Luxemburg einmal mehr im Visier
Luxemburg einmal mehr im Visier
(dpa) - Abgeordnete des Europaparlaments haben die EU-Regierungen wegen mangelnder Anstrengungen im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung scharf kritisiert. Im Berichtsentwurf eines Untersuchungsausschusses über die 2016 in die Öffentlichkeit gelangten „Panama Papers“ heißt es, „mehr politischer Wille, eine bessere Regulierung und eine strengere Durchsetzung und Kontrolle geltender Regeln“ zur Bekämpfung der Steuervermeidung seien „dringend erforderlich“.
„Unsere Schlussfolgerungen sind klar: Die Vorschriften sind nicht ordentlich von den Mitgliedstaaten umgesetzt und von der Kommission durchgesetzt worden“, sagte der dänische Sozialdemokrat Jeppe Kofod. Er präsentierte am Dienstag gemeinsam mit dem tschechischen Liberalen Petr Jezek den nach 18-monatiger Untersuchung erstellten Bericht im Parlament in Straßburg. „Das war ein Wettrennen nach unten bei der Besteuerung, bei der Regelung und bei der Umsetzung.“ Jezek sagte: „Das ist ein weiterer Beweis dafür, wie viel Ungerechtigkeit es gibt in dieser Welt.“
"Nicht wirklich bemüht"
In dem Bericht, über den das Parlament am Mittwoch abstimmt, heißt es, bei „einigen Mitgliedstaaten“ bestehe die Tendenz, sachdienliche Informationen „nicht in der gewünschten Menge und Qualität bereitzustellen“. Offensichtlich seien diese Staaten nicht wirklich bemüht, gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung vorzugehen. Maßnahmen auf dem Gebiet der Steuerpolitik würden „oft von einzelnen Mitgliedstaaten blockiert, um Steueroasen zu schützen“.
An anderer Stelle des Berichtes heißt es, dass in Großbritannien die meisten der in den Panama-Papieren enthüllten Firmen gegründet worden seien, mit denen Steuern vermieden werden sollten. Auf den folgenden Plätzen lägen Luxemburg und Zypern sowie Lettland, Irland, Spanien, Estland und Malta. Die „Panama Papers“ ermöglichten den bisher größten Einblick in die Praxis der Steuervermeidung durch die Gründung von Unternehmen in Staaten ohne oder mit nur sehr geringer Besteuerung.
Finanzkommissar differenziert
Der für Finanzen zuständige EU-Kommissar Pierre Moscovici sagte, man dürfe die Lage in einzelnen EU-Staaten nicht mit jener in Steueroasen gleichsetzen. Falls es beispielsweise Probleme in den Niederlanden oder Malta gebe, müsse man „da eben auch schnell handeln und auch streng sein“: „Aber man darf das nicht vergleichen mit Praktiken, die systemische Wurzeln haben.“ Jezek sagte: „Ich würde nicht so weit gehen und Malta, Luxemburg, Irland und die Niederlande als Steueroasen bezeichnen - aber manche Mitgliedstaaten sind nicht sehr hilfreich, wenn es um Bekämpfung der Steuervermeidung geht.“ Damit wies er Forderungen, die Niederlande, Irland, Malta und Luxemburg auf die Liste der Steueroasen zu setzen, so wie es der Chef des Untersuchungsausschusses, Werner Langen gefordert hatte, zurück.
Moscovici sagte, auch dank der Veröffentlichung der „Panama Papers“ habe es nach „einer Kultur des Schweigens, der Geheimnistuerei“ nun „einen kompletten Paradigmenwandel“ in der EU gegeben.
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