EU-Impfpass soll Reisefreiheit im Sommer retten
EU-Impfpass soll Reisefreiheit im Sommer retten
Wie hoch der Zeitdruck und die Not sind, zeigt der überraschende Konsens, den es am Dienstag im EU-Parlament gab. Sogar die ansonsten sehr EU-skeptische italienische Abgeordnete der Lega Annalisa Tardino meinte, es sein nun an der Zeit, „ideologische Positionen aufzugeben“, um Lösungen zu finden.
Denn es steht viel auf dem Spiel: nämlich das sichere und entspannte Reisen innerhalb der Europäischen Union in Zeiten der Pandemie. Kurz vor dem Beginn der Sommersaison würde dieses Stück Normalität für Bürger und die arg gebeutelte Tourismusindustrie viel bedeuten. Und mit einem europäischen Impfzertifikat will die EU dies auch erleichtern: „Wir verfolgen einen europäischen Ansatz, um sicherzustellen, dass EU-Bürger diesen Sommer sicher und mit minimalen Einschränkungen reisen können“, sagt der zuständige EU-Kommissar Didier Reynders.
Deswegen hatte die EU-Kommission Mitte März eine derartige Maßnahme vorgeschlagen. Und am Dienstag hat das EU-Parlament seine Position dazu angenommen – nun können die Verhandlungen zwischen der Volksvertretung und den EU-Staaten beginnen. Das Ziel bleibt eine Einigung im Juni.
Schnelle Verhandlungen in Sicht
Das EU-Parlament erkennt dabei die Wichtigkeit und den Mehrwert einer derartigen Maßnahme an. Mit der europaweiten Beschleunigung der Impfkampagnen, dem Frust der Bürger und der wirtschaftlichen Krise, die nach einem Jahr Reisebeschränkungen, Grenzkontrollen und Schließungen des Horeca-Sektors wütet, ist der Druck dafür hoch – besonders in den EU-Staaten, die sehr von der Tourismusbranche abhängig sind.
Außerdem geht es dabei um nichts weniger als die Reisefreiheit, eigentlich ein Grundrecht für alle EU-Bürger. Und damit die Maßnahme sinnvoll ist und nicht durch eine Kakofonie von nationalen Regelungen und Bedingungen überholt wird, muss das Zertifikat vor dem Sommer stehen. Das freiwillige Dokument soll in allen Staaten anerkannt werden und die Reisebedingungen demnach durch einheitliche Regeln erleichtern.
Allerdings gibt es auch Bedenken im EU-Parlament, die die Abgeordneten in den Verhandlungen auch zum Ausdruck bringen möchten. „Die Personenfreizügigkeit ist ein Recht jedes EU-Bürgers, und obwohl ich die Einrichtung eines gemeinsamen EU-Zertifikats begrüße, bestehe ich darauf, dass dies in keiner Weise zu Diskriminierung führen darf“, warnt etwa Tilly Metz, EU-Abgeordnete für Déi Gréng.
Deswegen unterstreicht das Parlament, dass neben einer Impfung auch Ergebnisse zugelassener Tests und Informationen zu überstandenen Corona-Infektionen festgehalten werden müssen und die gleichen Erleichterungen mit sich bringen wie eine Impfung. Damit es auch keine Diskriminierung unter Bürgern gibt, fordert das EU-Parlament in diesem Zusammenhang kostenfreie Tests. Denn in einigen Staaten sind diese sehr kostspielig, was ärmeren Menschen das Reisen faktisch verbietet.
Obendrein setzt sich das Parlament für die klare zeitliche Beschränkung einer derartigen Maßnahme ein sowie für den strengen Respekt des Datenschutzes. Ein anderer Knackpunkt der Verhandlungen dürfte sein, ob es trotz des Zertifikats zusätzliche Regelungen an der Grenze geben kann. Die EU-Staaten sprechen sich zwar dafür aus, doch warnt das EU-Parlament, dass zusätzliche nationale Maßnahmen das europäische Impfzertifikat schlicht sinnlos machen würden.
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