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Kurswechsel in Taiwan
International 2 Min. 16.01.2016 Aus unserem online-Archiv
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Kurswechsel in Taiwan

Tsai Ing-wen ist die erste Präsidentin Taiwans.
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Kurswechsel in Taiwan

Tsai Ing-wen ist die erste Präsidentin Taiwans.
REUTERS
International 2 Min. 16.01.2016 Aus unserem online-Archiv
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Kurswechsel in Taiwan

In Taiwan hat die Opposition bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen gesiegt. Die Juraprofessorin Tsai Ing-wen wird nun die erste Präsidentin der Inselrepublik. In ihrer Siegesrede ging sie auf Peking zu.

(dpa) - Nach acht Jahren der Annäherung an China erlebt Taiwan eine historische Wende, die Spannungen mit China auslösen könnte. Mit großem Vorsprung gewann die Oppositionskandidatin Tsai Ing-wen von der Fortschrittspartei (DPP) die Wahl am Samstag. Die Juraprofessorin ist damit die erste Präsidentin der demokratischen Inselrepublik.

In ihrer Siegesrede ging die 59-jährige auf die kommunistische Führung in Peking zu, die Taiwan seit Jahrzehnten nur als abtrünnige Provinz betrachtet und mit einer gewaltsamen Rückeroberung droht. Die neue Präsidentin versprach, eine „berechenbare Beziehung“ zu Festlandchina und ein stabiles Umfeld zu pflegen.

„Aber beide Seiten tragen Verantwortung für das Verhältnis.“ Provokationen müssten vermieden und der „internationale Raum“ Taiwans geachtet werden, sagte die neue Präsidentin mit Blick auf Chinas Bemühungen, Taiwan in der Welt diplomatisch zu isolieren. Aus Rücksicht auf Peking erkennen nur wenige Staaten die Inselrepublik an.

Glückwünsche aus den USA

Die USA gratulierten der neuen Präsidentin. Die Wahl habe erneut die Stärke des demokratischen Systems in Taiwan demonstriert, teilte das US-Außenministerium mit. Die USA teilten mit den Taiwanern das Interesse an „Frieden und Stabilität“. Auffällig dankte der US-Sprecher dem bisherigen Präsidenten Ma Ying-jeou „für die konkreten Schritte, die er für die Verbesserung des Verhältnisses zwischen China und Taiwan in den vergangenen Jahren unternommen hat“.

Die Folgen des Wahlsiegs der Fortschrittspartei, die ihre Wurzeln in der Unabhängigkeitsbewegung hat, werden in Washington aufmerksam verfolgt. Ein Konflikt würde die komplizierte Lage in der Region verschärfen, in der China Ansprüche auf Inselgruppen erhebt, die auch von anderen Staaten als ihr Staatsgebiet betrachtet werden. Washington unterstützt Taiwan mit Waffenlieferungen und lehnt eine gewaltsame Änderung des Status quo ab.

Der Sieg der Opposition ist der dritte friedliche Regierungswechsel in der Geschichte Taiwans, das erst seit den 90er Jahren demokratisch ist. Nach der schweren Wahlniederlage der Kuomintang trat der Herausforderer Eric Chu als Parteivorsitzender zurück. Abgeschlagen lag auch der dritte Kandidat James Soong von der Volkspartei (PFP).

Im 113-sitzigen Parlament gewann die Fortschrittspartei mit 69 Abgeordneten auch erstmals die Mehrheit, während die Kuomintang nur noch auf 32 Sitze kam. Während der letzten DPP-Präsidentschaft von Chen Shui-bian von 2000 bis 2008 hatte die Kuomintang die Mehrheit inne gehabt und dessen Politik behindern können. In der Amtszeit des Unabhängigkeitsbefürworters hatten die Beziehungen zu China eine Eiszeit erlebt, doch will Tsai Ing-wen eine andere Politik verfolgen.

Schlechte Wirtschaftslage

Während die Beziehungen zwischen Peking und Taipeh für das Ausland im Fokus stehen, spielte für die Wähler die schlechte Wirtschaftslage eine entscheidende Rolle. Das Wachstum der fünftgrößten asiatischen Volkswirtschaft lag 2015 unter einem Prozent. Die Realeinkommen sind seit mehr als zehn Jahren nicht gestiegen. Viele Bürger beklagen, das die Früchte der stark gewachsenen wirtschaftlichen Kooperation mit Festlandchina nicht bei ihnen ankommen. Auch fürchten sie die wachsende Abhängigkeit von China und dessen Einfluss in Taiwan.

Die als gemäßigt geltende Oppositionskandidatin versicherte den 23 Millionen Bürgern, eine „berechenbarere und transparentere“ Politik verfolgen zu wollen. Als Präsidentin werde sie Handelskontakte zu anderen Ländern ausbauen und die Innovation der Industrie fördern. Auch stellte sie bezahlbaren Wohnraum, eine Abkehr von der Atomkraft und den Ausbau erneuerbarer Energien, sowie die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in Aussicht.


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