch in Irland gesagt, sie werde bis zuletzt alles versuchen, dies zu vermeiden. Ähnlich äußerte sich EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker.
Unterdessen wird die Kritik an May wegen ihrer Zusammenarbeit mit Labour-Chef Corbyn in der konservativen Regierungspartei immer lauter. Die beiden Staatssekretäre Chris Heaton-Harris und Nigel Adams gaben aus Protest gegen Mays Brexit-Kurs ihre Rücktritte bekannt. Der konservative Hardliner Jacob Rees-Mogg zeigte sich entsetzt über Mays Zugehen auf den "Marxisten" Corbyn. Auch bei Labour rumort es. Bei der Suche nach einem Brexit-Kompromiss zwischen der Regierung und Labour zeichnet sich bislang noch keine konkrete Lösung ab.
Der Zeitung „Guardian“ zufolge plant die Regierung eine Abstimmung über Alternativen zum Brexit-Abkommen in der kommenden Woche. Der Zeitung zufolge soll dabei auch ein zweites Referendum als Option zur Wahl stehen. May hatte eine erneute Abstimmung in Aussicht gestellt, sollten die Gespräche mit Corbyn scheitern. Labour strebt eine weitaus engere Bindung an die EU nach dem Brexit an, als bisher von der Regierung geplant.
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