Zweckbündnis zweier ungleicher Partner
Zweckbündnis zweier ungleicher Partner
(aa) - Am Dienstag hat die Frachtfluggesellschaft Cargolux auf der Messe Transport Logistic 2017 in München ein Kooperationsabkommen mit einem sogenannten "combination carrier" vom Persischen Golf geschlossen: Emirates aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ist ebenfalls in der Luftfrachtbranche aktiv, bietet aber neben reinen Frachtflügen auch Passagierflüge und kombinierte Flüge mit Passagieren und Fracht im gleichen Flugzeug an. Es handelt sich also gewissermaßen um eine Partnerschaft zwischen einem Spezialisten und einem Generalisten.
Emirates wird im Rahmen der Zusammenarbeit reservierte Frachtkapazitäten der Boeing-747-Flotte der Cargolux nutzen können, während der Cargolux künftig reservierte Frachtkapazitäten sowohl in den Emirates-Vollfrachtern als auch in den kombinierten Passagier-Fracht-Maschinen des Typs Boeing 777 offen stehen.
Cargolux-CEO Richard Forson sagte am Donnerstag nach seiner Rückkehr in Luxemburg, dass es sich zwar um eine tiefgreifende Partnerschaft handele, dass es aber keinen gemeinsamen Vertrieb und keine Beteiligung geben werde. Man stehe weiterhin miteinander im Wettbewerb.Wenn die Cargolux ihren Kunden Frachtraum auf eigenen oder Emirates-Maschinen anbiete, werde man das als Cargolux tun, so Forson. Umgekehrt gelte dies auch für Emirates.
Ab Juni fliegt Emirates nach Luxemburg
Emirates wird ab dem kommenden Monat auch selbst Luxemburg anfliegen. Am 5. Juni wird laut Richard Forson die erste Maschine zum Cargocenter auf dem Findel rollen. Dabei soll es sich um einen Boeing-777-Vollfrachter handeln. Kombinierte Passagier-Fracht-Flüge sind derzeit nicht nach Luxemburg geplant.
Wie es am Donnerstag bei der Cargolux hieß, konnten für Emirates am Luxemburger Frachtflughafen an Tagen mit etwas geringerem Betriebsaufkommen passende Slots gefunden werden. Auf dem Vorfeld des Cargocenters stehen nur acht Stellplätze zur Verfügung. Bis Ende 2018 sollen vier neue hinzukommen. Bis dahin kommt es zu den Stoßzeiten bisweilen zu Engpässen, bzw. der Frachtabfertiger LuxairCargo muss manchen Anfragen eine Absage erteilen.
Rechte der fünften Freiheit in Luxemburg
Auf Nachfrage des “Luxemburger Wort” bestätigte die Cargolux am Donnerstag, dass Emirates in Luxemburg über sogenannte Rechte der fünften Freiheit verfügt – so wie die Cargolux übrigens auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Somit darf Emirates nicht nur von Dubai nach Luxemburg und wieder zurück fliegen, sondern mit Stop in Luxemburg auch weitere Ziele ansteuern.
Der Umstand, dass der frühere Cargolux-Aktionär Qatar Airways über solche besonderen Flugrechte in Luxemburg verfügt, hatte im vergangenen Jahr für Diskussion gesorgt, als die Kataris Flüge von Liège nach Luxemburg verlegten und der Cargolux quasi zuhause Konkurrenz machten.
Aggressive Mitbewerber vom Persischen Golf
Im Interview mit dem "Luxemburger Wort" hatte Richard Forson im vergangenen Herbst über ein schwieriges Marktumfeld gesprochen. "Die Probleme mit denen alle derzeit zu kämpfen haben, sind auf die Marktvolatilität zurückzuführen", sagt der Südafrikaner damals und verwies auf Überkapazitäten und einige aggressive Mitbewerber.
"Wirklich große Sorge macht mir die wachsende Beiladekapazität von Passagiermaschinen", erklärte Forson weiter und bezog sich auf die in der Branche zu erwartende zusätzliche Auslieferung entsprechender Maschinen – vor allem an die Fluggesellschaften vom Persischen Golf.
Cargolux bekommt Zugriff auf Beiladekapazität
Warum also nun dieses Abkommen mit Emirates – vom Persischen Golf? "Die Golf-Airlines sind ziemlich aggressiv – einige mehr als andere – doch, worin meiner Ansicht nach am Ende der große Nutzen liegt, ist, dass wir nun Zugang zu deren wachsender Unterdeckkapazität in Frachträumen von Passagiermaschinen bekommen", sagte der Cargolux-CEO am Donnerstag.
Aber warum wird unter den Golf-Airlines ausgerechnet mit Emirates kooperiert? "Emirates ist weltweit eine starke Marke im Passagier- und Luftfrachtbereich. Das ist die führende Airline vom Golf. Etihad hat zurzeit mit gewissen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wir wollten auch nicht mit jedem am Markt sprechen. Auch die andere Seite sollte schon ein ernsthaftes Interesse haben."
Zusammenarbeit im Zuge strategischer Neuausrichtung
Qatar Airways – ebenfalls eines Golf-Airline - nutzt auch Flugzeuge mit kombinierter Passagier-Fracht-Kapazität, doch nach dem Ausstieg der Kataris als Shareholder bei Cargolux war dies wohl keine echte Option für die Luxemburger. Vor allem warten die Kataris laut Cargolux aber auf die Auslieferung weiterer bestellter Vollfrachter und dürften kaum an einer Kooperation interessiert sein. Da Emirates hingegen keine neuen Vollfrachter mehr bestellt habe, mache eine Partnerschaft mit dieser Gesellschaft mehr Sinn. Man ergänze sich besser.
Eine Zusammenarbeit mit einer Fluggesellschaft sei bereits im Zuge der strategischen Neuausrichtung der Cargolux im vergangenen Herbst ins Auge gefasst worden, hieß es am Donnerstag. Der Kontakt zu Emirates sei vom ersten Treffen an vielversprechend gewesen, da beiderseits Interesse an einer Kooperation bestand.
Die Cargolux will nun die Anzahl von aktuell drei wöchentlichen Frachtflügen zum internationalen Flughafen Dubai World Central in den Vereinigten Arabischen Emiraten erhöhen, um die Verbindung zwischen beiden Frachtdrehscheiben zu unterstützen. So kann die Cargolux beispielsweise Fracht von Luxemburg nach Dubai bringen, wo sie binnen kürzester Zeit umgeladen und mit kombinierten Passagier-Fracht-Flugzeugen der Emirates weitertransportiert wird.
Richard Forson sieht eigenen Angaben zufolge kein Risiko in der Partnerschaft mit Emirates, sondern vertritt die Ansicht, dass am Ende beide davon profitieren werden. Man könne der Kundschaft neue Ziele, mehr Verbindungen und vielfältigere Lösungen anbieten, könne den Ladefaktor erhöhen und gewinne an Flexibilität. Er glaube nicht, dass eine Gesellschaft auf Kosten der anderen profitieren werde. Ziel sei am Ende ein nachhaltiges Wachstum, so Forson.
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