Stillschweigen zu Liberty Steel vereinbart
Stillschweigen zu Liberty Steel vereinbart
Die Lage ist ernst. Das erkennt man nicht zuletzt daran, dass die Mitglieder der Wirtschaftskommission der Chamber, denen Donnerstag früh Wirtschaftsminister Franz Fayot zum Dossier Liberty Steel Rede und Antwort stand, zum Stillschweigen über den Inhalt verpflichtet wurden.
Nachfragen beim Wirtschaftsministerium bringen auch keine Klarheit. Dort ist man offensichtlich fieberhaft dabei, Rettungsmöglichkeiten für den Standort Düdelingen auszuloten.
Die Frage, die man sich im Wirtschaftsministerium wahrscheinlich ebenso stellt: Ist es möglich, dass ArcelorMittal die Werke in Lüttich und Düdelingen wieder zurückkauft? Seinerzeit hatte der Konzern diese Standorte verkaufen müssen, um in Italien das Werk Ilva übernehmen zu dürfen. Letztendlich übernimmt ArcelorMittal Ilva aber nur zu 40 Prozent, den Rest behält der italienische Staat. Doch selbst wenn ArcelorMittal zurückkaufen wollte, bedürfte es dazu einer Genehmigung aus Brüssel. Derweil zerrinnt die Zeit.
Nähere Auskünfte waren am Donnerstag von Liberty Steel selbst nicht zu erhalten. Die Situation sei angespannt und könne schnell aus dem Gleichgewicht kommen, so Roland Junck, Interim-Chef von Liberty Steel Europe nur.
Bangen um das Unternehmen Liberty Liège-Dudelange
Seit im März der Hauptfinanzier Greensill in Konkurs ging, sucht die GFG Alliance, zu der Liberty Steel gehört, bislang vergebens nach neuen Investoren. Auch für die fast 760 Mitarbeiter von Liberty Steel im Lütticher Becken, in Tilleur und Flémalle, wird die Situation brenzliger.
Der Standort in Lüttich war vor zwei Wochen nur mehr zu etwa 40 Prozent ausgelastet. Das Unternehmen hat das Handelsgericht Lüttich gebeten, einen Mediator zu ernennen, um mögliche Investoren zu finden. Die ehemaligen ArcelorMittal-Werke in Lüttich und im luxemburgischen Düdelingen mit etwa 200 Mitarbeitern gehören nicht nur als ein Unternehmen zusammen, sondern sind auch wirtschaftlich voneinander abhängig.
Belgien und Luxemburg könnten zwar in einer gemeinsamen Kraftanstrengung die Werke vorerst retten, aber nicht den Gesamtkonzern GFG. Die britische Regierung hatte einen Antrag des Konzerns über eine Nothilfe von rund 195 Millionen Euro jüngst verworfen, während der britische Industrieminister Kwasi Kwarteng das Risiko von Werksschließungen eingesteht. Nicht genug damit kommt noch ein weiteres Problem auf Liberty Steel zu, denn nach einem Bericht des „Daily Telegraph“ verklagt der Stahlkonzern Tata den Rivalen Liberty Steel wegen unbezahlter Schulden. 2017 hatte Liberty das britische Spezialstahlgeschäft von Tata im Wert von 100 Millionen Pfund übernommen und wäre mit der Zahlung im Verzug.
„Brüssel muss Wettbewerbsrecht dringend reformieren“
Welche Pläne die Luxemburger Regierung in Bezug auf den angeschlagenen Stahlhersteller hat, ist vorerst also nicht zu erfahren, der Abgeordnete Laurent Mosar (CSV) betont aber, eine Lektion müsse sein, dass die Europäische Union dringend ihr Wettbewerbsrecht reformiert.
In unserem Interesse sollte doch sein, dass regional produziert wird.
„Wir sind dabei, unsere Industrie abzubauen und unsere Unternehmen zu bremsen, wovon dann außereuropäische profitieren“, so Mosar. „In unserem Interesse sollte doch sein, dass regional produziert wird, statt dass wir von der Industrie außerhalb Europas abhängig sind.“
Nun zeichne sich ab, dass Investoren das Risiko scheuen mit dem Ergebnis, dass GFG zusammenbricht. Dann würden andere Stahlhersteller die profitablen Teile des Konzerns mit seinen immerhin mehr als 30.000 Mitarbeitern in Europa aufkaufen – sofern sie wettbewerbsrechtlich die Genehmigung der EU-Kommission dazu erhalten. Darunter dann wohl auch Düdelingen. „Der Standort ist ja gesund“, so Mosar.
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