So steht es um die Solarwende in Luxemburg
So steht es um die Solarwende in Luxemburg
Solarmodule „Made in Luxembourg“ werden bald Realität: Am Mittwoch stellten Wirtschaftsminister Franz Fayot und Energieminister Claude Turmes das neu gegründete Joint Venture Solarcells vor, das in Luxemburg-Hollerich Fotovoltaikmodule herstellen will. Das Unternehmen wurde von der luxemburgischen Socom-Gruppe und dem belgischen Solarmodulhersteller Evocells ins Leben gerufen.
Die Gründung dieses Joint Ventures ist ein weiteres Puzzleteil der „Solaroffensive“ des Großherzogtums. Ein Ausdruck, den die Regierung selbst in ihrem Nationalen Energie- und Klimaplan für den Zeitraum 2021–2030 verwendet.
Seit einigen Jahren handelt es sich in der Tat um eine echte „Offensive“, da sich die Zahl der Installationen von Fotovoltaikanlagen im Land vervielfacht hat. Laut dem Institut luxembourgeois de régulation (ILR) haben Solartechnologien im Jahr 2021 fast die Hälfte der gesamten Stromerzeugungskapazität des Landes ausgemacht. Sechs Jahre zuvor waren es noch weniger als zwanzig Prozent.
Eine weniger produktive Technologie
Doch Vorsicht: Das bedeutet nicht, dass der Großteil des luxemburgischen Stroms aus Fotovoltaik stammt. Weit gefehlt.
Das Großherzogtum importierte 2021 noch 81,5 Prozent seines Stroms, insbesondere aus deutschen Kohlekraftwerken. Der in Luxemburg erzeugte Anteil liegt somit bei 18,5 Prozent. Nur 15 Prozent dieser in Luxemburg erzeugten und ins Netz eingespeisten Leistung stammen aus der Fotovoltaik. Das sind keine drei Prozent der Gesamt-Strommenge.*
Im Vergleich dazu haben Windkraft und Biomasse – aus organischen Stoffen gewonnene Energie – seit 2015 stärker zugelegt.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens, weil die Sonne eine intermittierende Energie ist. Das heißt: Sie ist nachts nicht produktiv und im Winter weniger produktiv als im Sommer. Zum anderen, weil ein Teil des Stroms für den Eigenverbrauch genutzt wird.
Wenn Sie bei sich zu Hause Solarmodule installieren, gibt es mehrere Möglichkeiten. Entweder verkaufen Sie die mit Ihrer Anlage erzeugte Energie weiter. Dann wird alles in das Stromnetz eingespeist. Oder Sie nutzen die Energie für Ihr Haus oder Ihre Gemeinde und verkaufen nur den eventuellen Überschuss.
Ein letzter Grund, warum die Fotovoltaik weniger produktiv erscheint, ist, dass einige Anlagen noch neu sind. Die interaktive Grafik oben zeigt, dass sich die Arbeitsleistung von Windkraftanlagen seit 2016 beschleunigt. Parallel steigt die Produktivität von Fotovoltaikanlagen langsamer. Dazu muss man sagen, dass der nationale Bestand an Solarmodulen vor 2018 jedes Jahr um etwa fünf Prozent wuchs, während es 2021 bereits 48 Prozent waren.
Verschiedene Subventionen
Es gibt mehrere Gründe für die wachsende Popularität der Solarenergie. Die öffentlichen Subventionen haben einen großen Anteil daran. Die staatliche Investitionsförderung beläuft sich auf 20 Prozent der Installationskosten und ist mit einem 15 Jahre lang garantierten Einspeisetarif verbunden. Die Zuschüsse für Anlagen zum Eigenverbrauch belaufen sich auf 62,5 Prozent (ohne garantierten Einspeisetarif).
Es ist auch möglich, Zuschüsse von den Gemeinden zu erhalten. So gewährt beispielsweise Luxemburg-Stadt eine Beihilfe in Höhe von 50 Prozent des staatlichen Zuschusses.
Seit 2021 müssen keine Steuern mehr auf Einkünfte aus der Überschussproduktion von Modulen mit einer Leistung von weniger als zehn Kilowatt-Peak (KWp), der Maßeinheit für ihre maximale Leistung, entrichtet werden. Und seit dem 1. Januar ist die Mehrwertsteuer auf Solarpaneelen von 17 auf drei Prozent gesunken.
Im vergangenen Jahr landeten insgesamt 843 Förderanträge für Solarmodule beim Umweltministerium. Insgesamt wurden „548 Anträge mit einer Summe von 1,94 Millionen Euro erledigt“, so das Ministerium auf LW-Nachfrage.
Seit 2017 ist der Zustrom an Anträgen im Übrigen so groß, dass er die mit der Bearbeitung der Akten betraute Behörde in Schwierigkeiten gebracht hat. Im November letzten Jahres wurde bekannt, dass sich die Auszahlung der Beihilfen verzögert. Von 3.000 Anträgen, die in den vergangenen fünf Jahren eingegangen sind, ist mehr als ein Viertel noch nicht bearbeitet worden.
Fotovoltaik einfacher zu installieren
Ein weiterer Vorteil der Fotovoltaik gegenüber Windkraft- oder Biomasseanlagen ist, dass sie sich leichter installieren lässt. Für eine Biogasanlage oder ein Windrad müssen oftmals Grundstücke „geopfert“ werden, während Solarpaneele auf Hausdächern, Parkplätzen oder sogar auf Feldern aufgestellt werden können. Weil landwirtschaftliche und urbanisierte Flächen mehr als die Hälfte der Landesfläche Luxemburgs ausmachen, sind die Ausgangsbedingungen für die Sonnenwende also ziemlich gut.
Das hat auch die Regierung erkannt. „Bis 2026 sollen zehn Prozent des jährlichen Stromverbrauchs in öffentlichen Gebäuden durch ihre eigenen Fotovoltaikanlagen gedeckt werden“, betonte Xavier Bettel in seiner Rede zur Lage der Nation am 11. Oktober 2022. Bisher sind nur 62 Gebäude tatsächlich so ausgestattet.
Eine Strategie der Standortverlagerung
Luxemburg hat auch ein wirtschaftliches Interesse an der Solarenergie. Durch die Ansiedlung von Unternehmen wie Solarcells kann die Abhängigkeit von asiatischen Ländern, die weltweit führend in der Herstellung von Fotovoltaikmodulen sind, verringert werden. Überdies verhindert der Ausbau der erneuerbaren Technologien die Abhängigkeit von Energieimporten.
Die Entscheidung, auf Solarenergie zu setzen, ist auch Teil der allgemeinen Entwicklung der grünen Wirtschaft in Luxemburg. Diese Strategie scheint erste Früchte zu tragen, da der Sektor im letzten Jahr gute Ergebnisse erzielte. Während der Pressekonferenz am Mittwoch deutete das Wirtschaftsministerium an, dass 15 weitere Investoren im Bereich der grünen Wirtschaft über eine Ansiedlung in Luxemburg diskutieren würden.
* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels wurde der Anteil des Solarstroms an der gesamten ins luxemburgische Netz eingespeisten Strommenge mit 15 Prozent angegeben. Er liegt aber niedriger. Wir haben den Fehler gegen 16.45 Uhr korrigiert und bitten um Entschuldigung. (tom)
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