Brüssel im Ausnahmezustand
Brüssel im Ausnahmezustand
(dpa) - Bei einem groß angelegten Anti-Terror-Einsatz hat die belgische Polizei in der Nacht zum Montag 16 Verdächtige festgenommen. Das berichtete die Staatsanwaltschaft am frühen Montagmorgen in Brüssel. Der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Salah Abdeslam sei nicht unter den Festgenommenen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Eric Van der Sijpt.
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Belgische Polizei und Militär durchkämmten auf der Suche nach mehreren Terrorverdächtigen mehrere Stadtviertel von Brüssel. Es gab 19 Durchsuchungen in mehreren Gemeinden der Hauptstadtregion und weitere drei Razzien in der wallonischen Industriestadt Charleroi. Es seien dabei weder Waffen noch Explosivstoffe gefunden worden.
Bis auf weiteres bleibt in der belgischen Hauptstadt die höchste Terrorwarnstufe in Kraft. Auch zum Beginn der Arbeitswoche wird die Metro nicht fahren; Schulen und Universitäten bleiben geschlossen. Das teilte Belgiens Premier Charles Michel am Sonntagabend nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates mit.
Auch nach der Festnahme von 16 Verdächtigen geht in Brüssel die Jagd nach mutmaßlichen Terroristen weiter. „Die Operation ist noch nicht beendet, sie muss weitergehen“, sagte der belgische Innenminister Jan Jambon am Montag dem Sender VRT. Der meistgesuchte Top-Verdächtige ist Salah Abdeslam (26), der sich in Brüssel aufhalten soll. Vermutlich war Abdeslam an den Pariser Attentaten mit insgesamt 130 Toten beteiligt.
Warnung aus dem Luxemburger Außenministerium
Am Sonntagabend gab das Luxemburger Außenministerium eine Warnung aus: Bei Aufenthalten in der belgischen Hauptstadt sollte den Aufforderungen der Sicherheitskräfte unbedingt Folge geleistet werden. Zudem wird geraten, große Menschenaufläufe (Konzerte, Flughäfen, Bahnhöfe und Geschäftsgalerien) zu meiden. Bei Sicherheitskontrollen sollte man sich möglichst kooperativ zeigen, um der Polizei die Arbeit zu erleichtern.
Stufe 4 bedeute, dass eine „ernste und unmittelbare“ Bedrohung besteht. „Wir fürchten einen ähnlichen Anschlag wie in Paris“, sagte Michel. Mögliche Ziele könnten belebte Orte wie Einkaufszentren, Einkaufsstraßen oder der öffentliche Nahverkehr sein.
Zwei Verdächtige
In Brüssel sollen sich zwei Terrorverdächtige aufhalten, darunter möglicherweise der seit einer Woche gesuchte Salah Abdeslam. Er ist der Bruder eines der Pariser Selbstmordattentäter und wohnte zuvor im Brüsseler Stadtteil Molenbeek. Abdeslam soll sich am 13. November an den Anschlägen in Paris mit 130 Toten beteiligt haben und seitdem in Brüssel verstecken.
Nach einem Bericht der Zeitung „La Libre Belgique“ entdeckten Sicherheitskräfte einen Verdächtigen in der Region der ostbelgischen Stadt Lüttich. Es könnte sich um Salah Abdeslam gehandelt haben, berichtete das Blatt auf seiner Internetseite. Der Mann soll mit einem BMW auf der Autobahn in Richtung Deutschland geflüchtet sein, so die Zeitung. Die Autobahn verbindet Lüttich mit Aachen. Die Staatsanwaltschaft berichtete bei ihrer kurzen Darstellung nicht von einem Einsatz in Lüttich. Auch auf deutscher Seite gab es keine Berichte über einen Polizeieinsatz im Grenzgebiet um Aachen.
Treffen unter Chefs
Frankreichs Präsident François Hollande beginnt am Montag Gespräche mit international führenden Politikern über Konsequenzen aus den Terroranschlägen, für die die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung übernommen hat. Dazu empfängt der Staatschef zunächst den britischen Premierminister David Cameron im Élyséepalast. Cameron will in dieser Woche einen Plan zum Kampf gegen die IS vorlegen und britische Luftangriffe auf IS-Stellungen in Syrien ausweiten.
Anschließend kommt Hollande mit EU-Ratspräsident Donald Tusk zusammen. Auf Grundlage der EU-Verträge hatte Frankreich in der vergangenen Woche die EU-Staaten offiziell um Unterstützung im Kampf gegen den Terror gebeten. Am Dienstag reist Hollande zu Gesprächen mit US-Präsident Barack Obama nach Washington, für Donnerstag ist ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau vorgesehen. Am Sonntag empfängt Hollande den chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Paris.
Nach Angaben belgischer Medien sind die Sicherheitsmaßnahmen so noch nie dagewesen. Premier Michel kündigte an, dass von Tag zu Tag neu entschieden werde: „Wir werden die Lage morgen Nachmittag neu bewerten.“ Das Ziel sei, so schnell wie möglich zu einem normalen Leben zurückzufinden.
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