"Maßlose Drohungen"
"Maßlose Drohungen"
(dpa) - US-Präsident Donald Trump attackiert bei seiner ersten Rede vor den Vereinten Nationen Nordkorea und den Iran und schlägt dabei wenig diplomatische Töne an. Viele Medien sehen in Trumps aggressiver Rhetorik eine Gefahr. Sie werten Trumps Rede als Worte eines unberechenbaren Scharfmachers, der nichts von Diplomatie versteht.
Deutschland
„Stuttgarter Zeitung“: „Das Nebeneinander von lockerem Scherz und bombastischer Vernichtungsdrohung illustriert das Dilemma von Donald Trumps UN-Premiere. Seine Rede war auf eine beunruhigende Weise unernst und maßlos. Völlig zurecht hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres gewarnt, eine rhetorische Eskalation sei im Umgang mit Nordkorea gefährlich. Trump gefiel sich trotzdem in der Macker-Pose.“
„Rheinische Post“: „Ein blutiger Amateur der Politik setzt sich ans geostrategische Schachbrett. Ein Mann, der im Immobiliengeschäft mit harten Bandagen und Bluffs zu kämpfen verstand, und der nun glaubt, Gleiches ließe sich in der Weltarena problemlos wiederholen. Erklärtermaßen stolz auf seine Unberechenbarkeit, führt sich der US-Präsident auf, als wäre nichts dabei, eben mal mit der totalen Zerstörung eines ganzen Landes zu drohen.“
„Neue Westfälische“: „Während seiner überlangen Rede hat der US-Präsident in einer Kernfrage die klassischen, mühseligen und oftmals erfolglosen Instrumente multilateraler Diplomatie in den Senkel gestellt. Stattdessen nutzte er die Generalversammlung als Plattform für cowboy-hafte Drohungen. (...) Mit seiner bellizistisch geprägten Rede hat Donald Trump auch das leidenschaftliche und zugleich besonnene Plädoyer von UN-Generalsekretär Antonio Guterres für eine diplomatische Lösung im Konflikt um Nordkorea zur Nullnummer gemacht.“
USA
„New York Times“: „Es ist ein vielsagender Kontrast zu der Art und Weise, wie sich Präsident Barack Obamas gleichen Problemen in einem gleichen Umfeld 2009 angenähert hat. Obama warnte die Generalversammlung davor, dass "Nordkorea und der Iran drohen, uns diesen gefährlichen Abhang mit hinunter zu nehmen" und dass beide "zur Rechenschaft gezogen" werden müssten, falls "sie das Streben nach atomarer Aufrüstung über die regionale Stabilität stellen". Aber er sagte auch, dass er "ihre Rechte als Mitglieder der Gemeinschaft der Nationen" respektiere.“
„Washington Post“: „Für Trump war der Widerstand Polens, Frankreichs und Großbritanniens gegen die Nazi-Diktatur motiviert von Patriotismus für "die Nationen, die sie liebten". Das ist eine oberflächliche Wiedergabe dessen, was eigentlich ein existenzieller Zug war, um demokratische und freie Gesellschaften vor einer völkermörderischen Dampfwalze zu retten.“
„Wall Street Journal“: „Der Präsident verzichtete sogar für seine Verhältnisse auf jeden Zwischenton, als er Nordkorea und den Iran als "Schurkenstaaten" verunglimpfte. Besonders unverfroren beschrieb er die Verstöße Nordkoreas, das er ein „verkommenes Regime“ nannte. Das sind Worte, die in der Regel nicht in Turtle Bay (Viertel im Stadtbezirk Manhattan, Sitz des UN-Hauptquartiers) zu hören sind.“
International
„NZZ“ (Schweiz): „Zwar rang sich die Uno im Fall Nordkorea jüngst zu schärferen Sanktionen durch. Aber mit seiner Drohung, das internationale Atomabkommen mit Iran aufzukünden, steht Trump völlig isoliert da. Ein solcher Alleingang würde den Slogan "America first" ad absurdum führen, da er zuallererst den Interessen Amerikas schweren Schaden zufügen würde.“
„Kommersant“ (Russland): „Es war eine widersprüchliche Rede. Der Herr des Weißen Hauses unterstrich die Friedensliebe seines Landes, um gleich darauf eine kräftige Erhöhung des Militärhaushalts zu verkünden und Nordkorea mit "völliger Vernichtung" zu drohen. Er wiederholte mehrfach, wie wichtig es ist, die Souveränität jedes Staates zu achten, aber er rief die Bevölkerung in Nordkorea, Iran, Kuba und Venezuela auf, sich gegen ihre Machthaber zu erheben.“
„Jediot Achronot“ (Israel): „Trump hat zuerst zu seinen Wählern gesprochen. Sie sind es, die er davon überzeugen wollte, dass seine isolationistische Rhetorik des Wahlkampfes noch gilt. (...) Teddy Roosevelt vermachte den Weltführern den unsterblichen Rat: "Sprich leise und nimm einen dicken Knüppel mit". Trump hat die gegensätzliche Richtlinie übernommen: "Sprich laut und nimm einen kleinen Knüppel mit."“
„Israel Hajom“ (Israel): „Der Gedanke, dass ein Präsident bei den Vereinten Nationen in einer anderen Sprache spricht, als in der, an die wir uns gewöhnt haben, ist ermutigend. Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten hat Nordkorea mit dem Iran verbunden, als wäre er ein israelischer Ministerpräsident.“
„Lidove noviny“ (Tschechien): „Das waren Worte, die noch sehr lange widerhallen werden. Sie erinnern an die Rede des damaligen US-Präsidenten George W. Bush im Jahr 2002, in der dieser den Irak, Iran und Nordkorea als "Achse des Bösen" bezeichnete.“
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