Wale als Cargolux-Fluggäste
Wale als Cargolux-Fluggäste
Vor Island entsteht das erste Freiwasserreservat der Welt für Weißwale als Auffang- und Schutzstation. Die beiden Beluga-Wale Little Grey und Little White, die einst „Attraktion“ im Changfeng Ocean World-Park bei Shanghai waren, sollen dort mithilfe von Cargolux eine neue Heimat finden.
Als die Luxemburger Luftfrachtgesellschaft am Montag in ihrem riesigen Wartungs-Hangar am Findel das Flugzeug präsentierte, mit dem im April zwei Beluga-Wale transportiert werden sollen, war das internationale Medieninteresse groß.
Cargolux hatte im Januar angekündigt, zwei Belugas in Zusammenarbeit mit der Organisation „Sea Life Trust“ und dem „Whale and Dolphin Conservation“ (WDC) von Shanghai nach Island zu transportieren, wo sie in einer dafür bereitgestellten Bucht ausgesetzt werden. Rob Hicks vom Sea Life Conservation: „Wir haben viele Jahre auf dieses Projekt hingearbeitet, um den passenden Platz für Little Grey und Little White zu finden.“
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Die Tierschutzorganisation kämpft gegen die Haltung von Walen und Delphinen in sogenannten Aquarien zur Massenbelustigung. 2012 wechselte der Wasserpark in China den Besitzer; seitdem suchte man für die beiden Belugas ein artgerechtes Refugium.
Auf Nachfrage, was der Transport der beiden Meeressäuger von China nach Island kostet, will Cargolux-Chef Richard Forson keine Zahl nennen. Der Lufttransport wird vom Luftfrachtunternehmen übernommen und ist eine Spende an die Tierschutzorganisationen.
„Das Projekt liegt mir sehr am Herzen und ist hochkomplex“, sagt Forson. „Der Flug selbst wird etwa zwölf Stunden dauern, während die Arbeit an dem gesamten Projekt Monate dauerte.“
Die gesamte Reise per Lastwagen, Flugzeug und Fähre von Shanghai bis in die Bucht vor Island wird etwa 24 Stunden dauern.
Tiere als Luftfracht
Weltweit befinden sich nicht nur permanent eine Million Menschen in der Luft, es werden jährlich auch mehr als 100 Millionen tierische Fluggäste transportiert.
Der Transport von Tieren ist aber auch eine heikle Sache. Normalerweise transportiert Cargolux vor allem Reitpferde, zum Beispiel zu Turnieren. Letztes Jahr flog Cargolux insgesamt 4 465 Tonnen lebende Tiere; Pferde machten dabei etwa die Hälfte des gesamten Volumens aus.
Die Zahl der transportierte Pferde stieg seit dem Jahr 2000 bis heute um 30 Prozent. In den 1990er Jahren transportierte Cargolux aber auch einmal einen Orca-Wal. Damals war es ein Transport zu einem Meeres-Themenpark. Etwas, das die Luftfrachtgesellschaft heute nicht mehr machen würde.
„Selbst einen Transport von Tieren von Zoo zu Zoo machen wir nur noch, wenn es dazu dient, die Tierart zu erhalten“, sagt Firmenchef Forson. 2008 hat sich das Unternehmen Richtlinien gegeben, wonach Cargolux keine gefangenen Wildtiere transportiert, genauso wenig Tiere, die für die Laborforschung bestimmt sind oder Jagdtrophäen.
Seit etwa 45 Jahren fliegt Cargolux lebende Tiere. 2014 hatte Cargolux eine Reihe von speziellen Transportlösungen entwickelt, darunter eine speziell für lebende Tiere.
„Unsere Flotte von speziell gebauten Frachtschiffen verfügt über vier verschiedene Temperaturzonen, um sicherzustellen, dass die Tiere sich wohlfühlen“, teilt die Gesellschaft dazu mit. Im Laufe der Jahre hat Cargolux viele verschiedene Arten an Bord seiner Flüge gesehen, von Schildkröten bis hin zu Elefanten.
Bis zu 90 Pferde finden in den 747-Boeings von Cargolux Platz. Die 32 000 Quadratmeter große Bucht vor Island, die insgesamt Platz für bis zu zwölf Belugas hat, wird laut Rob Lott von der britischen Tierschutzorganisation Whale and Dolphin Conservation (WDC) von der isländischen Gemeinde der dem WDC und der Umweltschutz-Stiftung Sea Life Trust kostenlos für die Wale zur Verfügung gestellt.
Letzte Vorbereitungen laufen
Die Bucht ist mit einem Netz vom offenen Meer abgetrennt, da die Wale für eine völlige Auswilderung zu lange in Gefangenschaft waren. Marc Roveri, Head of Global Customer Services bei Cargolux erklärt, dass jeder Wal in seiner eigenen rund drei mal sechs Meter großen, mit Wasser gefüllten Box transportiert wird.
„Haben wir die Reisehöhe erreicht, wird der Deckel der Boxen entfernt, sodass sich die Tierpfleger um die Tiere während des ganzen Flugs kümmern können.“ Die beiden Wale werden die einzige „Fracht“ an Bord sein. „Es kann höchstens sein, dass aus Balance-Gründen die ein oder andere Palette dazu gestellt wird.“
Die beiden Beluga-Weibchen haben jeweils zwei Veterinäre zur Betreuung während des Flugs. Hinzu kommt von Cargolux jemand, der die Fracht überwacht, sowie drei Piloten, die den Walen „einen möglichst sanften Flug“ bieten wollen, wie der Pilot Claude Konsbrück sagt. Nach der Landung im isländischen Keflavik geht es dann mit dem Lastwagen zur Küste und anschließend mit der Fähre an die Vestmannaeyar-Bucht bei der Insel Heimaey.
Derzeit absolvieren die beiden Wale ein spezielles Trainingsprogramm, womit sie auf die Reise vorbereitet werden. Da das Wasser im Nordatlantik viel kälter ist als die Belugas es in ihrer bisherigen unnatürlichen Umgebung bislang gewohnt waren, müssen sie Fett zulegen und sich an kälteres Wasser gewöhnen. Die zwölf Jahre alten Belguas sind jeweils rund 900 Kilo schwer, vier Meter lang und haben eine Lebenserwartung von bis zu 60 Jahren.
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