EU will Moskau für Eskalation in der Ukraine bestrafen
EU will Moskau für Eskalation in der Ukraine bestrafen
(dpa) - Die Europäische Union will innerhalb einer Woche über weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland entscheiden. Die EU-Kommission solle dazu Vorschläge machen, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am frühen Sonntagmorgen nach Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel. „Jedem ist völlig klar, dass wir rasch handeln müssen.“ Europas Staats- und Regierungschefs ernannten aus ihren Reihen den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk zum Nachfolger Van Rompuys, der Ende November ausscheiden wird. Die italienische Außenministerin Federica Mogherini soll neue EU-Außenbeauftragte werden.
Die Union sei bereit, im Licht der Entwicklung in der Ukraine weitere „bedeutsame Schritte“ auf den Weg zu bringen, sagte Van Rompuy, ohne ins Detail zu gehen. Die EU hat bereits Wirtschaftssanktionen verhängt. Ende Juli erschwerte sie unter anderem den Zugang russischer Banken zu den EU-Finanzmärkten und untersagte bestimmte Hochtechnologie-Exporte. Die Bereiche der bisherigen Sanktionen sollen unverändert bleiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte Finanz-Sanktionen ebenso wie den Energiesektor.
Der Westen wirft Russland vor, reguläre Truppen in die Ukraine geschickt zu haben. Der britische Premier David Cameron sagte: „Es ist völlig unakzeptabel, dass sich russische Soldaten auf ukrainischem Boden befinden.“
Merkel betonte, niemand im Kreis der EU-Staats- und Regierungschefs habe ernsthaft bezweifelt, dass ein großes militärisches Engagement Russlands in der Grenzregion zur Ukraine stattfinde. Wenn sich an diesem Zustand nichts ändere, werde es weitere Sanktionen geben. Es sei geplant, auch Personen aus dem Kreis der prorussischen Kräfte in der Region Donbass auf die Sanktionsliste zu nehmen, wie dies bereits mit Personen der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim geschehen sei.
Beratungen zu Wochenbeginn
Van Rompuy sagte, Beratungen über die Sanktionen würden zu Wochenbeginn starten. Es gebe keinen Automatismus. Über neue Sanktionen müssten entweder der EU-Ministerrat oder die ständigen EU-Botschafter der 28 Mitgliedstaaten entscheiden. Merkel resümierte: „Vorausgesetzt, dass es so weitergeht, werden wir Sanktionen beschließen wollen innerhalb einer Woche.“
Merkel schloss deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Dadurch würde der falsche Eindruck entstehen, der Konflikt könne militärisch gelöst werden. „Deutschland wird jedenfalls keine Waffen liefern.“ Merkel räumte Meinungsunterschiede in diesem Punkt ein. „Ich kann hier nicht für alle sprechen“, sagte sie. Zuvor hatte Litauen Waffenlieferungen in das Krisenland gefordert.
Die Personalentscheidungen des Gipfels gingen relativ schnell über die Bühne. Tusk und Mogherini bekamen „volle Unterstützung“ des Gipfels, so Van Rompuy. „Tusk und Mogherini werden bei allen internationalen Angelegenheiten zusammenarbeiten, um Europas Interessen und Werte zu verteidigen.“ Merkel begrüßte die Ernennung Tusks. Der Liberalkonservative sei ein „leidenschaftlicher, überzeugter und überzeugender Europäer“.
Angesichts der Ukraine-Krise galt die Ernennung von Tusk auch als politisches Signal. Polen fährt wie die baltischen Länder einen harten Kurs gegenüber Moskau.
Tusk, der als Vertrauter der Bundeskanzlerin gilt, tritt am 1. Dezember sein Amt an. Laut Merkel ist auch ein Verdienst Tusks, dass die deutsch-polnischen Beziehungen so eng seien wie lange nicht.
Die Chefs berieten auch über die Lage im Irak und das Vordringen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Einige Mitgliedstaaten - darunter auch Deutschland - hatten sich zu Waffenlieferungen entschlossen. Die EU unterstütze diese Linie, sagte Van Rompuy. Die EU wolle auch den Zustrom von islamistischen Kämpfern in die Krisenregion eindämmen.
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