Gelder für Ungarn eingefroren
Gelder für Ungarn eingefroren
(dpa) – Eine große Mehrheit der EU-Staaten hat sich darauf verständigt, für Ungarn vorgesehene Milliardenzahlungen aus dem europäischen Gemeinschaftshaushalt einzufrieren. Wegen der Sorge, dass EU-Gelder in dem Land wegen unzureichender Korruptionsbekämpfung veruntreut werden, sollen bis auf Weiteres 6,3 Milliarden Euro blockiert werden. Über die in der EU-Geschichte beispiellose Einigung informierte die derzeitige tschechische EU-Ratspräsidentschaft in der Nacht zum Dienstag nach einer Sitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten in Brüssel.
Die Summe von 6,3 Milliarden Euro liegt um rund 1,2 Milliarden Euro niedriger als von der EU-Kommission vorgeschlagen. Die Einigung gilt aber dennoch als großer Erfolg, da Ungarn nun unter Druck steht, weitere Reformen zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit vorzunehmen. Reduziert wurde die Summe, weil mehrere EU-Staaten anerkennen wollten, dass die rechtsnationale Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban in den vergangenen Wochen bereits Anstrengungen in diese Richtung unternommen hat.
Qualifizierte Mehrheit
Notwendig zur endgültigen Annahme der bislang beispiellosen Maßnahme gegen einen EU-Staat ist eine qualifizierte Mehrheit - das heißt, mindestens 15 der 27 EU-Staaten müssen zustimmen und zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Diese Voraussetzung ist nach der Einigung im Ausschuss der ständigen Vertreter erreicht und soll nun in einem schriftlichen Verfahren bis zum EU-Gipfel am Donnerstag formalisiert werden. Damit soll gewährleistet werden, dass sich sie Staats- und Regierungschefs um andere Themen wie die Energiekrise kümmern können.
Bei der Sitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten wurde zudem der Vorschlag der Kommission gebilligt, den ungarischen Plan zur Verwendung von EU-Corona-Hilfen formell zu bestätigen. Er sieht allerdings auch vor, dass die Auszahlungen in Höhe von bis zu 5,8 Milliarden Euro erst dann erfolgen sollen, wenn insgesamt 27 Voraussetzungen erfüllt sind. Diese betreffen zum Beispiel die Wirksamkeit der neu eingerichteten „Integritätsbehörde“ zur Überprüfung mutmaßlicher Korruptionsfälle und das Verfahren für die gerichtliche Überprüfung staatsanwaltlicher Entscheidungen.
Angst vor Blockaden
Mit Spannung werden die weiteren Entwicklungen vor allem deswegen erwartet, weil Ungarn erhebliche Mittel in der Hand hält, um Druck auf die EU auszuüben.
So könnte die Regierung in Budapest Entscheidungen blockieren, für die in der EU Einstimmigkeit erforderlich ist. Dagegen spricht, dass Ungarn nach Angaben von Diplomaten am Montagabend sogar Zugeständnisse machte und seine Blockade gegen neue Ukraine-Hilfen sowie ein EU-Gesetz zur internationalen Mindeststeuer aufgab. Als Grund gilt die Drohung von EU-Staaten wie Deutschland, eine Genehmigung des ungarischen Plans zur Verwendung von EU-Corona-Hilfen zu blockieren. Dies hätte zur Folge gehabt, dass am Jahresende 70 Prozent der zur Verfügung stehenden Mittel von 5,8 Milliarden Euro verfallen.
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