Chaos in Brüssel
Chaos in Brüssel
(dv/dpa/rar) – Griechenland steuert nach vorerst gescheiterten Verhandlungen über weitere Finanzhilfen auf eine Staatspleite zu.
Die Eurogruppe lehnte am Samstag bei einem Krisentreffen in Brüssel Forderungen der griechischen Regierung nach einer Verlängerung des Hilfsprogramms über den 30. Juni hinaus ab.
Damit würden noch bereitstehende Milliardenhilfen am 30. Juni verfallen. Zugleich begannen die Euro-Finanzminister unter Ausschluss des griechischen Ressortchefs Yanis Varoufakis mit Beratungen über die Konsequenzen. In Griechenland kommt es zum „Bank run“.
Varoufakis: „Grexit ist illegal“
Wie Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem weiter mitteilte, gehe es auch um die Vorbereitung erforderlicher Maßnahmen, um sicherzustellen, dass jederzeit die Stabilität der Eurozone auf hohem Niveau aufrechterhalten bleibe: „Wir sind entschlossen, die Stärke und die Glaubwürdigkeit der Eurozone zu wahren.“
Der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna wollte darüber hinaus beruhigende Botschaften übermitteln. Die Eurozone sei heute viel besser vorbereitet, man habe bessere Instrumente, um die erforderlichen Maßnahemen treffen zu können.
"Der Euro ist solide, da muss man sich keine Sorgen machen. Es ist Griechenland, über das man sich Sorgen machen muss", sagte Gramegna am Samstagabend gegenüber RTL. Auf Griechenlands Bürger kämen schwere Tage zu.
EU-Diplomaten erläuterten, dass hier vorerst nicht über den Euro-Austritt Griechenlands beraten wird, sondern über die erforderlichen Maßnahmen, die vor der Eröffnung der Banken und Märkte am Montag fällig sind, dies sei die genaue Bedeutung des oft erwähnten "Plan B".
„Man müsse Schritt für Schritt vorgehen“, antwortete Dijsselbloem auf die Frage, was dem „Grexit“ eigentlich noch im Wege stehe. Von einem rein juristischen Standpunkt aus, sei ein „Grexit“ illegal, weil die EU-Verträge der Austritt eines Landes aus der Eurozone nicht erlauben, so der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis nach dem Abbruch der Gespräche.
Zuvor hatte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras überraschend angekündigt, die Griechen über das Spar- und Reformprogramm der Geldgeber abstimmen zu lassen. Er selbst lehne das Programm aber ab.
Der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna sprach von einer "großen Enttäuschung". Das Referendum sei "aus dem Nichts" gekommen, so Gramegna.
Das war in der Eurogruppe auf scharfe Kritik gestoßen. Gegen 17 Uhr herrschte eine extrem angespannte Stimmung in Brüssel. Die Tagung der Eurogruppe wurde kurzfristig abgebrochen und lief ab 18 Uhr weiter, allerdings ohne Griechenland.
„Es ist zwar sehr bedauerlich. Aber das Programm wird dennoch am Dienstagabend auslaufen“, sagte Dijsselbloem weiter. „Das ist die letzte Phase gewesen, wo noch eine Einigung möglich gewesen wäre.“ Diese Beschlüsse wurden von den 18 Euro-Finanzminister getragen, aber nicht von Athen.
Die griechische Regierung habe aber den Prozess abgebrochen und die Vorschläge der Geldgeber abgelehnt. Es sei unfair, dass die Athener Regierung nun diese Vorschläge zur Volksabstimmung vorlege und dabei für ein Nein und ein negatives Votum werbe.
„Sagt das Volk ja, werden wir die Forderungen der Kreditgeber annehmen“
Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis kritisierte die Entscheidung der Eurogruppe, das Hilfsprogramm am Dienstag auslaufen zu lassen. „Die Weigerung der Eurogruppe, eine Verlängerung (des Programms) um einige Tage (oder) einige Wochen zu unterstützen, (...) wird sicherlich die Glaubwürdigkeit der Eurogruppe beschädigen“, so der Minister.
Varoufakis sagte auch, er werde noch bis zum Schluss eine Einigung mit den Institutionen suchen. Doch wäre der letzte Vorschlag der Geldgeber, weder „nachhaltig“ noch für Griechenland „lebensfähig gewesen“. „Im November hätten wir wieder denselben Streit“, so Varoufakis nach den Beratungen. Griechenland hält eine Einigung dennoch für möglich.
Mit Blick auf das geplante Referendum am 5. Juli sagte der Minister: „Wir konnten nicht entscheiden, ohne das griechische Volk zu fragen.“ An der Volksabstimmung werde festgehalten, aber die Geldgeber-Institutionen können noch den Vorschlag ändern, über den abgestimmt werden soll.
Falls dieser Vorschlag besser sein sollte, so würde die griechische Regierung für ein „ja“ werben anstatt dagegen. Sagen die Griechen „ja“, so werde die Regierung sich an den Plan der Kreditgeber halten, auch wenn sie anderer Meinung ist, so Varoufakis weiter. „Auch wenn dafür Wechsel auf Regierungsebene notwendig sind“, so der Grieche.
Als Abonnent wissen Sie mehr
In der heutigen schnelllebigen Zeit besteht ein großer Bedarf an zuverlässigen Informationen. Fakten, keine Gerüchte, zugänglich und klar formuliert. Unsere Journalisten halten Sie über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden, stellen politischen Entscheidern kritische Fragen und liefern Ihnen relevante Hintergrundgeschichten.
Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf alle unsere Artikel, Analysen und Videos. Wählen Sie jetzt das Angebot, das zu Ihnen passt.
