EU-Parlament macht Weg für den Brexit frei
EU-Parlament macht Weg für den Brexit frei
(dpa) Vor der Ratifizierung des Brexit-Abkommens im Europaparlament haben Abgeordnete am Mittwoch noch einmal Bedauern über den EU-Austritt Großbritanniens geäußert. Am Nachmittag stimmte das Parlament dann über das Ende 2019 vereinbarte Austrittsabkommen ab. Mit großer Mehrheit machten die Abgeordneten den Weg für den Brexit am 31. Januar frei.
In der Debatte erinnerten viele Abgeordnete daran, dass nun bis zum Jahresende harte Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen Brüssel und London anstehen. Die EU-Kommission kündigte eng getaktete Verhandlungsrunden an, weil nur elf Monate bleiben. Großbritannien will die Europäische Union am Freitag nach mehr als 47 Jahren Mitgliedschaft verlassen. Viele Abgeordnete bedauerten zwar die Trennung, wollten mit dem Vertrag aber Chaos vermeiden. Im Parlament kam es zu emotionalen Momenten und Solidaritätsbekundungen, die sich unter anderem mit Schals mit der Aufschrift "Always United" (Für immer vereint) und der britischen sowie der europäischen Flagge äußerten.
Farage: "Es ist vorbei"
Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage hat sich mit einer triumphierenden Rede aus dem Europaparlament verabschiedet. Der für Freitag vorgesehene EU-Austritt sei ein Abschied ohne Wiederkehr. „Wir kommen nie zurück“, rief Farage am Mittwoch vor der Ratifizierung des EU-Austrittsabkommens in Brüssel. „Wir lieben Europa, wir hassen nur die Europäische Union.“ Er hoffe, dass der britische EU-Austritt der Anfang vom Ende des europäischen Projekts sei.
Nach Farages Rede schwenkten die Abgeordneten seiner Brexit-Partei britische Fähnchen, obwohl das gegen Parlamentsregeln verstößt. Als die amtierende Parlamentspräsidentin sie aufforderte, die Fahnen zu entfernen, sagte Farage nur: „Es ist vorbei.“
Mit "Ce n'est qu'un au revoir" verabschiedeten sich die Parlamentarier nach dem Votum von den Briten.
Wichtigster Punkt ist eine geplante Übergangsfrist bis zum Jahresende, in der sich im Alltag zunächst nichts ändert. Großbritannien bleibt in der Zeit wie bisher Teil des EU-Binnenmarkts und der Zollunion, beim Reisen oder auch im Warenverkehr bleibt alles wie gehabt. In der elfmonatigen Frist soll ausgehandelt werden, wie es ab kommendem Jahr weitergeht.
"Ein so trauriger Tag", twitterte die in Schweich bei Trier lebende Vizepräsidentin des Europaparlaments. "Das fühle ich als Europäerin, die diese wunderbaren KollegInnen und diesen großartigen Mitgliedsstaat verliert. Als Britin, weil der Brexit schon jetzt dieses Land zerrissen hat und viel Schaden folgen wird. But - it‘s not goodbye, it‘s au revoir!", so die frühere deutsche Justizministerin, die einen britischen Vater und eine deutsche Mutter hat.
Verliert mein Pass seine Gültigkeit? Wirkt sich der Brexit auf meinen Urlaub aus? Viele Briten sind verunsichert, was der EU-Ausstieg in der Praxis bedeutet. Premierminister Boris Johnson hat auf Twitter ein Video mit den am häufigsten gestellten Fragen und seinen Antworten zum Brexit veröffentlicht.
Der deutsche Grünen-Außenpolitiker Reinhard Bütikofer meinte: „Es wird eine schwierige Übung, sich daran zu gewöhnen, dass das Vereinigte Königreich künftig zu den europäischen Akteuren gehört, für die der Auswärtige Ausschuss zuständig ist.“ Bei der Gestaltung des Brexits sollte sich das Europaparlament einbringen, so Bütikofer.
Mit dem bekannten englischen Lied "Auld Lang Syne" (Nehmt Abschied, Brüder) haben Europaabgeordnete im Parlament die britischen Kolleginnen und Kollegen verabschiedet.
Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese warnte vor einem Scheitern der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen. In dem Fall könnte die Versorgung mit Arzneien und Medizinprodukten problematisch werden, meinte der Gesundheitsexperte.
Der britische Europaabgeordnete und Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage zeigte sich indes hocherfreut über seinen Abschied aus Brüssel. "Es gibt nur sehr wenige Menschen im Leben, vor allem in der Politik, die ihren Traum vollenden, und in vieler Hinsicht ist mir das gelungen", sagte der 55-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Vor dem britischen EU-Austritt am 31. Januar um Mitternacht müssen auch die 27 bleibenden EU-Staaten dem Vertrag noch einmal zustimmen. Auch das gilt als Formsache.
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