EU-Gipfel berät Folgen des Brexit-Votums
EU-Gipfel berät Folgen des Brexit-Votums
(dpa) - Fünf Tage nach dem folgenschweren Brexit-Votum will der britische Premier David Cameron den übrigen 27 EU-Staaten seine Vorstellungen für einen Austritt des Landes aus der Union erläutern. Großbritannien und die Regierungen von Deutschland, Frankreich und Italien gehen mit gegensätzlichen Positionen in den EU-Gipfel am Dienstag in Brüssel: Während Cameron Zeit für sein Land fordert, pochen die drei EU-Schwergewichte auf rasche Klarheit.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte am Montag nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident François Hollande und dem italienischen Regierungschef Matteo Renzi, es werde keine formellen oder informellen Gespräche mit London über einen Austritt geben, bevor nicht der entsprechende Antrag eingegangen sei. Dieser solle so schnell wie möglich kommen, sagte Hollande. „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, fügte er hinzu. „Nichts ist schlimmer als Ungewissheit.“
Eine Erneuerung der EU
Die drei Länder wollen mit einer gemeinsamen Initiative zur Erneuerung der EU den Zusammenhalt der Europäer sichern und beim EU-Gipfel Vorschläge für einen „neuen Impuls“ vorlegen.
Noch vor Beginn des Gipfels befasst sich am Dienstag der Bundestag in einer Sondersitzung mit den Folgen der britischen Entscheidung. Merkel gibt eine Regierungserklärung ab. Sie plädiert für einen konsequenten, aber besonnenen Umgang mit Großbritannien. Sie verweist darauf, dass das Land weiterhin Partner in der Nato und den internationalen G7- und G20-Formaten sei. Auch das EU-Parlament kommt vor dem Gipfel zu einer Sondersitzung in Brüssel zusammen, in der EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker reden wird.
Cameron wird am Abend bei einem Arbeitsessen den übrigen Staats- und Regierungschefs über die Lage in seinem Land nach dem Referendum berichten. Am Mittwoch wird der EU-Gipfel dann als „informelles“ Treffen fortgesetzt - ohne Großbritannien. Dabei geht es um die Organisation des Scheidungsprozesses zwischen der EU und Großbritannien sowie um die Zukunft der Gemeinschaft.
Der Kampf um Camerons Nachfolge ist eröffnet
Bei den britischen Konservativen läuft das Rennen um die Nachfolge von Cameron an. Als klarer Favorit gilt derzeit Londons früherer Ex-Bürgermeister Boris Johnson, der sich an die Spitze der Brexit-Kampagne gestellt hatte. Er wäre es dann, der die Austrittsverhandlungen mit Brüssel führen müsste. Cameron hat mehrfach gesagt, er wolle dies seinem Nachfolger überlassen.
Am Dienstag kommt voraussichtlich der Tory-Parteivorstand zusammen, um über einen Zeitplan für die Nachfolge Camerons zu beraten. Nach dem Vorschlag eines einflussreichen Parteikomitees soll der neue Parteichef und damit auch der künftige Premier spätestens am 2. September feststehen. Finanzminister George Osborne wird es nicht: In einem Gastbeitrag für die „Times“ erklärte er seinen Verzicht auf das Amt des Parteivorsitzenden und begründete dies damit, dass er die Tories als ausgesprochener Brexit-Gegner nicht einen könne.
Auch bei der oppositionellen Labour-Partei tobt der Machtkampf: Am Dienstag muss sich der Vorsitzende Jeremy Corbyn einem Misstrauensvotum stellen. Der 67-Jährige wehrt sich gegen massive Rücktrittforderungen aus den eigenen Reihen. Abgeordnete fürchten für Labour schwere Verluste bei Neuwahlen mit dem zum linken Parteiflügel gehörenden Corbyn.
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