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Wirtschafts- und Sozialrat will kein Recht auf Heimarbeit
Wirtschaft 3 Min. 15.09.2020 Aus unserem online-Archiv

Wirtschafts- und Sozialrat will kein Recht auf Heimarbeit

Wirtschafts- und Sozialrat will kein Recht auf Heimarbeit

Foto: Chris Karaba
Wirtschaft 3 Min. 15.09.2020 Aus unserem online-Archiv

Wirtschafts- und Sozialrat will kein Recht auf Heimarbeit

Nadia DI PILLO
Nadia DI PILLO
Der Conseil économique et social (CES) stellt Gutachten zur Heimarbeit vor.

Unternehmen in Luxemburg lassen ihre Beschäftigten seit Beginn der Corona-Krise verstärkt von zuhause aus arbeiten, doch ein gesetzliches Recht auf Homeoffice gibt es in Luxemburg nicht. So soll es nach Meinung des Wirtschafts- und Sozialrats (Conseil économique et social, CES) auch in Zukunft bleiben. 

In einem neuen Gutachten zur Telearbeit verteidigt das Gremium das Prinzip, dass Homeoffice für Angestellte weiterhin auf freiwilliger Basis möglich sein soll. „Die Einführung von Telearbeit erfordert eine bilaterale Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf doppelter freiwilliger Basis. Diese Vereinbarung zwischen den Parteien gilt sowohl für den Übergang zur Telearbeit als auch für die Rückkehr zum klassischen Arbeitsmodell im Unternehmen“, schreibt der CES in seinem Gutachten, das am Dienstag vorgestellt wurde. 

Jean-Jacques Rommes
Jean-Jacques Rommes
Foto: Luc Deflorenne

Der Wirtschafts- und Sozialrat geht davon aus, dass künftig immer mehr Beschäftigte von zuhause aus arbeiten wollen. Parallel dazu steigt auch die Anzahl der Arbeitgeber, die im eigenen Unternehmen Heimarbeit anbieten werden. „Es besteht daher keine Notwendigkeit, den Weg zur Telearbeit zu erzwingen, die Regelung muss aber diese Bewegung in konstruktiver Weise für die betroffenen Berufe und Mitarbeiter begleiten“, meint der CES. 

In seinem Gutachten schlägt der Wirtschafts- und Sozialrat eine präzise Definition der Heimarbeit vor sowie auch einen breiteren Anwendungsbereich als bisher. Zwei Kategorien von Telearbeit müssen laut CES geregelt werden, nämlich die „eher wiederkehrende Heimarbeit“ und die „eher gelegentliche oder spontane Telearbeit“ – die derzeitige Regelung sieht nur die regelmäßige Nutzung von Homeoffice vor. Die Sozialpartner sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Heimarbeit als „gelegentlich“ betrachtet wird, wenn sie zur „Bewältigung unvorhergesehener Ereignisse“ durchgeführt wird oder wenn sie im Durchschnitt weniger als zehn Prozent der normalen Jahresarbeitszeit des Heimarbeiters ausmacht. 


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Keine Einmischung in das Privatleben 

Der Präsident des CES Jean-Jacques Rommes weist auf die Wichtigkeit hin, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz mit der Achtung der Privatsphäre des Heimarbeiters in Einklang zu bringen. „Wir sind der Meinung, dass die Einmischung von Unternehmen in das Privatleben der Arbeitnehmer begrenzt werden muss, indem die entsprechenden Punkte in der derzeitigen Regelung gestrichen werden, die u.a. vorsehen, dass ein Arbeitgeber Zugang zum Telearbeitsplatz haben kann.“ 

In Bezug auf die Arbeitszeit erinnert Rommes daran, dass die formelle Einführung eines Rechts auf Abschaltung über den Bereich der Telearbeit allein hinausgeht und daher nicht zum derzeitigen Aufgabenbereich des CES gehört. Es gilt demnach die gesetzliche Überstundenregelung. Und: „Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass der Ausnahmecharakter von Überstunden auch für Telearbeiter strikt eingehalten wird“, sagt Christophe Knebeler vom LCGB und Berichterstatter der Arbeitsgruppe. 

Rechtlicher Rahmen muss verbessert werden

Auch Grenzgänger sollen künftig mehr Heimarbeit verrichten dürfen. Die Vertreter des CES wünschen sich, dass die entsprechende Toleranzgrenze in den drei Nachbarländern auf 55 Tage pro Jahr erhöht wird. 


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In Luxemburg wird die Heimarbeit in einer Rahmenvereinbarung geregelt, die am 21. Februar 2006 zwischen der Union des entreprises luxembourgeoises (UEL) auf der einen Seite und den Gewerkschaften OGBL und LCGB auf der anderen Seite unterzeichnet wurde. Dieses Rahmenabkommen wurde zweimal verlängert – 2011 und 2015 – und am 15. März 2016 durch eine großherzogliche Verordnung für allgemein verbindlich erklärt. In Zeiten der Digitalisierung und angesichts der gegenwärtigen Corona-Krise sei eine Überprüfung des rechtlichen Rahmens dringend erforderlich, so Jean-Jacques Rommes. 

Und: „Die gute Nachricht ist, dass alle Sozialpartner darüber einig sind, was wir erreichen wollen. Im Anschluss unseres Gutachtens haben wir daher einen Textvorschlag angehängt, der die derzeitige Vereinbarung ersetzen könnte“.

Laut Christophe Knebeler sind rein theoretisch fünfzig Prozent aller Arbeitsstellen in Luxemburg für Heimarbeit geeignet. Entgegen der weit verbreiteten Meinung trägt Heimarbeit nicht wesentlich zur Entlastung der Umwelt bei. „Der Verkehr geht nicht drastisch zurück, sondern die Fahrten und Bewegungen verschieben sich. Der Vorteil von Heimarbeit geht also eher in Richtung Wohlbefinden der Mitarbeiter als in Richtung Umweltschutz“, fügt er hinzu. 

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