Ex-Sowjetrepubliken feiern Sieg über Hitler
Ex-Sowjetrepubliken feiern Sieg über Hitler
(dpa) - Bei den Feiern zum 75. Jahrestag des Weltkriegsendes in Europa haben die einst im Kampf gegen die Nazis vereinten Sowjetrepubliken tiefe Zerstrittenheit gezeigt. Während Moskau wegen der Corona-Krise auf die größte Militärparade der russischen Geschichte verzichtete, fuhr die Republik Belarus (Weißrussland) in Minsk schweres Kriegsgerät auf. Gesundheitsexperten hatten die Massenveranstaltung mit Tausenden Soldaten und Zuschauern ohne Mund- und Nasenschutz als Risiko eingestuft. Und in der Ukraine warnte Präsident Wolodymyr Selenskyj generell vor einem Sieger-„Kult“.
Die Anfang der 1990er Jahre zerfallene Sowjetunion hatte 27 Millionen Todesopfer im Zweiten Weltkrieg. Bei einer stillen Zeremonie mit Schweigeminute würdigte Kremlchef Wladimir Putin zum Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Hitler-Deutschland die Soldaten der Roten Armee. „Sie haben das Vaterland gerettet, das Leben der künftigen Generationen geschützt. Sie haben Europa befreit und die Welt beschützt“, sagte der 67-Jährige am Samstag an der Ewigen Flamme in Moskau.
Rosen und Nelken zum Gedenken
Das Gedenken wurde im Fernsehen übertragen; in der russischen Hauptstadt gelten wegen der Corona-Pandemie strenge Ausgangssperren. Putin sagte bei leichtem Regen, dass die Opfer niemals vergessen würden und die große Siegesparade nachgeholt werde. Er legte zunächst einen Strauß Roter Rosen am Grab des Unbekannten Soldaten nieder, anschließend rote Nelken an den Gedenksteinen der Heldenstädte der Sowjetunion. Zudem gab es trotz des Regens eine Flugshow der Luftstreitkräfte mit - passend zum Jubiläum - 75 Maschinen.
Solche Flugparaden sowie am späten Abend auch Feuerwerk erlebten mehrere russische Städte. Viele Menschen stellten sich mit Fotos ihrer im Krieg gefallenen Angehörigen auf Balkone oder zeigten die Bilder im Internet. An der von Russland initiierten internationalen Aktion „Unbesiegbares Regiment“ beteiligten sich Millionen Menschen. Gefeiert wird in Russland wie in anderen Ex-Sowjetrepubliken später als in Deutschland, weil die Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 zu einer Uhrzeit erfolgte, als in Moskau schon der 9. Mai angebrochen war.
Parade in Minsk
„Der Feiertag ist für uns heilig“, sagte der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko in Minsk. Er veranstaltete trotz der Corona-Pandemie die weltweit größte Militärparade. „Wir können nicht anders“, betonte er mit Blick auf Kritik der Weltgesundheitsorganisation. Die WHO hatte vor einer weiteren Ausbreitung des Virus gewarnt. Dagegen meinte Lukaschenko, Belarus sei den Opfern des Zweiten Weltkrieges dieses Gedenken schuldig. „Sie alle wollten leben, aber starben, damit wir leben.“
Der autoritär regierende Staatschef betonte in Paradeuniform: „Das ist keine Demonstration der Stärke, sondern ein Gedenken an die heroische Geschichte.“ Belarus gehörte zu jenen Ländern, die am meisten unter der Nazi-Herrschaft zu leiden hatten. In der Hauptstadt Minsk marschierten Tausende Soldaten dicht an dicht durch das Zentrum, wie das Staatsfernsehen Belarus24.ru im Internet zeigte.
"Ein wichtiger Tag - keine Werbeveranstaltung"
Öffentliche Feiern waren anders als in Russland auch in der Ukraine möglich. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte dabei vor einer politischen Instrumentalisierung der Geschichte. „Wir machen aus dem Krieg keinen Kult“, sagte er in einer am Samstag veröffentlichen Videobotschaft mit Blick auf Russland. „Das ist ein sehr wichtiger Tag - und keine Werbeveranstaltung, keine Schlacht um Losungen, kein pompöser Wettbewerb der Tänze auf den Knochen“, betonte der 42-Jährige. Nach seiner Darstellung kämpften auch sieben Millionen Ukrainer in der Anti-Hitler-Koalition gegen die Nazis.
Auch in vielen anderen der 15 früheren Sowjetrepubliken gab es Feiern zum Tag des Sieges, darunter in den zentralasiatischen Staaten Kirgistan, Usbekistan, Kasachstan, Tadschikistan und Turkmenistan. Russlands Präsident Putin hatte ihnen bereits am Freitag Glückwunschschreiben geschickt und an den gemeinsamen Kampf von damals erinnert. Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un würdigte nach russischen Angaben in einem Schreiben an Putin den „heldenhaften Kampf“ der Sowjetarmee bei der Befreiung seines Landes.
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