Vier gegen zwei Düsen
Vier gegen zwei Düsen
Seit der Übernahme von 35 Prozent der Anteile von Cargolux durch Qatar Airways im September 2011 ist die Flottenpolitik der bedeutendsten Airline Luxemburgs wieder verstärkt in den Blickpunkt gerückt. Der langfristigen Cargolux-Strategie, mit viermotorigen Frachtjumbos zu trumpfen, steht der Ansatz von Qatar Airways Cargo gegenüber, mit zweistrahligen „Triple Sevens“ effizienter in die Reichweite zu gehen.
Für beide Ansätze gibt es stichhaltige Argumente. Ob es künftig zu einer Verschmelzung der Philosophien kommt, hängt auch von der weiteren Entwicklung des weltweiten Frachtfluggeschäfts ab.
Hinter der Kontinuität verbirgt sich manchmal mehr Wandel, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Seit Jahrzehnten bestimmt Cargolux mit seinen Frachtjumbos der Boeing-Baureihe 747 das Geschehen auf dem Flughafen Luxemburg-Findel. Unverkennbar sind die Maschinen wegen ihrer aufklappbaren Fronttüren. Von der Seite betrachtet entsteht leicht der Eindruck, die Frachtjumbos würden die verladenen Paletten verschlingen. Und doch hat ein Frachtjumbo vom Typ Boeing 747-200F, den Cargolux von 1979 an betrieb, mit der neuesten Version des Flugzeugs – der Boeing 747-8F – außer der Form kaum noch etwas gemeinsam.
Teure Flugzeuge
Was in den Achtzigern noch akzeptabel war, würde heute weite Teile der Einwohner der Hauptstadt und des Umlandes gegen die Frachtfliegerei aufbringen: der Schallpegel der startenden Flugzeuge. Dank gewaltiger Fortschritte bei der Triebwerkstechnologie weist die 747-8F einen um ein vielfaches geringeren Lärmteppich auf als die 747-200F. Auch im Vergleich zur nun in die Jahre kommenden, aber noch im Einsatz ab und nach Luxemburg stehenden 747-400F macht die 747-8F rund 30 Prozent weniger Krach.
Kaum ein Wirtschaftszweig reagiert so sensibel auf Konjunkturschwankungen im Welthandel wie die Luftfracht. Und kaum eine Branche hat sich im Zuge der Globalisierung so verändert wie die Beförderung von Waren mit Flugzeugen. In diesem Umfeld nimmt Cargolux eine Sonderstellung ein: Die auf Findel ansässige Airline gehört zu den wenigen Nurfrachtgesellschaften. Und die mit dieser Strategie in der Vergangenheit so gut gefahren war, dass sie sich im Laufe der Jahre zu einer „Premium-Cargo-Airline“ entwickelt hat, die nicht mehr gebrauchte Passagiermaschinen zu Frachtern umrüsten läßt, sondern neue, eigens für die Luftfracht gebaute Flugzeuge direkt bei Boeing in Seattle ersteht.
Bis vor wenigen Jahren war es in der Branche üblich, alte Passagierflugzeuge zu Frachtern umzurüsten. Noch heute sind die Preisunterschiede beträchtlich: Eine aus dem Passagierdienst ausgemusterte 747-400 ist inklusive Umrüstung zum Frachter für rund 60 Millionen US-Dollar zu haben. Eine neue 747-8F kostet rund fünf Mal so viel.
Die 747: ein Auslaufmodell?
Als Cargolux im November 2005 lange vor der Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers die 747-8F bestellte, dürften die damaligen Manager der Airline vieles erwartet haben. Aber wahrscheinlich nicht, dass von 2011 an die aufstrebende Qatar Airways als bedeutender Anteilseigner ein gewichtiges Wort bei der Firmenstrategie mitzureden hätte.
Und dass die 747 so schnell zu einem Auslaufmodell unter den Verkehrsflugzeugen werden würde. Denn das Konzept, dass Langstreckenflugzeuge mit vier Motoren unterwegs sind, stammt aus den sechziger Jahren. Damals war die Anfälligkeit der Antriebe viel höher. Mittlerweile tendiert dieses bei Airliner-Triebwerken gegen null. Zwar hat Airbus erst vor kurzem mit der A380-800 einen Vierstrahler entwickelt. Doch die heutige A380 ist lediglich eine Vorlage für künftige, gestreckte Versionen, die bedeutend größer sind als Boeings 747.
Stattdessen setzen die meisten Airlines in Zeiten teuren Kerosins und technischer Reife der Triebwerke auch auf der Langstrecke auf Zweistrahler. Kein Flugzeug symbolisiert den Siegeszug dieses Konzepts so wie die Boeing 777. Viele Luftfracht-Insider sehen die 777F als den wahren Nachfolger der 747-400F. Die auch von Qatar Airways Cargo eingesetzte „Triple Seven“ fliegt deutlich weiter als die 747-8F, kann aber nur seitlich beladen werden. Die Frage, ob im Rahmen der Cargolux-Qatar Airways-Kooperation nicht mehr 777-Frachter ab Luxemburg zum Einsatz kommen und gleichzeitig die neuen Cargolux-Frachter nicht parallel verstärkt von Doha aus starten könnten, dürfte die beiden Airlines vor diesem Hintergrund nicht nur vorübergehend beschäftigen.
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