Ex-Präsident Donald Trump nimmt die Nato unter Feuer
Ex-Präsident Donald Trump nimmt die Nato unter Feuer
Von Karl Doemens (Washington)
Als der Mann nach mehr als 100 Minuten zum Schluss kommt, springen seine Fans im Saal von den Stühlen. Den Zuschauern zu Hause vor dem Fernsehen aber brummt der Schädel.
Donald Trump möchte die Innenstädte der USA neu aufbauen. Er kündigt eine Geburtsprämie für einen neuen Baby-Boom an. Er fantasiert über russische Panzer, die das NATO-Hauptquartier „mit einem Schuss“ in Schutt und Asche legen. Aber zum Glück hat er den Durchblick: „Ich kann sehr einfach den dritten Weltkrieg verhindern“.
Die Reden des Ex-Präsidenten haben selten einen roten Faden. Aber der Monolog, den er am Samstagabend bei der CPAC-Tagung der rechten Republikaner vom Stapel lässt, klingt selbst für seine Verhältnisse wild. „Die Menschen mögen es, wenn ich mich vom Manuskript entferne“, hat er gesagt: „Das ist etwas riskant, macht aber mehr Spaß.“ Spaß ist genau das, was seine Zuhörer haben wollen.
CPAC: Treffen rechter Republikaner
Eine brave Veranstaltung war das jährliche CPAC-Treffen der US-Konservativen noch nie. Aber inzwischen hat sich die viertägige Veranstaltung zu einem Jahrmarkt für MAGA-Schlachtenbummler, Rechtsextreme und Verschwörungsideologen entwickelt, dessen Höhepunkt der Auftritt von Trump ist. Sein mutmaßlich aussichtsreichster innerparteilicher Herausforderer im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur, Ron DeSantis, ist genauso wenig gekommen wie Ex-Präsident Mike Pence oder Kevin McCarthy, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses.
In dem Konferenzzentrum vor den Toren Washingtons wird eine viertägige Freak-Show gegeben. „We want Trump“ (Wir wollen Trump) steht auf den Schildern, die das Publikum während der Rede in die Fernsehkameras streckt. Weiter hinten im Saal sind viele Stuhlreihen leer.
Trumps Vortrag ist eine Mischung aus seinen rechten Evergreens, Pöbeleien über Joe Biden und Verneigungen vor dem russischen Machthaber Wladimir Putin. Im Grunde aber geht es nur um Trump selber: Unter ihm standen die USA in Blüte, die Wirtschaft florierte, und NATO-Regierungschefs schickten angeblich Milliarden-Schecks, nachdem er ihnen gedroht hatte, sie bei einem Angriff nicht mehr zu verteidigen. Je länger die Rede dauert, desto mehr verschwindet die Wirklichkeit hinter der narzisstischen Fantasie.
Alarmierendes Bild der NATO
Doch jenseits der üblichen Lügen birgt der Auftritt eine alarmierende Botschaft: Mehr noch als zu seiner Regierungszeit sieht Trump die NATO inzwischen als rein ökonomisches Zweckbündnis, und die anderen Partner sind für ihn Schmarotzer. Deren militärischen Schutz will er künftig an die Bedingung knüpfen, dass sie den USA Vorzugskonditionen im Handel einräumen. Das Geld für die Ukraine möchte er lieber zur Sicherung der eigenen Grenze mit Mexiko einsetzen. Den Ukraine-Krieg will Trump sofort beenden: „Das wird nicht länger als einen Tag dauern.“ Wie das passieren soll, verrät er nicht. Nur dass er mit Putin „sehr gut klargekommen“ sei.
Seine Anhänger im Saal hören das gerne. Die von Russland überfallenen Ukrainern haben indes Anlass zur Sorge. Und viele Alliierten dürften sich fragen, wie das Bündnis mit einem Oberbefehlshaber Trump wohl aussähe. Mitten in einem Krieg fabuliert dieser über das neue, aus Glas und Stahl errichtete Hauptquartier der NATO in Brüssel: „Das ist eines der längsten Gebäude, das ich je gesehen habe.“ Vor seinem geistigen Auge sieht Trump schon russische Panzer nach Belgien rollen: „Dann würde es keine 15 Minuten dauern, bis das Gebäude platt wäre.“ Hätte man auf ihn gehört, bestünde die Gefahr nicht: Er hätte 15 Zentimeter dicke Betonwände empfohlen, sagt der Mann, der 2024 ins Weiße Haus zurückkehren könnte.
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