EU-Ratschef Michel will Schuldenerlass für afrikanische Länder prüfen
EU-Ratschef Michel will Schuldenerlass für afrikanische Länder prüfen
(dpa) - Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise in Afrika abzufedern, sollen die EU-Staaten nach dem Willen von EU-Ratschef Charles Michel über einen möglichen Schuldenerlass beraten. Man müsse die Bitte der afrikanischen Länder gemeinsam mit den Partnern des Internationalen Währungsfonds (IWF) prüfen, sagte der Belgier am Dienstag nach einer Video-Konferenz mit den Staats- und Regierungschefs der fünf Sahelstaaten Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad. In drei Monaten wolle man sich erneut mit den Staaten zu einer Videokonferenz treffen.
Der IWF hatte kürzlich davor gewarnt, dass der Kampf gegen das Coronavirus das südlich der Sahara gelegene Afrika weit zurückwerfen könnte. Für 2020 drohe der Region ein Schrumpfen der wirtschaftlichen Leistung um 1,6 Prozent; die Einkommen pro Person könnten um vier Prozent sinken. Die Weltbank geht davon aus, dass es in Afrika wegen der Corona-Krise zum ersten Mal seit 25 Jahren eine Rezession geben wird.
Die führenden Industriestaaten kündigten bereits an, die ärmsten Länder der Welt in der Corona-Krise unter bestimmten Bedingungen mit Schuldenerleichterungen unterstützen zu wollen. Der französische Präsident Emmanuel Macron forderte langfristig einen Schuldenerlass.
Mit Blick auf die Sicherheitslage in der Sahelzone sagte Michel, es sei wichtig, weitere internationale Partner von der Anfang des Jahres bei einem Gipfeltreffen in Frankreich gegründeten „Koalition für das Sahelgebiet“ zu überzeugen. Diese soll vor allem islamistische Terrorgruppen bekämpfen.
Um die Region zu unterstützen, wolle die EU weitere Finanzhilfen in Höhe von 194 Millionen Euro bereitstellen, kündigte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen an. Das Geld soll die Sicherheit, Stabilität und Widerstandsfähigkeit der Region stärken. Insgesamt unterstützte die EU die Sahelzone nach Angaben der Kommission in den Jahren 2014 bis 2020 mit 4,5 Milliarden Euro. Weitere 3,5 Milliarden Euro kämen von den EU-Staaten hinzu.
In der Sahelzone - die sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt - herrscht eine Mischung aus Armut, Dschihadisten, ineffektiven Regierungen und Klimawandel-Folgen. Die Instabilität in der Region hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verschlechtert. Die Corona-Krise droht dies zu eskalieren.
Bereits jetzt wurden wegen der Ausbreitung des Coronavirus etliche internationale Soldaten und Helfer aus der Sahelzone abgezogen. Die EU-Ausbildungsmission in Mali (EUTM Mali) etwa - an der rund 150 Bundeswehr-Soldatinnen und -Soldaten beteiligt sind - setzte jüngst ihren Betrieb weitgehend aus. Über eine Fortsetzung der Bundeswehr-Beteiligung an der UN-Mission zu Stabilisierung Malis (Minusma) will der Bundestag bald entscheiden. Das Mandat der Minusma selbst läuft derzeit bis Juni.
Als Folge der Corona-Krise „steigt die Terrorgefahr in einem Gebiet von der Größe Europas, direkt in unserer Nachbarschaft, mit schwer absehbaren Auswirkungen auch auf Fluchtbewegungen“, warnte jüngst die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). In der Sahelzone sind etliche Terrorgruppen aktiv, einige davon haben dem Islamischen Staat (IS) und Al-Kaida die Treue geschworen. Seit 2015 hat sich die Zahl von Angriffen extremistischer Gruppen jedes Jahr verdoppelt, wie die Denkfabrik Africa Center for Strategic Studies erklärte.
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