Erster Rücktritt eines deutschen Bischofs im Missbrauchsskandal
Erster Rücktritt eines deutschen Bischofs im Missbrauchsskandal
(KNA/mer) - Jetzt doch. Wiederholt hatte der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode in den vergangenen Monaten einen Rücktritt abgelehnt. Und das, obwohl ihm eine Studie Fehler im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs bescheinigt hatte. Die massive Kritik - auch von Betroffenen - hat den Bischof nun aber zu einem Umdenken und einem Verzicht auf sein Amt bewegt. Das Rücktrittsgesuch des dienstältesten deutschen Ortsbischofs hat Papst Franziskus am Samstag angenommen.
Damit ist der 72-Jährige der erste deutsche Bischof, der im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal wirklich sein Amt abgibt. Rücktrittsgesuche anderer Bischöfe, etwa des Münchner Kardinals Reinhard Marx, hatte der Papst bisher abgelehnt, im Fall des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki steht die Entscheidung weiter aus.
Bode stand seit der Veröffentlichung erster Ergebnisse einer Missbrauchsstudie für das Bistum Osnabrück im September in der Kritik. Die Autoren von der Universität Osnabrück werfen ihm und anderen Verantwortlichen vor, nicht pflichtgemäß oder unangemessen auf Hinweise zu sexuellem Missbrauch reagiert zu haben. Der Bischof bat damals zwar um Entschuldigung für sein Verhalten, wollte aber im Amt bleiben. Gerade weil der Bericht der Bistumsleitung für die vergangenen zehn Jahre „einen echten Lernprozess“ bescheinige, wolle er „mit aller Kraft den Aufgaben und Pflichten nachgehen, die der Bericht aufzeigt“, erklärte er im Herbst.
Gewaltiger Vertrauensverlust
Inzwischen hat der Bischof aber gemerkt, dass ein Weiter-so nicht funktioniert. So zeigte der kürzlich gegründete Betroffenenrat der norddeutschen Bistümer Bode in Rom an: Er habe Schilderungen einer Betroffenen „gänzlich falsch eingeschätzt“ und die Anzeige ihres Falls bei den vatikanischen Behörden verzögert, hieß es unter anderem zur Begründung.
„Manche haben jegliches Vertrauen in mich verloren“, schreibt Bode nun in einer Erklärung zu seinem Rücktritt, auch wenn ihn einige ermutigt hätten, seine Aufgabe als Bischof fortzuführen. Bei einem Pressestatement sagte er: „Insbesondere im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt durch Kleriker habe auch ich selbst lange Zeit eher die Täter und die Institution als die Betroffenen im Blick gehabt.“ Er habe Fälle falsch eingeschätzt, häufig zögerlich gehandelt und manchmal falsche Entscheidungen getroffen.
Insbesondere im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt durch Kleriker habe auch ich selbst lange Zeit eher die Täter und die Institution als die Betroffenen im Blick gehabt.
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode
Im Reformprojekt Synodaler Weg spielte Bode eine zentrale Rolle. Mitte vergangener Woche, kurz nach Abschluss der Beratungen und wenige Tage vor seinem Rücktritt, kündigte er umgehend die Umsetzung der Beschlüsse in seinem Bistum an. Unter anderem würden künftig offiziell Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare und wiederverheiratete Geschiedene angeboten. Auch setzte sich der gebürtige Paderborner beim Reformprojekt dafür ein, die Möglichkeiten einer Diakonenweihe für Frauen auszuloten und in bestimmten Fällen verheiratete Priester zuzulassen.
Druck auf Woelki dürfte steigen
Nach dem Abgang Bodes dürfte der Druck auf den Kölner Kardinal Woelki weiter steigen. Seit mehr als zwei Jahren herrscht in Deutschlands mitgliederstärkster Diözese eine Vertrauenskrise, in die sich Franziskus 2021 einschaltete. Er schickte Kardinal Woelki in eine mehrmonatige Auszeit, die Anfang März 2022 endete. Seitdem ist Woelki wieder als Erzbischof in Köln tätig; Franziskus verlangte allerdings ein Rücktrittsgesuch von ihm. Über dieses hat das Kirchenoberhaupt noch nicht entschieden.
Am Donnerstag hatte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bei einer Audienz mit Papst Franziskus über die Vertrauenskrise im Erzbistum Köln gesprochen. „Viele Menschen sehen die Situation im Erzbistum Köln mit Sorge, auch ich persönlich“, sagte Wüst.
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