Soziale Verantwortung geht vor
Soziale Verantwortung geht vor
Sozial- und Solidarwirtschaft entwickelt sich zu einer obersten Priorität in Luxemburg: Die gut besuchte Veranstaltung „D'Zukunft vun der Sozial- a Solidarwirtschaft zu Lëtzebuerg“ am Dienstag im Trifolion in Echternach beweist, wie viele Akteure sich mit dem Thema bereits befassen. „Wie kann man die positive Dynamik im Bereich der Sozialwirtschaft, die wir in Luxemburg schon seit einigen Jahren beobachten, weiter entwickeln und stärken?“ umriss Nicolas Schmit, Minister für Arbeit und Beschäftigung sowie Sozial- und Solidarwirtschaft, den Anlass des Treffens.
Eingeladen war Nicolas Hazard, Gründer des französischen Unternehmens „Inco“. Der Finanzexperte ist mit dem Thema Sozial- und Solidarwirtschaft bestens vertraut, da er durch seine Firma in kleineren aber auch großen Unternehmen investiert, die sozialwirtschaftlich tätig sind. „Die Herausforderungen unserer Welt – Klimawandel, knappe natürliche Ressourcen und wachsende Ungleichheiten – verlangen nach neuen wirtschaftlichen Ansätzen. Wir arbeiten für eine Wirtschaft, die sowohl sozial integrativ als auch nachhaltig ist“, erklärt Hazard. Sein Unternehmen unterstützt nach eigenen Angaben mehr als 500 Start-ups pro Jahr in mehr als 20 Ländern.
Hazard, den es beruflich oft nach Luxemburg verschlägt, stellt fest, dass „sich die Solidarwirtschaft in Luxemburg in den vergangenen Jahren stark entwickelt hat – etwa durch neue Gesetze oder durch neue Initiativen wie „6zéro1“.“ Dabei handelt es sich um einen Inkubator, der andere neu gegründete Unternehmen unterstützt und betreut.
„Die Regierung hat sich auch dafür eingesetzt, das Thema der Solidarwirtschaft auf die europäische Tagesordnung zu bringen“, so Hazard. Die Sozialwirtschaft ist eine weltweite Bewegung; Luxemburg ist ein Vorbild für andere Länder.“
Aber es gibt noch Luft nach oben. Darauf weist der französische Finanzexperte hin. Ihm ist der Begriff „glocal“ wichtig – ein Wortspiel aus „global“ und „local“. Was gemeint ist: „Die Initiativen zur Unterstützung der Sozialwirtschaft werden von den Bürgern kommen. Die Rolle der Regierungen ist es, die lokalen Gemeinschaften zu stärken, ihnen die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen.“
Drei Fragen an: Nicolas Schmit
Nicolas Schmit (LSAP) ist Minister für Arbeit und Beschäftigung sowie Sozial- und Solidarwirtschaft. Während dieser Legislaturperiode wurde 2016 das Gesetz über die „Sociétés d'impact sociétal“ (SIS) verabschiedet und 2017 der erste Inkubator für soziale Unternehmen, „6zéro1“, gegründet.
1. Herr Minister, was verstehen Sie unter Sozialwirtschaft?
Sozialwirtschaft ist ein wirtschaftliches Modell, das sich in vielen Bereichen entwickeln kann. Es basiert auf einer Reihe von Prinzipien: Hauptzweck der Sozialwirtschaft ist es nicht, Gewinn zu machen, sondern einen sozialen Effekt zu haben. Die Gewinne einer wirtschaftlichen Aktivität werden also in soziale Tätigkeiten reinvestiert. Es gibt aber auch gemischte Unternehmensformen, bei denen nur ein Teil der Gewinne in die Sozialwirtschaft investiert werden.
2. Welche Tätigkeiten kann man als sozial einstufen?
„Sozialer Effekt“ muss im breiten Sinne verstanden werden. Der soziale Gedanke kann sich in vielen Bereichen auswirken: Umwelt, Arbeitslosigkeit, Jugendbeschäftigung, Unterstützung von Menschen mit Behinderungen, Förderung der Gleichheit zwischen Mann und Frau. Allerdings ist es wichtig, dass in den sozialwirtschaftlichen Unternehmen ein klar identifizierbares Ziel festgelegt wird und dieser Einfluss auch messbar ist.
3. Wie sollte sich die Solidar- und Sozialwirtschaft in der kommenden Legislaturperiode entwickeln?
Ich werde der Solidar- und Sozialwirtschaft keine Vorschriften machen, in welche Richtung sie sich entwickeln soll. Es gibt viele Möglichkeiten. Aber: Unsere Leitinitiativen in diesem Bereich müssen weiter entwickelt und gestärkt werden. Es gibt noch sehr viele sozialwirtschaftliche Unternehmen, die die Rechtsform einer Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht haben. Wir sind der Meinung, dass eine solche Rechtsform für die zukünftige Entwicklung der Sozialwirtschaft nicht das Richtige ist. Wir müssen diesen Unternehmen einen neuen Entwicklungsraum bieten. Das können sie nur bekommen, wenn sie sich als wirtschaftliches – sprich mit einer Gewinnerzielungsabsicht – Unternehmen definieren.
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