Corona-Krise für den Papst: Das Virus und der Vatikan
Corona-Krise für den Papst: Das Virus und der Vatikan
Von LW-Korrespondent Dominik Straub (Rom)
„Herr, beende diese Epidemie mit deiner Hand: So habe ich gebetet“, sagte Franziskus gestern in einem Interview mit der Römer Tageszeitung „La Repubblica“. Gleichzeitig forderte der Papst die Gläubigen auf, ihren Familienangehörigen mit kleinen Gesten ihre Nähe zu zeigen: „Eine kleine Aufmerksamkeit gegenüber den Großeltern, ein Kuss für die Kinder, ein Telefonanruf an die Personen, die wir lieben: Wenn wir diese schwierigen Tage auf diese Weise leben, dann sind sie nicht umsonst gewesen“, betonte Franziskus. Das seien Gesten, die in der Anonymität des Alltags manchmal verloren gingen – aber sie seien entscheidend und wichtig.
Obwohl er mit seinen 83 Jahren einem höheren Risiko ausgesetzt ist, lässt sich Franziskus selber von der Epidemie nicht groß beeindrucken: Am vergangenen Sonntag hatte er die menschenleeren Straßen Roms zu einem Ausflug genutzt, bei dem er zuerst die Basilika Santa Maria Maggiore und dann zu Fuß die kleinere Kirche San Marcello an der Einkaufsmeile Via Corso besuchte, um für das Ende der Epidemie zu beten.
Gebet soll in den Kirchen möglich sein
Franziskus hat sich auch schon dafür ausgesprochen, es mit den Quarantäne-Maßnahmen nicht zu übertreiben. So hat er den Entscheid der italienischen Bischöfe, alle Kirchen Roms abzuschließen, kurzerhand wieder umgestoßen: Wenigstens zum Gebet müssten die Gläubigen die Gotteshäuser betreten können – wenn sie dabei den gebotenen Sicherheitsabstand einhielten. Anders sieht es bei den großen Touristenattraktionen des Vatikans aus: Der Petersplatz, der Petersdom und die vatikanischen Museen mit der Sixtinischen Kapelle sind geschlossen.
Die Generalaudienzen und das sonntägliche Angelus-Gebet des Papstes finden per Videoübertragung und ohne Publikum statt. Im Kirchenstaat sind die meisten Vorsichtsmaßnahmen, die von der italienischen Regierung verhängt worden sind, übernommen worden – erst recht, seit am 5. März auch im Vatikan der erste Infizierte entdeckt worden ist. Die Kurie arbeitet zwar mehr oder weniger normal weiter, aber auch in der Kirchenverwaltung wurde, wo es ging, auf Homeoffice umgestellt.
Die Schweizergarde hat die Vereidigung der neuen Soldaten vom 6. Mai in den Herbst verschoben. Der Tagesablauf des Papstes wiederum unterscheidet sich während der weltweiten Pandemie nicht stark von normalen Zeiten. Die Privataudienzen im Apostolischen Palast finden weiterhin statt – allein fünf am vergangenen Samstag. Insbesondere hält Franziskus aber an seinen Frühmessen im vatikanischen Pilgerheim Santa Marta fest.
Wir beten heute für die Toten, für alle Menschen, die durch das Virus ihr Leben verloren haben.
Papst Franziskus
Weil auf der ganzen Welt Messen wegen der Corona-Epidemie gestrichen werden müssen, hat sich Franziskus dazu entschlossen, die Morgenmesse täglich zu feiern und außerdem in ganzer Länge über die vatikanischen Medien übertragen zu lassen. Zuvor hielt der Papst seine Frühmessen nur zwei- bis dreimal pro Woche – und ohne Liveübertragung.
Gedenken an selbstlosen Einsatz des medizinischen Personals
Seine letzten Messen widmete der Papst den Betagten und Kranken, die von der Epidemie besonders bedroht sind, sowie dem medizinischen Personal, das sich auf der ganzen Welt um die Kranken und die Sterbenden kümmert. In der Frühmesse von gestern gedachte er eines 47-jährigen Ambulanzfahrers, der Hunderte von Patienten ins Krankenhaus gefahren und sich dabei mit dem Corona-Virus angesteckt hatte.
Er war am Tag zuvor gestorben. „Wir beten heute für die Toten, für alle Menschen, die durch das Virus ihr Leben verloren haben. In besonderer Weise möchte ich, dass wir für die in diesen Tagen verstorbenen Mitarbeiter im Gesundheitswesen beten, die ihr Leben im Dienst an den Kranken gegeben haben“, sagte der Papst.
