John F. Kennedy: Mythos, Feind der Wahrheit
John F. Kennedy: Mythos, Feind der Wahrheit
Von Laurent Zeimet
Eine Ausstellung im Foyer der Maison du Savoir in Belval zeigt 77 Bilder aus dem Leben von John F. Kennedy. Ein nostalgischer Rückblick auf eine Zeit des Aufbruchs oder Retrospektive einer Verblendung?
Er war jung. Er war gut aussehend. Er war wohlhabend. Er war ein Kriegsheld. Er war ein junger Vater. Er war katholisch. Und er verkörperte den amerikanischen Traum. Denkbar knapp wurde John F. Kennedy zum 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Vor 55 Jahren, am 22. November 1963 fielen die tödlichen Schüsse von Dallas. JFK wurde zum Mythos. Dabei hatte er selbst festgestellt, dass nicht die Lüge der größte Feind der Wahrheit sei, sondern der Mythos.
Nach dem tragischen Tod glorifiziert, strickten Familie, Freunde und Vertraute an der Legende. „Camelot“ hauchte Jacqueline Kennedy nach dem Attentat einem Journalisten in den Notizblock und drückte den tausend Tagen Kennedys im Weißen Haus einen Stempel für die Ewigkeit auf. Märchenhaft wie die Tafelrunde von König Arthur, „one brief shining moment“ – ein leuchtender Augenblick in der amerikanischen Geschichte, so sollte die Kennedy-Zeit in Erinnerung bleiben.
Ein Bild sagt sprichwörtlich mehr als tausend Worte. Von den „tausend Tagen“ Kennedys blieben Bilder, die sich fest im kollektiven Gedächtnis verankerten. 77 dieser Bilder zeigt nun die Ausstellung „American visionary: John F. Kennedy's life and times“ im Foyer der Maison du Savoir an der Universität in Belval.
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Ikonen einer Epoche
Die Foto-Sammlung basiert auf einem Erinnerungsband, der zum Anlass des 100. Geburtstages von John F. Kennedy 2017 herausgegeben wurde und zeigt einige bislang unveröffentlichte Aufnahmen. Darunter ikonenhafte Bilder des Fotografen Jacques Lowe. Er begleitete die Kennedys seit Ende der 1950er-Jahre, nicht zuletzt seine Schwarz-Weiß-Fotos formten Bild und Wahrnehmung des Präsidenten und seiner Familie.
Bilder einer glücklichen Familie, die mit einer gewissen Leichtigkeit das schwerste Amt der Welt ausübt. Dass dieses Bild nicht die ganze Wahrheit widerspiegelte, ist heute kein Geheimnis mehr.
Fake News also schon damals? Der Mythos, der größte Feind der Wahrheit? Mit Donald Trump im Weißen Haus scheinen die Kennedy-Jahre um so leuchtender zu strahlen. Aber dieser Schein trügt. Auch damals war das Land tief gespalten. Mit einem Vorsprung von nur 100.000 Stimmen hatte Kennedy die Wahl gegen Richard Nixon für sich entschieden. Im Süden spaltete der Kampf für die Bürgerrechte der Afroamerikaner die Gesellschaft. Die Kennedy-Regierung stellte die Weichen für den militärischen Irrsinn in Vietnam und beschwor eine Revolte der Jugend herauf.
Wäre alles anders gekommen, hätte Kennedy seine Amtszeit zu Ende bringen können? Vielleicht. Hier entfaltet der Mythos seine volle Wirkung. Das nicht erfüllte Versprechen der Hoffnung auf eine bessere Zeit lässt die Erinnerung an die Kennedy-Jahre immer wieder aufblühen. Weil dieser Präsident Hoffnungen weckte und die Menschen für einen Wandel begeistern konnte. Wie es Jahre später Barack Obama vermochte, dessen Rhetorik dann von Realität und eigenem Unvermögen geschliffen wurde. Der Mythos Kennedy lebt weiter.
Einen Politiker als „kennedyesque“ zu beschreiben gilt gemeinhin als Auszeichnung, wenn es sich heute allerdings eher auf die reinen Äußerlichkeiten beschränkt. Ein Bild sagt mehr als Worte.
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„American visionary: John F. Kennedy's life and times“, Campus Belval, Maison du Savoir, noch bis zum 30. November von 10 bis 18 Uhr.
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