Wählen Sie Ihre Nachrichten​

Wenn das Elektroauto den Verbrenner ersetzt
Wirtschaft 4 Min. 22.03.2021 Aus unserem online-Archiv

Wenn das Elektroauto den Verbrenner ersetzt

Wer in Luxemburg an den Chargy-Stationen tankt, tankt „grünen“ Strom. Europaweit werden derzeit 62 Prozent des Stroms aus Atomkraft, Kohle und Gas hergestellt.

Wenn das Elektroauto den Verbrenner ersetzt

Wer in Luxemburg an den Chargy-Stationen tankt, tankt „grünen“ Strom. Europaweit werden derzeit 62 Prozent des Stroms aus Atomkraft, Kohle und Gas hergestellt.
Foto: Guy Jallay
Wirtschaft 4 Min. 22.03.2021 Aus unserem online-Archiv

Wenn das Elektroauto den Verbrenner ersetzt

Marco MENG
Marco MENG
Elektromobilität macht Sinn, sagt die Agentur myenergy – unter bestimmten Bedingungen. Reichweiten werden höher, Batterien recycelt, nur die Menge an grünem Strom muss mehr werden.

Das Aus für Verbrennungsmotoren ist besiegelt. Der Siegeszug der Elektromobilität scheint nicht aufzuhalten zu sein. Doch woher soll der viele Strom kommen, der gebraucht wird, wenn alle elektrisch fahren, und wie sehr wird die Umwelt zerstört durch die energieintensive Produktion von Elektrobatterien und den Abbau ihrer Bestandteile, vor allem Kobalt und Lithium? Diese Fragen beschäftigt derzeit nicht nur die Autoindustrie und Politik. 

Ob die Strommenge für eine elektrische Zukunft der Mobilität ausreicht, wird auch im aktuellen nationalen Energie- und Klimaplan angerissen, ein Fahrplan, der bis 2030 umgesetzt werden soll und der die Verringerung der Treibhausgasemissionen um minus 55 Prozent gegenüber 2005, die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch auf 25 Prozent (2017 waren es 6,38 Prozent) und die Steigerung der Energieeffizienz auf bis zu 44 Prozent als Ziele vorgibt. 

Darin wird kalkuliert, dass der Strombedarf in Luxemburg jährlich um etwa ein Prozent steigt und der Anteil des Verkehrssektors am Strombedarf 2040 gut elf Prozent ausmacht. Dem zugrunde liegt die Zielmarke von 49 Prozent an E- und Hybridautos am Luxemburger Fahrzeugbestand (bis 2030). 

Der Ausbau der Stromquellen, so myenergy, sollte darum zusammen mit der E-Mobilität gedacht werden. Die staatliche Energieagentur hat sich auf die Fahne geschrieben, den nachhaltigen Energiewandel anzutreiben und die verschiedenen Akteure von privaten Haushalten über Gemeinden, Unternehmen sowie die betroffenen Sektoren dabei zu begleiten. 

Myenergy sieht Synergieeffekte, indem eben die Elektromobilität mit dem Gebäude verbunden wird. So kann ein weiteres Ziel erreicht werden: der Ausbau der dezentralen Energiegewinnung. Das Ideal sind Besitzer von Elektroautos, die mit dem eigenen Solarstrom die Batterie betanken. Nichtsdestotrotz wird Luxemburg als kleines Land immer Strom importieren müssen; letztes Jahr wurde 85 Prozent des Stroms nach Luxemburg eingeführt. 

Die nationale Produktion wird zwar durch den Ausbau erneuerbarer Energiequellen eine leichte Zunahme erfahren, aber die Stromabhängigkeit bleibt. Ob letztlich genügend Strom vorhanden sein wird - und vor allem grüner Strom, denn ohne ihn macht Elektromobilität keinen Sinn -, ist also eine gesamteuropäische Frage.

Reichweitenangst 

Was viele vor dem Kauf eines Elektroautos abhält, sind die eingeschränkte Reichweite und das lange Aufladen an der Tankstelle: denn das Stromtanken dauert deutlich länger. Auch deswegen, so myenergy, seien dezentrale Auflademöglichkeiten, ob zuhause, am Arbeitsplatz oder dem Parkplatz, wichtig.

Zwar gibt es auch die Möglichkeit, mit Schnellladegeräten zu tanken, diese mindern allerdings die Lebensdauer der Elektrobatterie. Stets also nur an Schnellladesäulen zu tanken ist falsch. 


TOPSHOT - Motor vehicles drive on the 101 freeway in Los Angeles, California on September 17, 2019. - US President Donald Trump is expected to revoke a decades-old rule that empowers California to set tougher car emissions standards than those required by the federal government. (Photo by Robyn Beck / AFP)
ADAC erklärt Erdgas zum Autoantrieb mit bester Klimabilanz
Eine Studie im Auftrag des deutschen Automobilclubs hat erstaunlicherweise nicht die Elektromobilität als am wenigsten umweltschädlich identifiziert.

Fenn Faber, Directeur adjoint von myenergy: „Zur Frage, ob das Stromnetz die gleichzeitigen Ladevorgänge abdecken kann, wissen wir von Creos, dass die heutige Gestaltung des Netzes erlaubt, dass 50 Prozent der Haushalte heute schon ein Elektrofahrzeug besitzen kann. Dennoch: würden alle in einer Straße gleichzeitig die Batterien ihrer E-Autos laden, kann das lokal zu Herausforderungen führen.“ 

Dafür wurden aber die technischen Anschlussbedingungen der Netzbetreiber so angepasst, dass in solchen Fällen die Netzbetreiber die Kapazitäten von Ladesäulen in Zukunft drosseln können. Bei größeren Gebäuden ermöglicht intelligentes Lademanagement darüber hinaus eine Optimierung der verfügbaren Ladeleistung. 

Autoverkäufer werden vielleicht in Zukunft darum nicht einzelne Autos, sondern Mobilität verkaufen, was heißt, zum verkauften Elektroauto gehören Aufladelösungen dazu oder auch die Möglichkeit, ein anderes Fortbewegungsmittel mit höherer Reichweite zu bestimmten Zeiten als „Gesamtpaket“ zu bekommen. „Das wird in den nächsten Jahren stärker kommen“, so Faber. 

Was die Frage der Reichweite von E-Autos betrifft, so wurden die in den letzten Jahren deutlich gesteigert. Dem sind aber auch Grenzen gesetzt, denn je größer die Reichweite, umso schwerer die Batterie. Zumindest bei der Technologie, die wir heute haben. Während manche die eine Fahrt pro Jahr nach Südfrankreich als Maßstab nehmen, werden Autos in Luxemburg im Durchschnitt aber nur 40 Kilometer pro Tag gefahren. 

Die Umweltbilanz der Batterieherstellung bleibt ein Problem: allerdings wird auch bei der Förderung von Erdöl Umwelt zerstört. Zwar fange das E-Auto wegen der Batterie mit einem gewissen CO2-Rucksack an, aber „über die gesamte Lebenszeit betrachtet hat das Elektroauto die bessere Ökobilanz als der Verbrennungsmotor“, so Gilbert Théato, Direktor on myenergy. Man muss hinzufügen: sofern grüner Strom getankt wird

Auch bei den Batterien sei der Optimisierungsbedarf von den Herstellern erkannt worden: die Recyclingquoten der Batteriebestandteile werden gesteigert. Myenergy bietet in Zusammenarbeit mit dem MIT (Massachusetts Institute of Technology) auf der Webseite carboncounter.lu auch ein Tool an, wo sich jeder, gemäß seiner Bedürfnisse, die verfügbaren Automodelle anhand deren CO2-Fußabdruck, Energieeffizienz sowie Kosten im Hinblick auf den gesamten Lebenszyklus berechnen lassen kann. 

Wird durch die Fokussierung auf Elektroantriebe nicht die Entwicklung alternativer Antriebe wie zum Beispiel mit synthetischen Kraftstoffen, versäumt? „Die Entwicklungen laufen parallel”, sagt Théato. „Die Wasserstofftechnologie ist allerdings mit starken Wirkungsgradverlusten behaftet.“ 

Für Autos eher ungeeignet laufen die Entwicklungen bei dieser Antriebsart eher in die Richtung von größeren Nutzfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen. Laut Klimaplan der Regierung soll eine Strategie zur Nutzung von nachhaltigen Biokraftstoffen erarbeitet werden. Myenergy hat kürzlich auf ihrer Website auch ein Tool veröffentlicht, das die gängigsten Modelle an Ladesäulen vorstellt und anhand von Kriterien unter anderem im Hinblick auf die staatlichen Förderungen miteinander zu vergleichen erlaubt.

Folgen Sie uns auf Facebook, Twitter und Instagram und abonnieren Sie unseren Newsletter.


Lesen Sie mehr zu diesem Thema

Wer ein Auto mit Elektromotor kauft, bekommt einen staatlichen Zuschuss. Am 31. März läuft das System aus - und wird danach durch ein neues ersetzt. Dann sollen Umwelt- und Sozialaspekte mehr berücksichtigt werden.
Lok , Osten , Mondorf les Bains , Station Chargy , Ladestation für Elektroautos , Foto:Guy Jallay/Luxemburger Wort
Der Verkehr ist für fast 30 Prozent der CO2-Emission in Europa verantwortlich. Die EU-Kommission will diesen Wert schon bis 2030 drastisch drücken. Auf die Autoindustrie warten ehrgeizige Vorgaben.
25.1. Luxemburg-Stadt / Feinstaub Verschmutzung durch Verkehr und Heizungen / Auspuff, Auto ,Verkehr Foto:Guy Jallay
Ende des Jahres beginnt die ID.-Produktion in Zwickau, der Verkaufsstart ist für das zweite Quartal des nächsten Jahres geplant. Volkswagen läutet mit seiner neuen Elektro-Autoserie „ID.“ eine neue Ära ein.