Gleicher Lohn für Mann und Frau
Gleicher Lohn für Mann und Frau
Von LW-Korrespondent Helmut Steuer (Stockholm)
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Das, was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, gilt in den meisten Ländern noch nicht. Frauen verdienen in aller Regel deutlich weniger als Männer. In einem Land auf der Welt ist diese Ungleichheit aber seit dem 1. Januar verboten: In Island trat zu Jahresbeginn ein neues Gesetz in Kraft, das Unternehmen und staatliche Einrichtungen mit mehr als 25 Mitarbeitern dazu zwingt, Frauen und Männern in gleicher Position dasselbe Gehalt zu zahlen.
Die Arbeitgeber müssen einen Nachweis erbringen, dass sie die Lohnlücke geschlossen haben. Wer den Nachweis erbringt, erhält ein Zertifikat. Gesetzesverstöße werden dagegen mit einer Geldstrafe geahndet.
Der Inselstaat im Nordatlantik ist damit das erste Land der Welt, das unterschiedliche Bezahlung von Frauen und Männern unter Strafe stellt. Das Verbot der Lohndiskriminierung wurde bereits im vergangenen Jahr am 8. März, dem internationalen Frauentag, im Parlament in Reykjavik verabschiedet. Ziel sei es, bis spätestens 2020 eine völlige Lohngleichheit herzustellen.
Top-Platzierung statt satter Unterschiede
Denn auch wenn Island seit Langem ein Vorreiter in Sachen Gleichberechtigung ist, gibt es auf der Vulkaninsel dennoch Lohnunterschiede: So verdienen Frauen in Island laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums zwischen 14 und 17,5 Prozent weniger als Männer. Trotzdem belegte Island in den vergangenen Jahren stets den ersten Platz im „Gender Gap Report“ des Weltwirtschaftsforums. Luxemburg kam im jüngsten Bericht auf einen 59. Platz unter 144 Ländern.
Dass Gleichberechtigung eine große Rolle in Island spielt, zeigt die Zusammensetzung der neuen Regierung. Nahezu 50 Prozent der Abgeordneten sind Frauen. Außerdem wird der Inselstaat von einer Frau regiert. Katrin Jakobsdottir führt eine Koalition aus Konservativen, Liberalen und ihren Grünen an. Und Jakobsdottir ist keine Ausnahme: In den vergangenen 50 Jahren wurde Island 20 Jahre lang von einer Frau regiert.
Gender-Rollen
In dem mit nur rund 320 000 Einwohnern kleinen Inselstaat ist die Berufstätigkeit von Frauen hoch. Man könne bei so wenigen Einwohnern nicht auf die Fähigkeiten der Frauen verzichten, erklärte vor einem Jahr der damalige Gleichstellungsminister Thorsteinn Viglundsson bei der Vorlage des jetzt in Kraft getreten Gesetzes.
Völlig kritiklos ist das neue Gesetz aber auch in Island nicht eingeführt worden. So bemängelten einige weibliche Abgeordnete, dass nur Betriebe mit mehr als 25 Mitarbeitern zur Lohngleichheit gezwungen werden. Außerdem würde das Problem der Teilzeitbeschäftigung durch das gesetzliche Verbot der Lohndiskriminierung nicht gelöst. Wie in vielen anderen Ländern auch arbeiten in Island viele Frauen nur halbtags, weil sie sich um die Kinderbetreuung kümmern müssen.
Trotz der vergleichsweise milden Kritik an dem neuen Gesetz zeigte sich die Vorsitzende des isländischen Frauenverbandes, Aradottir Pind, zufrieden. „Die Menschen werden jetzt verstehen, dass dies ein systematisches Problem ist, dem wir nu mit neuen Methoden begegnen können“.
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