EU-Staats- und Regierungschefs erteilen Scholz Standpauke
EU-Staats- und Regierungschefs erteilen Scholz Standpauke
Von Steve Bissen (Brüssel)
Premierminister Xavier Bettel (DP) reagierte am Donnerstag bei seiner Ankunft in Brüssel gereizt auf die Debatte um das eigentlich bereits beschlossene Aus des Verbrennermotors in Europa ab 2035. Natürlich könne man bei einem EU-Gipfel über alles reden. Aber das Thema stehe nicht auf der Tagesordnung. „Es ist ja kein Wunschkonzert, wenn wir nach Brüssel kommen“, so Bettel. Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs solle nicht für alles zuständig sein, sondern lediglich Impulse geben. Für alles andere gebe es Ministerräte.
Die gesamte Architektur der Entscheidungsfindung würde auseinanderfallen, wenn wir das alle tun würden.
Lettlands Ministerpräsident Krisjanis Karins
Am deutlichsten wurde der lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins. Er sprach mit Blick auf das deutsche Vorgehen von einem „sehr, sehr schwierigen Zeichen für die Zukunft“. Es sei verwunderlich, dass eine Regierung sich plötzlich anders entscheide, nachdem eine Vereinbarung bereits getroffen worden sei. „Die gesamte Architektur der Entscheidungsfindung würde auseinanderfallen, wenn wir das alle tun würden“, so die Warnung Karins.
Vertrauensbruch
Hinter vorgehaltener Hand äußern sich Diplomaten in Brüssel noch eindeutiger: Sie werfen Deutschland gar einen Vertrauensbruch vor. Und nun wächst in Brüssel die Befürchtung, dass das gesamte Gesetz zum Verbrenner kippen könnte. Denn mittlerweile haben sich auch andere Länder wie Italien oder Österreich der Haltung der deutschen Regierung angeschlossen. Zurzeit suchen das deutsche Verkehrsministerium und die EU-Kommission fieberhaft nach einer Lösung.
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz verteidigte dagegen die Blockade seiner Regierung gegen die Kritik europäischer Partner. „Es gibt eine klare Verständigung in Europa“, so Scholz in Brüssel. Dazu gehöre, dass die EU-Kommission einen Vorschlag mache, wie auch nach 2035 ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels betriebene Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden können. „Das ist schon Konsens.“ Wer jedoch den anderen Regierungschefs genau zuhörte, merkte schnell: Das deutsche Vorgehen sorgt bei einigen Partnern nicht nur für Irritation, sondern für Verärgerung.
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