Hochschule prüft Doktorarbeit von Ursula von der Leyen
Hochschule prüft Doktorarbeit von Ursula von der Leyen
(dpa) - Eine Kommission der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wird die umstrittene Doktorarbeit der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf Regelverstöße untersuchen.
Nach einer Vorprüfung habe die Hochschulleitung entschieden, eine „Förmliche Untersuchung“, also eine Hauptprüfung, einzuleiten, teilte die MHH am Montag mit. Dies lasse keinen Rückschluss auf das Ergebnis des Verfahrens zu. Die Schwelle zur Einleitung der Hauptprüfung sei im Verfahren zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis der MHH grundsätzlich niedrig.
Plagiatsjäger werfen von der Leyen Regelverstöße in deren medizinischer Doktorarbeit vor. Die 1990 erschienene Arbeit zur Frauenheilkunde enthalte „zahlreiche wörtliche und sinngemäße Textübernahmen, die nicht als solche kenntlich gemacht sind“, heißt es auf der Internetseite „VroniPlag Wiki“, wo Nutzer ihre Erkenntnisse zusammentragen. Bisher seien auf 27 der insgesamt 62 Textseiten Plagiatsfundstellen dokumentiert.
Ministerin wehrt sich
Von der Leyen wehrte sich gegen die Kritik. „Den Vorwurf des Plagiats kann ich zurückweisen“, sagte die CDU-Vizevorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montag). Sie habe Ende August „von den Aktivitäten im Netz“ erfahren. Noch am selben Tag habe sie die Hochschule gebeten, die Dissertation „durch eine fachkundige und neutrale Ombudsstelle überprüfen zu lassen“. Über die Vorwürfe hatte zuerst „Spiegel Online“ berichtet.
Von der Leyen sagte weiter: „Es ist nicht neu, dass Aktivisten im Internet versuchen, Zweifel an Dissertationen von Politikern zu streuen.“ Tatsächlich haben Plagiatsvorwürfe schon mehrere Spitzenpolitiker in Bedrängnis gebracht - bis hin zum Rücktritt.
Plagiate brachten zwei Minister zu Fall
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) musste 2011 sein Amt niederlegen, nachdem ihm die Universität Bayreuth den Doktortitel aberkannt hatte. 2013 trat Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) nach dem Entzug ihres Titels durch die Uni Düsseldorf zurück. Plagiatsvorwürfe gab es auch gegen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die Uni Gießen stellte in seinem Fall 2013 weder wissenschaftliches Fehlverhalten noch Täuschungsabsicht fest.
Aus den Auswertungen auf „VroniPlag Wiki“ zu von der Leyens Arbeit geht hervor, dass drei der beanstandeten Seiten zwischen 50 und 75 Prozent Plagiatstext enthalten und fünf Seiten mehr als 75 Prozent.
Der Juraprofessor Gerhard Dannemann von der Berliner Humboldt-Universität, der seit Jahren bei „VroniPlag“ mitarbeitet, sagte „Spiegel Online“, die Arbeit sei „eher ein mittelschwerer als ein schwerer Fall“. Der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag) sagte er dagegen, er halte „die Mängel für schwerwiegender als bei Frau Schavan“. Es gehe nicht um einen Grenzfall. „Die Häufigkeit und leichte Vermeidbarkeit der Fehler spricht für grobes Schlampen.“
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