Besteuerung von Internetriesen: "Wir blockieren nichts"
Besteuerung von Internetriesen: "Wir blockieren nichts"
Von Diego Velazquez und Eric Hamus aus Brüssel
„Überhaupt nicht“ – so die Antwort des luxemburgischen Premiers Xavier Bettel auf die Frage, ob er momentan unter Druck stehe. Am Tag vor dem Auftakt des EU-Gipfels gestern in Brüssel hatte die Europäische Kommission Vorschläge gemacht, „damit alle Unternehmen in der EU faire Steuern zahlen“. Betroffen war vor allem die „digitale Wirtschaft“. Unternehmen also, wie Facebook, Google oder Uber. Unmittelbar danach hatten die Finanzminister der fünf größten EU-Staaten den Vorschlag der Kommission in einem gemeinsamen Schreiben „begrüßt“.
Bettels Zuversicht hingegen kam allerdings davon, dass die anderen liberalen Premiers der EU es ähnlich sehen wie der Luxemburger. Dass diese beim Thema Besteuerung an einem Strang ziehen, wundert allerdings kaum. Die liberale Parteifamilie stellt vor allem in kleinen und mittelgroßen EU-Staaten Regierungschefs. Und in der Steuerpolitik zeichnet sich eine Trennlinie zwischen den kleinen und den großen EU-Staaten ab.
Denn während Staaten wie Frankreich, Deutschland, Italien oder Spanien öffentlich auf strengere Steueregeln für Internetriesen innerhalb der EU pochen, sagen die kleinen Länder, dass es sinnvoller wäre, Lösungen auf einer globalen Ebene zu finden. „Wir sind der Meinung, dass man es global angehen muss“, so Luxemburgs Premier Xavier Bettel am Anfang des EU-Gipfels gestern.
Wichtig für den Luxemburger ist es, diese globale Lösung auf der Ebene der OECD, einem Forum von reichen Industrienationen, und des G20 zu finden. Der Gedankengang: Für das Großherzogtum macht es keinen Sinn, dass die EU in Sachen Steuergerechtigkeit vorprescht, wenn nicht alle anderen Länder mitziehen. Sonst wäre die EU international schlicht weniger wettbewerbsfähig. Auch das Vereinigte Königreich könnte versucht sein, nach dem Brexit in Sachen Besteuerung einen aggressiven Wettbewerb zu betreiben, wie Bettel gestern explizit warnte.
Die Großen wollen hingegen „so schnell wie möglich“ eine Einigung zum Vorschlag der EU-Kommission, wie es im bereits zitierten Schreiben lautet. In diesem Vorschlag werden langfristige und kurzfristige Lösungsansätze auf europäischer Ebene erforscht.
Langfristig fordert die Brüsseler Behörde neue Körperschaftssteuerregeln in Europa. Damit soll es EU-Staaten möglich werden, Gewinne, die bei ihnen erwirtschaftet werden, auch ohne physische Präsenz eines Unternehmens zu besteuern. Kurzfristig sollen für Unternehmen mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro innerhalb der EU drei Prozent Ertragssteuer fällig werden.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte beispielsweise am Donnerstag, dass die Vorschläge der Kommission „gut“ seien. „Wir werden Druck machen auf die Staaten, die sich hier bewegen müssen,“ mahnte der Österreicher Sebastian Kurz.
Irland bleibt hart
„Unsere Position war von Anfang an die gleiche“, sagte Bettel. Doch wirkte der Luxemburger gleichzeitig kompromissbereiter als sonst: „Wir wollen nichts blockieren“. Beim jüngsten G20-Treffen in Buenos Aires habe man gesehen, dass es nur langsam vorangeht. Man könne nicht ewig warten. „Wir unterstützen, dass die Besteuerung von Internetriesen in Europa kommt“, so Bettel, allerdings „wäre es viel opportuner für uns alle, etwas weiter zu schauen, als nur in Europa.“ Das klang mal radikaler. Wie sein irischer Amtskollege Leo Varadkar zum Beispiel. Der sagte gestern, dass die Idee der Kommission „fehlerhaft“ sei.
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