Juncker deutet Bewegung im EU-Migrationsstreit an
Juncker deutet Bewegung im EU-Migrationsstreit an
(dpa) - Im Dauerstreit über die Verteilung von Flüchtlingen in Europa hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker einen Kurswechsel angedeutet. Beim EU-Gipfel in Salzburg rückte er von der Haltung ab, dass alle Mitgliedsstaaten zumindest einige Menschen aufnehmen müssten. Stattdessen forderte er von Ländern, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, andere Beiträge zur Migrationspolitik.
Juncker formulierte es so: „Die einen nehmen Flüchtlinge auf. Die, die das nicht wollen, nicht können - obwohl sie es müssen -, die müssen sich in Sachen Solidarität bewegen.“ Zudem sagte er: „Man braucht Solidarität in Europa, das ist kein leeres Wort.“ Damit kommt er den östlichen EU-Staaten entgegen, die seit Jahren „flexible Solidarität“ fordern - also etwa finanzielle Beiträge statt der Aufnahme von Flüchtlingen.
Der Migrationsstreit ist eines der beherrschenden Themen bei dem zweitägigen informellen Gipfel in der österreichischen Stadt. Das zweite Topthema sind die Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens, die ebenfalls völlig verhakt sind.
Merkel warb für einen Brexit „in guter Atmosphäre“ und in „großem Respekt vor einander“. In einigen Punkten sei eine gute Zusammenarbeit möglich, etwa bei der inneren und äußeren Sicherheit. Ähnlich hatte sich zuvor auch EU-Ratspräsident Donald Tusk geäußert. Allerdings stellte er auch klar, dass die britischen Vorschläge für eine künftige Wirtschafts- und Zollpartnerschaft mit der EU nicht akzeptabel seien. Diese müssten überarbeitet werden, forderte Tusk.
Darauf gab die britische Premierministerin Theresa May sofort Kontra. Ihre Brexit-Vorschläge seien „der einzige glaubwürdige und verhandelbare Plan auf dem Tisch, der eine harte Grenze in Nordirland vermeidet und auch dem Willen des britischen Volks entspricht“, sagte May in Salzburg. Großbritannien habe seine Position weiterentwickelt, nun müsse die EU dies auch tun.
Damit beharren sowohl Großbritannien als auch die EU auf der Forderung, die jeweils andere Seite müsse sich bewegen. Nur bei der Streitfrage, wie eine harte Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und Nordirland vermieden werden kann, hatte die EU zuletzt Nachbesserungen angekündigt. Ob und wie dies London überzeugen kann, ist unklar. May begrüßte zumindest die Ankündigung.
Inzwischen wird die Zeit für die Brexit-Verhandlungen extrem knapp: Eigentlich sollte bis Mitte Oktober ein Vertrag stehen, der den für 2019 geplanten Austritt regelt und einen chaotischen Bruch vermeidet. Tusk und auch der österreichische Ratsvorsitzende Sebastian Kurz sprachen sich dafür aus, mehr Zeit zu lassen und einen Brexit-Sondergipfel Mitte November einzuberufen.
Als Abonnent wissen Sie mehr
In der heutigen schnelllebigen Zeit besteht ein großer Bedarf an zuverlässigen Informationen. Fakten, keine Gerüchte, zugänglich und klar formuliert. Unsere Journalisten halten Sie über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden, stellen politischen Entscheidern kritische Fragen und liefern Ihnen relevante Hintergrundgeschichten.
Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf alle unsere Artikel, Analysen und Videos. Wählen Sie jetzt das Angebot, das zu Ihnen passt.
