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Der Luxemburger, der Moët Hennessy leitet
Wirtschaft 8 Min. 01.02.2023
Interview

Der Luxemburger, der Moët Hennessy leitet

Seit 2017 ist Philippe Schaus Präsident und geschäftsführender Generaldirektor von Moët Hennessy, dem Wein- und Spirituosengeschäft der LVMH-Gruppe.
Interview

Der Luxemburger, der Moët Hennessy leitet

Seit 2017 ist Philippe Schaus Präsident und geschäftsführender Generaldirektor von Moët Hennessy, dem Wein- und Spirituosengeschäft der LVMH-Gruppe.
Foto: Guy Jallay
Wirtschaft 8 Min. 01.02.2023
Interview

Der Luxemburger, der Moët Hennessy leitet

Marco MENG
Marco MENG
Wie viele junge Leute wusste Philippe Schaus als 18-Jähriger überhaupt nicht, was der Arbeitsmarkt bietet. Über Umwege kam er zum Luxusgüterkonzern LVMH.

Philippe Schaus, als Chef von Moët Hennessy trinken Sie zum Frühstück sicherlich stets Champagner?

Nein, zum Frühstück trinke ich keinen Champagner, obwohl wir tolle Champagnermarken haben, die ihren Platz als Aperitif haben oder abends im Club oder auch beim Essen. Eine Flasche Krug beim Fisch, das ist fantastisch. Ich genieße alle unsere Produkte, aber in Maßen.

Moët Hennessy gehört zum Konzern Moët Hennessy-Louis Vuitton (LVMH). Wie kamen Sie zu dem Unternehmen? Von Ihrer Ausbildung her war eigentlich ein ganz anderer Weg vorgegeben.

Das stimmt. Ich bin von der Ausbildung her eigentlich Flugbauingenieur, habe aber nie als Ingenieur gearbeitet. Meinen ersten Job hatte ich dann bei einer Bank, bei JP Morgan in Brüssel.

Wie kamen Sie auf Luft- und Raumfahrtingenieur?

Wie viele junge Leute wusste auch ich als 18-Jähriger eigentlich überhaupt nicht, was der Arbeitsmarkt bietet, welche Jobs es gibt. Ich habe das Ingenieursstudium angefangen, weil ich die Mathematik mochte und Physik und Maschinenbau, die Wissenschaften generell.

Vom reinen Ingenieursjob war ich nicht so begeistert.

Im Laufe des Studiums hat man dann über Praktika ein bisschen mehr verstanden, welche Jobs es gibt und ob die einem wirklich Spaß machen. Da war ich vom reinen Ingenieursjob nicht so begeistert und wandte mich dem Thema Banking zu. Das habe ich ein paar Jahre gemacht – und obwohl es ein toller Job, eine tolle Firma war, merkte ich, dass das eigentlich auch nicht das Richtige für mich war.

Und dann?

Darum habe ich den Master of Business Administration gemacht und kam so zur Boston Consulting Group nach München. Das war sehr interessant, weil ich da in verschiedene Unternehmen hineinsehen konnte. Eines Tages war ich mit einem Projekt befasst, bei dem es um die Restrukturierung einer Modemarke in der Schweiz ging. Das hat mir ungeheuer viel Spaß gemacht, weil mich das Thema fesselte: eine internationale Marke, Shops, Produktion, Design.

"Mein Ziel ist, dass unsere Marken auch noch in hundert Jahren existieren", sagt Philippe Schaus , CEO Moët Hennessy.
"Mein Ziel ist, dass unsere Marken auch noch in hundert Jahren existieren", sagt Philippe Schaus , CEO Moët Hennessy.
Foto: Guy Jallay

Über einen Bekannten von meinem Vater kam ich in Verbindung mit der Firma Villeroy & Boch und wurde dort Vertriebschef für den Bereich Tischkultur. Nachdem ich das rund neun Jahre gemacht hatte und dabei auch Filialen in Japan und China aufbaute, kam ich schließlich zu LVMH, wo ich jetzt seit 20 Jahren bin.

Wie genau kamen Sie dahin?

Durch einen Headhunter, der mich angesprochen hat. So wurde ich bei Louis Vuitton in Paris erst Vertriebschef für Europa, dann Vertriebs- und Distributionschef weltweit. Hier war ich maßgeblich am Ausbau unseres weltweiten Shop-Netzwerks, an der Modernisierung unserer Prozesse, aber auch an der Einführung neuer Kategorien wie etwa Schmuck beteiligt.

Aber auch dann hatten Sie irgendwann Lust, etwas anderes zu machen?

Ja, und LVMH hat mir angeboten, nach Hongkong zu gehen und die Leitung des Unternehmens DFS, also Duty Free Shoppers, zu übernehmen. DFS besteht aus Geschäften, die man zum Beispiel in den Flughäfen findet, aber auch aus Kaufhäusern in Tourismuszentren wie Hawaii, Okinawa, Singapur oder Guam, auch in Macau. Dafür bin ich dann nach Hongkong gezogen und habe das sechs Jahre lang gemacht. Wir haben DFS aus seiner Discount-Fokussierung rausgebracht und die luxuriöse Kaufhausmarke T-Galleria entwickelt.


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Warum verließen Sie dann Hongkong wieder?

LVMH hat mich zurückgebeten, um die Leitung von Moët Hennessy zu übernehmen, was ich vor fünf Jahren gemacht habe. Da bin ich jetzt, und immer noch glücklich.

Als Chef dieses Unternehmens sind Sie tatsächlich auch mal in Weinbergen?

Ich bin nicht der, der auswählt, welche Traubenart wo gepflanzt wird oder wie das Assemblage einer bestimmten Weinsorte aussieht. Aber ja, natürlich: Um meinen Job auszuführen, um das Unternehmen zu leiten, dafür muss ich verstehen, was meine Mitarbeiter tun. Bei der Traubenlese bin ich dann oft auch dabei. Was bei Moët Hennessy spannend ist: Wir gehen wirklich vom Boden bis zum Verbraucher. Allein in der Champagne besitzen wir 1.600 Hektar Rebflächen selbst, kaufen aber auch zusätzlich Trauben bei Partnern, die unabhängige Winzer sind. Das sind um die 2.000 Familienbetriebe, die beispielsweise schon seit Generationen Trauben an Veuve Clicquot oder Moët & Chandon verkaufen, jedes Jahr.

Bei der Traubenlese bin ich oft dabei.

Und gleiches gilt auch für die Provence, wo wir auch mit Château d’Esclans und Château du Galoupet unsere eigenen Weingüter haben, aber auch zusätzlich Trauben ähnlicher Qualität bei Nachbarwinzern einkaufen.

Hat sich bei der Produktion von Wein und Champagner etwas verändert?

Bei der Produktion ändert sich laufend was. So haben wir die Präzision im ganzen Produktionsprozess erhöht. Dazu haben wir unter anderem in die Temperaturkontrolle bei der Gärung investiert, wodurch die Temperatur in den Gärbehältern komplett gesteuert wird, was zu einer qualitativeren Gärung verhilft. Oder wir haben Maschinen, mit denen man ganz zuverlässig und präzise Trauben aus einer Lese aussortiert, damit man wirklich nur die allerbesten aus einem Weingut nimmt.

Da hat sich technologisch in den letzten Jahren einiges getan. Auch werden teilweise heute Trauben schon bei der Lese gekühlt, so dass sie nicht zu lange warm sind und der Gärungsprozess nicht bereits auf dem Feld anfängt. Alles, um den Gärungsprozess zu optimieren.

Auch möchte ich erwähnen, dass bei der Bearbeitung unserer Weinberge heute wesentlich umweltschonender vorgegangen wird als noch vor einigen Jahren. So sind wir zum Beispiel in der Champagne aus den Herbiziden und Insektiziden komplett ausgestiegen.

Hat sich auch beim Konsum etwas geändert?

Was den Verbrauch betrifft, so gibt es immer wieder Trends, zum Beispiel gibt es heute einen gewissen Tequila-Trend ausgehend von den USA. Wir selbst haben mit Volcan unsere eigene Tequilaria in Mexiko. Und in Europa spüren wir wieder einen Cognac-Trend, eine klare Traube, die in Eichenfässern ihre braune Farbe gewinnt. Auch die Nachfrage nach Champagner ist hoch, was dazu führt, dass wir manchmal sogar Lieferschwierigkeiten haben, weil die Produktion nun mal limitiert ist und nicht beliebig ausgeweitet werden kann. 

Manchmal haben wir sogar Lieferschwierigkeiten, weil die Produktion nun mal nicht beliebig ausgeweitet werden kann.

Die Erde gibt uns, was sie uns gibt. Letztes Jahr hatten wir eine sehr gute Ernte, dazu noch eine Rekordernte. Das Jahr davor wiederum war nicht so gut.

Champagner kann als Synonym für Luxus gelten. Was ist für Sie Luxus?

Was ist Luxus? Also, der größte Luxus ist natürlich Zeit. Für mich ist Luxus, wenn ich mir einen Spaziergang im Wald gönnen kann. Das ist für mich Luxus, das genieße ich. Aber natürlich sind auch der Genuss unserer Weine und Spirituosen etwas, was auch für mich immer noch zum Luxus gehört.

Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus? Und was ist die besondere Herausforderung für Sie?

Man ist immer nur so gut wie sein Team. Und es geht darum, dass man eine Kultur täglich vorlebt und versucht, Initiativergreifung, Empowerment, zu fördern. Man muss eine Vision haben, muss wissen, wo die Reise hingeht, man muss gewisse Standards haben und eine Kultur des Miteinanders. 

Wir haben etwa 25 verschiedene Marken und sind damit auch auf ganz verschiedenen Märkten. Und das ist meine tägliche Aufgabe: sicherzustellen, dass das alles zusammen funktioniert, dass wir die richtige Strategie haben, dass wir die richtige Kultur haben, dass wir die richtigen Leute haben und dass das Miteinander und die Zusammenarbeit sich richtig artikuliert, damit wir in allen Bereichen, in allen Märkten, mit allen Marken jeweils das Beste tun.

Und die Märkte sind sehr unterschiedlich?

O ja. Der belgische Markt ist nicht der niederländische. Der chinesische Markt ist nicht der koreanische, und der koreanische nicht der japanische, so wie sich auch der österreichische vom deutschen unterscheidet. Das heißt, man braucht gute Leute, die diese Märkte kennen und gute Beziehungen zu unseren Partnern haben. Wir haben ja gerade jetzt sehr gute Ergebnisse für 2022 gezeigt, ein Umsatzwachstum von 19 Prozent und auch ein Wachstum der Rentabilität von 16 Prozent. Das sind aber nur die Ergebnisse der Arbeit, die wir leisteten. Das ist der Output. Der Input sind die Teams, die Organisation, Innovation und alles, was ich machen kann, um die Begehrlichkeit meiner Produkte zu erhöhen.

Wohin wollen Sie das Unternehmen führen?

Als ich angetreten bin, habe ich mir als Ziel gesetzt, dass wir das Unternehmen verdoppeln innerhalb von zehn Jahren. Wie es aussieht, werden wir das in weniger als zehn Jahren erreicht haben. Abgesehen von diesem quantitativen Ziel ist es unser Anliegen, dass unsere Marken auch noch in hundert Jahren existieren. Wissen Sie, wir haben bei Moët Hennessy eine ganz besondere Beziehung zu Zeit. Wir produzieren heute Dom Perignon und Krug Champagner, den wir in den Keller legen und erst in 10, 20 oder 30 Jahren verkaufen. Ja, wir lagern heute bei Hennessy Fässer ein, die teilweise erst in 100 Jahren rausgenommen werden. 

Wir haben noch eaux de vie vom 19. Jahrhundert in den Kellern liegen.

Umgekehrt nehmen wir heute aus unseren Kellern „eaux de vie“, die vor 100 Jahren eingelagert wurden. Wir haben noch eaux de vie vom 19. Jahrhundert in den Kellern liegen, die teilweise genutzt werden, um ganz besondere Assemblages zu machen.

Und das Ziel ist wirklich, dass in 100 Jahren, wenn heute alltägliche Marken nicht mehr existieren werden, immer noch Champagner von Moët & Chandon, Cognac von Hennessy und Tequila von Volcan genossen wird. Diese Aufgabe werde ich irgendwann meinem Nachfolger übergeben, der sie seinem Nachfolger weitergeben wird. Das finde ich eine sehr motivierende Aufgabe.

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