Anne Franks Verräter "sehr wahrscheinlich" entdeckt
Anne Franks Verräter "sehr wahrscheinlich" entdeckt
(KNA) Neue Erkenntnisse in einem über 75 Jahre alten, weltbekannten Fall: Das jüdische Mädchen Anne Frank (1929-1945) und seine Familie sollen von dem Notar Arnold van den Bergh verraten worden sein, wie die Zeitung Telegraaf (Montag) berichtet. Dies sei „sehr wahrscheinlich“, wie die rund sechs Jahre dauernden Recherchieren von etwa 30 internationalen Ermittlern ergeben hätten. Der jüdische Notar habe den deutschen Besatzern das Versteck in einem Amsterdamer Hinterhaus preisgegeben, um sich und seine eigene Familie zu retten. Er habe selbst eine Tochter in Annes Alter gehabt.
Anne Frank, deren Geschichte durch ihr Tagebuch weltbekannt ist, wurde im Februar oder März 1945 mit 15 Jahren im KZ Bergen-Belsen ermordet. Zuvor hatte sie sich mit ihrer Familie mehr als zwei Jahre lang im Hinterhaus an der Amsterdamer Prinsengracht versteckt, das heute das Anne-Frank-Museum ist. Der Unterschlupf wurde am 4. August 1944 von deutschen NS-Besatzern aufgespürt - wie, blieb all die Jahrzehnte ein großes Rätsel und führte zu zahlreichen Theorien und Verdächtigen.
Anonyme Notiz
Der Leitende Ermittler Pieter van Twisk erklärte, um nicht selbst deportiert zu werden, habe van den Bergh den Deutschen Verstecke von Juden weitergegeben, darunter auch die Adresse der Familie Frank. Als einen Beleg nennen die Forscher eine anonyme Notiz über seine Tat. Bemerkenswert sei, dass der einzige Überlebende der Familie Frank, Annes Vater Otto, kurz nach dem Krieg einen Zettel erhielt, in dem bereits van den Bergh als Verräter benannt wurde.
Erst 1964 habe Otto Frank den Zettel präsentiert. Die Ermittler fanden eine Kopie der Notiz in den Familienunterlagen eines Polizeibeamten. Van den Bergh sei nie ernsthaft verdächtigt worden, weil man ihn fälschlicherweise 1944 in einem KZ wähnte.
Die Forscher betonen auch, dies alles sei dennoch kein endgültiger Beweis. "In einem alten Fall wie diesem hat man keine DNA-Beweise oder Videoaufnahmen, also wird es immer auf Indizien hinauslaufen", sagte der pensionierte FBI-Detektiv Vince Pankoke. „Doch unsere Theorie hat eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 85 Prozent.“
Der Direktor des Anne-Frank-Hauses, Ronald Leopold, nannte demnach die Ermittlungen "sehr gut und sorgfältig", doch fehlten noch wichtige Puzzleteile und weitere Untersuchungen für die Theorie rund um Arnold van den Bergh. Der Fund der Kopie der Notiz sei bemerkenswert, aber es blieben viele Fragen: "Wo ist das Original? Wer hat es geschrieben und mit welcher Absicht?" Ebenso gebe es keine Belege für die Liste mit Versteckadressen, die van den Bergh durch seine Mitgliedschaft im Judenrat besessen und den Deutschen gegeben haben soll. Der Museumsdirektor mahnte zur Vorsicht: Man sollte niemanden als Verräter an Anne Frank benennen, "wenn Sie sich dessen nicht zu 100 oder 200 Prozent sicher sind", sagte Leopold.
Die kanadische Bestsellerautorin Rosemary Sullivan begleitete zeitweise die Ermittlungen. Es entstand das Buch „The Betrayal of Anne Frank“ („Der Verrat an Anne Frank - Eine Ermittlung“; Verlag HarperCollins).
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