Der Schlächter von Srebrenica riskiert lebenslänglich
Der Schlächter von Srebrenica riskiert lebenslänglich
Von Hekmut Hetzel, Den Haag
Das Urteil des UN-Tribunals zur Ahndung von Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien gegen den Ex-General der bosnisch-serbischen Armee Ratko Mladic soll am Mittwoch in Den Haag gefällt werden, teile das UN-Tribunal mit. Der Chefankläger des UN-Tribunals, der Belgier Serge Brammertz (55), forderte eine lebenslange Haftstrafe für Mladic wegen Völkermordes in der ehemaligen bosnischen Moslim-Enklave Srebrenica und der Belagerung von Sarajevo während der Balkan-Kriege 1991-1995.
Brammertz sieht es als erwiesen an, dass Ratko Mladic Mitte Juli 1995 den Befehl zur Ermordung von rund 8000 muslimischen Männern und Buben gab, nach dem die von ihm befehligten Truppen Srebrenica am 9. Juli 1995 eingenommen hatten. Muslimische Frauen und Kinder ließ Mladic per Bus in andere Teile von Bosnien deportieren.
Das Massaker von Srebrenica war der grausame Tiefpunkt der so genannten ,,ethnischen Säuberungen‘‘ während der Balkankriege und das größte Massaker auf europäischen Boden seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Die rund 500 niederländischen UN-Blauhelme, die Srebrenica schützen sollten, ergaben sich damals kampflos gegen die militärische Übermacht der bosnisch-serbischen Armee.
Erwartet wird von Prozessbeobachtern, dass der heute 74-jährige und kranke Ratko Mladic eine sehr hohe Haftstrafe oder gar Lebenslang erhalten wird. ,,Mladic war einer der Architekten dieses Massakers der ethnischen Säuberungen in Bosnien,‘‘ sagt Serge Brammertz im Gespräch im unserer Zeitung.
Ein anderer Architekt des Völkermordes von Srebrenica und der Beschießung von Sarajevo, der ehemalige Präsident der selbsternannten Republika Srpska in Bosnien Radovan Karadzic wurde vom Haager UN-Jugoslawien-Tribunal bereits für schuldig befunden und zu einer 40-jährigen Haftstrafe verurteilt.
Mangelnder Kooperationswille in Serbien
UN-Chefankläger Brammertz kritisiert im Rückblick, dass die Festnahmen von Radovan Karadzic und Rato Mladic ,,viel zu lange gedauert haben,‘‘ weil die serbischen Behörden lange Zeit nicht mit dem UN-Tribunal zusammengearbeitet hätten. Karadzic war als Wunderheiler jahrelang in Serbien unterwegs, ohne dass ihn angeblich jemand erkannte. Mladic war jahrelang auf der Flucht und wurde erst am 26. Mai 2011 in der Wohnung seines Cousins in Lazarevo bei Belgrad verhaftet und dann an das UN-Tribunal nach Den Haag ausgeliefert worden.
,,Wir haben den jugoslawischen Behörden den Tipp über seinen Aufenthaltsort gegeben,‘‘ so Brammertz. Ärgerlich sei, dass einige der vom UN-Jugoslawien-Tribunal Verurteilten in ihren Heimatländern auf dem Balkan ,,noch immer als Helden verehrt werden,‘‘ stellt Brammertz fest. Das hindere den Versöhnungsprozess.
Das Urteil gegen Ratko Mladic wird das letzte sein, das das Haager UN-Jugoslawien-Tribunal fällen wird. Denn Ende November läuft das UN-Mandat des UN-Sondergerichts aus. Vom Haager UN-Jugoslawien-Tribunal, das am 25. Mai 1993 durch UN-Resolution 827 gegründet wurde, wurden bisher 161 Personen angeklagt und 83 Angeklagte verurteilt. Eines der wichtigsten und das letzte Urteil, ist das gegen Ratko Mladic.
Ein Urteil gegen den prominentesten Angeklagten, den ehemaligen jugoslawischen und serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic konnte nicht gefällt werden, weil Milosevic am 11. März 2006 während des noch laufenden Prozesses gegen ihn in seiner Zelle an Herzversagen starb. Milosevic war ebenfalls wegen Völkermordes und Kriegsverbrechen angeklagt.
Als Abonnent wissen Sie mehr
In der heutigen schnelllebigen Zeit besteht ein großer Bedarf an zuverlässigen Informationen. Fakten, keine Gerüchte, zugänglich und klar formuliert. Unsere Journalisten halten Sie über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden, stellen politischen Entscheidern kritische Fragen und liefern Ihnen relevante Hintergrundgeschichten.
Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf alle unsere Artikel, Analysen und Videos. Wählen Sie jetzt das Angebot, das zu Ihnen passt.
