Schrecksekunde bei italienischen Anleihen
Schrecksekunde bei italienischen Anleihen
Von LW-Korrespondent Adam Maliszewski
Die Regierungskoalition in Rom ist im Streit um die Verwendung der Hilfsgelder zerbrochen. Infolge der gestiegenen politischen Unsicherheit weitete sich der Risikoaufschlag zehnjähriger italienischer Staatsanleihen BTP gegenüber deutschen Anleihen in den fünf Handelstagen der zweiten Januarwoche um 13 Basispunkte aus. Tatsächlich machte sich der Markt kurzzeitig extreme Sorgen, der Abruf der Milliarden Euros aus dem europäischen Wiederaufbaufonds könnte kurzzeitig ins Stocken geraten.
Am Dienstag erklomm die Marktrendite der zehnjährigen BTP auch deshalb das Niveau von 0,64 Prozent. Gen Wochenschluss kam es durch Rückkäufe wieder zur Beruhigung der Lage. Stärkere, länger anhaltende Belastungen für die Märkte erwartet der Berufshandel nicht. Das Interesse der Regierungsparteien an Neuwahlen dürfte gering sein, da sie laut aktuellen Umfragen Wählerstimmen verlieren könnten. So benötige Italien dringend zur Bewältigung der Coronavirus-Folgen die aus dem EU-Wiederaufbaufonds avisierten Mittel über gut 200 Milliarden Euro. Eine „Hängepartie“ könnte die Überweisungen und damit auch die konjunkturelle Erholung in Italien verzögern. Die Chancen stehen gut, dass schnell eine Lösung für eine handlungsfähige italienische Regierung gefunden wird und die Auswirkungen für die Märkte begrenzt bleiben.
Stabilisierung der Staatsfinanzen
In Europa bieten die zehnjährigen BTPs die höchste laufende Verzinsung aller Staatspapiere. Damit repräsentiere der italienische Schuldtitel immer noch eine gute „Parkmöglichkeit“ für große Anlagevolumina.
Großer Mittelzuflüsse erfreut sich zum Jahresanfang der chinesische Staatsanleihenmarkt. Hier gingen die Renditen bei fünf- bis zehnjährigen Papieren um bis zu 16 Basispunkte zurück, bei der zweijährigen Laufzeit gar um 25 Basispunkte. China wird bei der Agentur S&P stabil mit einem Rating von „A+“ beurteilt. Die Zuflüsse reflektieren die jüngsten Handelsdaten und die Aussicht auf eine starke Stabilisierung der Staatsfinanzen. Zum Ausklang der Trump'schen Ägide erreichte die weltgrößte Volkswirtschaft einen neuen Rekordanstieg beim Handelsüberschuss.
Parallel zum Anstieg des Renminbi gegenüber dem Dollar schaffte China dennoch einen sprunghaften Überschuss auf Monatsbasis. Im Dezember betrug der Handelssaldo erstmals 78 Milliarden Dollar, beflügelt durch einen Zuwachs bei den Exporten um über 18 Prozent. „Da die Pandemie auf dem chinesischen Festland immer mehr unter Kontrolle gebracht wird, ziehe sowohl die Konsumneigung an, als auch die Chance auf eine deutliche Nachfragebelebung bei Dienstleistungen“, sagte Tao Wang, Chefökonomin der UBS Asia. Sie sieht im Zuge der globalen Konjunkturbelebung einen Wachstumsschub für chinesische Exporte 2021 um über zehn Prozent als das wahrscheinlichste Szenario an.
Die Zinsentwicklung und die Stabilität des einheimischen Kapitalmarktes basiert nicht nur auf der Akzeptanz für Staatspapiere und der grundlegenden Verfassung der Wirtschaft. In China wird insbesondere seit vier bis fünf Jahren die Situation der staatsnahen Banken und Versicherungsunternehmen von den Ratinginstituten beäugt.
Solide Haushaltspolitik
Seit dem ökonomischen Tiefpunkt im März, konnten sich insbesondere die staatsnahen Banken deutlich von den gestressten Bilanzen erholen und Refinanzierungen sichern. So haben inländische Käufer verstärkt im zweiten und dritten Quartal 2020 wieder Schuldpapiere dieser Finanzinstitute erworben. Das gelte als ein Zeichen für eine solide Haushaltspolitik in der Pandemie und wachsendes Vertrauen in das Finanzsystem, so die Natixis-Analystin Alicia Garcia-Herrero. Die schnelle Erholung der Wirtschaft habe das Übrige getan. In den ersten neun Monaten 2020 hätten die Netto-Zuflüsse in diesen Anleihemarkt 47 Milliarden US-Dollar ausgemacht, und damit deutlich die Volumina der Periode zwischen 2016 und 2019 übertroffen.
Durch die starke Nachfrage nach diesen Bonds konnten zügig – trotz Corona-Bedingungen – viele Finanzierungen bei Infrastrukturprojekten und allgemeinen öffentlichen Aufgaben angeschoben werden. Momentan betrage der Anteil ausländischer Geldgeber in diesem Marktsegment nach wie vor magere 3,5 Prozent des Ausgabevolumens; Natixis rechnet dennoch mit rasantem Wachstum in den kommenden Jahren.
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