149 Todesopfer: Luxemburg schickt Experten nach Beirut
149 Todesopfer: Luxemburg schickt Experten nach Beirut
(dpa/SC) - Im Zuge der Ermittlungen zur verheerenden Explosion in Beirut mit mindestens 149 Toten sind 16 Mitarbeiter des Hafens festgenommen worden. Das teilte der amtierende Militärrichter Fadi Akiki laut einem Bericht der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur NNA am Donnerstagabend mit. Mehr als 18 Menschen seien bisher befragt worden, darunter Mitglieder des Hafenvorstands und der Zollverwaltung. Die Ermittlungen gingen weiter.
Ziel sei, „alle Fakten im Zusammenhang mit der Katastrophe zu klären“, teilte Akiki mit. Der Ort der Explosion - ein Industriegebiet am Hafen im Norden der libanesischen Hauptstadt - werde bis zum Abschluss der Ermittlungen geschlossen bleiben. Die Aufsicht hätten hier die libanesische Armee sowie die Informationsabteilung der Kräfte für innere Sicherheit.
Zuvor waren bereits mehrere Verantwortliche des Hafens unter Hausarrest gestellt worden. Sie sollen in den vergangenen Jahren für die Lagerung und Bewachung der großen Mengen Ammoniumnitrat zuständig gewesen seien, die bei dem Vorfall möglicherweise explodierten. Unklar blieb dabei, welche Vorwürfe ihnen gemacht werden oder ob ihnen ein ordentliches Gerichtsverfahren droht.
Internationale Ermittlungen gefordert
Schon bald nach der schweren Detonation am Dienstag hatte es auch Rufe nach einer umfassenden Untersuchung und Aufarbeitung des Vorfalls gegeben, bei dem Tausende verletzt wurden und bis zu 300.000 Menschen ihr Zuhause verloren. Davon sind dem UN-Kinderhilfswerk Unicef zufolge schätzungsweise 80.000 Kinder. Eine Untersuchungskommission der Regierung sollte dazu innerhalb weniger Tagen einen ersten Bericht vorlegen.
Viele Libanesen haben das Vertrauen in die herrschende politische Klasse aber verloren und fordern deshalb internationale Ermittlungen.
Dem schlossen sich etwa der frühere Regierungschef Saad Hariri, drei andere frühere libanesische Ministerpräsidenten und der führende drusische Politiker Walid Dschumblatt an. Nach ihrer Auffassung müssten die Vereinten Nationen oder die Arabische Liga einen Ermittlungsausschuss aus unabhängigen Experten bilden. Das hatten auch Menschenrechtsorganisationen gefordert.
Libanons Innenminister Mohammed Fahmi hatte dagegen erklärt, dass internationale Experten wohl nicht notwendig seien. Die Fachleute im Land hätten die nötige Kompetenz für Ermittlungen.
Luxemburg beteiligt sich an Hilfen
Eine Expertentruppe der UN, die in Katastrophenfällen und die humanitäre Koordination übernimmt, wurde am Donnerstagabend nach Beirut entsandt, um vor Ort die wichtigsten Bedürfnisse festzustellen und die internationale Katastrophenhilfe dementsprechend zu koordinieren. Dieser Expertentruppe gehört auch ein Mitarbeiter der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe des luxemburgischen Außenministeriums an.
Am Freitag wird der Zentrale Fonds für die Reaktion auf Notsituationen der Vereinigten Nationen finanzielle Hilfen für den Libanon freigeben. Dieses Jahr hat Luxemburg rund fünf Millionen Euro zu dem Fonds beigesteuert. Über das Rote Kreuz will Luxemburg Betroffenen der Katastrophe außerdem eine Nothilfe von insgesamt 100.000 Euro zukommen lassen.
Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) will dem Libanon helfen, besteht im Gegenzug aber auf nötigen Wirtschaftsreformen. Alle Möglichkeiten der Hilfe würden geprüft, erklärte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa.
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Wegen einer Wirtschaftskrise war der Libanon schon vor der Explosion im Gespräch mit dem IWF für ein Rettungspaket, das vermutlich mehrere Milliarden Dollar umfassen würde. Die Verhandlungen dazu kamen bisher nur schleppend voran.
Regierungskritische Demonstrationen
Regierungskritische Demonstranten machten ihrem Unmut in der Nacht zum Freitag Luft. Mehrere Menschen wurden bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften verletzt, wie die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete. Dutzende hätten versucht, die Absperrung zum Parlamentsgebäude in der libanesischen Hauptstadt zu durchbrechen. Die Demonstranten setzten dort Werbetafeln, Bretter und Müllhaufen in Brand und warfen mit Steinen auf Sicherheitskräfte. Diese setzten teilweise Tränengas ein.
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Im Libanon war es bereits seit Oktober zu Massenprotesten gekommen, die auch zum Rücktritt von Ministerpräsident Saad Hariri führten. Sie richteten sich gegen die Führung des Landes, der die Demonstranten Korruption und Verschwendung von Staatsgeld vorwerfen. Das kleine Mittelmeerland ist hoch verschuldet und steckt in seiner schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Die Proteste hatten das öffentliche Leben in der Hauptstadt teilweise lahmgelegt.
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