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Paul Wurth nun komplett in deutscher Hand
Wirtschaft 3 Min. 21.04.2021 Aus unserem online-Archiv

Paul Wurth nun komplett in deutscher Hand

Der Standort Luxemburg soll globales Innovationszentrum für Metallurgie und Wasserstofftechnologie innerhalb der SMS Group werden.

Paul Wurth nun komplett in deutscher Hand

Der Standort Luxemburg soll globales Innovationszentrum für Metallurgie und Wasserstofftechnologie innerhalb der SMS Group werden.
Foto: Steve Eastwood
Wirtschaft 3 Min. 21.04.2021 Aus unserem online-Archiv

Paul Wurth nun komplett in deutscher Hand

Nadia DI PILLO
Nadia DI PILLO
Es ist ein "historischer Tag". Die deutsche SMS group übernimmt das Traditionsunternehmen Paul Wurth komplett.

Einig waren sie sich bereits vergangenes Jahr und jetzt ist es fix: Der Vertrag ist unterschrieben und der Luxemburger Staat verkauft damit nun offiziell seine Anteile am Luxemburger Traditionsunternehmen Paul Wurth an die deutsche SMS group. Die Anteile von 40,8 Prozent waren bisher im Besitz des Luxemburger Staats sowie staatseigener Gesellschaften (Spuerkeess und SNCI). SMS wird damit alleiniger Eigentümer des Anlagenbaus von Paul Wurth. 

Mit diesem Schritt soll der Standort Luxemburg nun zum Forschungs- und Entwicklungszentrum für Dekarbonisierung und Recycling innerhalb der SMS group ausgebaut werden. „Es ist für uns ein sehr strategischer Tag, ein Meilenstein für die Entwicklung der europäischen und weltweiten Stahlindustrie“, sagte Edwin Eichler, Vorsitzender des Aufsichtsrats der SMS group, am Mittwoch in einer Pressekonferenz nach der Vertragsunterschrift. Die Umwälzung der Stahlindustrie, die jetzt anstehe, sei „die größte seit ungefähr 150 Jahren“. In den letzten 15 und 20 Jahren sei bei Paul Wurth die Technologie entwickelt worden, um Stahl in der Zukunft CO2-frei oder CO2-minimal herzustellen. 

Edwin Eichler, Vorsitzender des Aufsichtsrats der SMS group
Edwin Eichler, Vorsitzender des Aufsichtsrats der SMS group
Steve Eastwood

„Viele Jahre lang wurde das in der Industrie belächelt. In der Zwischenzeit sind wir soweit, dass wir große industrielle Anlagen bauen können. Damit ist jetzt die Grundlage geschaffen für die größte Umwälzung der Stahlindustrie seit 150 Jahren.“ Deswegen sei es auch notwendig gewesen, „die Kräfte zwischen SMS group und Paul Wurth zu bündeln“. Er sei allen Beteiligten sehr dankbar „für die intensive Ausarbeitung des Vertragswerkes“. Es sei „sicher nicht einfach gewesen“, es habe aber gezeigt, „dass man hier mit Luxemburg und mit der luxemburgischen Regierung einen Partner hat, der langfristig industriell denkt und handelt“. 

Das Ziel sei nun, langfristig die Kompetenz in der Metallurgie sowie in der Wasserstoff-Technologie auszubauen. Das künftige Leistungsspektrum umfasse „alle Technologien zur Senkung von CO2-Emissionen in bestehenden Stahlwerken, die Wasserstoff-basierte, CO2-freie Direktreduktion von Eisenerz sowie Power-To-X-Technologien für die Herstellung synthetischer Brennstoffe und nachgelagerter Produkte“. Darüber hinaus sollen die gemeinsamen, internationalen Expertenteams von SMS und Paul Wurth weiterhin am Ausbau des Produkt- und Serviceangebots für die gesamte Prozesskette der Metallindustrie arbeiten. 

Partnerschaft mit Universität

Im Rahmen der Transaktion wurde zudem eine strategische Partnerschaft mit der Universität Luxemburg vereinbart, „um die wissenschaftliche Forschung und Entwicklung von Wasserstoff-Technologien am Standort Luxemburg zu stärken“. Mit finanzieller Unterstützung von Paul Wurth wurde bereits ein Lehrstuhl für Energieprozesstechnik eingerichtet. 

Die Immobilienaktivitäten von Paul Wurth in Luxemburg werden in ein neues Unternehmen überführt, an dem die öffentlichen luxemburgischen Anteilseigner und SMS beteiligt sein werden. 

„Eine neue zukunftsorientierte Paul Wurth“

Wie viel Geld die Transaktion dem Luxemburger Staat einbringt, wollte Wirtschaftsminister Franz Fayot nicht verraten, es soll zu 50 Prozent in den Fonds intergénérationnel und zu 50 Prozent ins Staatsbudget einfließen. „Wir sind sehr froh, dass wir die Transaktion heute unterschrieben haben. Wir haben den Grundstein gelegt für eine neue zukunftsorientierte Paul Wurth, die unter diesem Namen bestehen bleibt, mit ihren Mitarbeitern und vor allem auch mit einer zukunftsorientierten Sparte.“ 

Wirtschaftsminister Franz Fayot
Wirtschaftsminister Franz Fayot
Steve Eastwood

Der Minister betonte, man sei nach gut 150 Jahren auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion. „Wasserstoff ist die Sparte par excellence, die auch mit der Strategie des Wirtschaftsministeriums gleich ausgerichtet ist.“ Mit der Vereinbarung entstehe ein „Champion“ in der grünen Technologie. Franz Fayot sei auch zuversichtlich, dass „die Präsenz von Paul Wurth in Luxemburg nicht nur stabilisiert, sondern weiter ausgebaut wird“. Die Regierung stehe voll hinter der Strategie und man sei froh darüber, dass die Regierung „mit an Bord bleibt“, unter anderem durch das gemeinsam gegründete Unternehmen im Immobilienbereich. 

Goerges Rassel, CEO von Paul Wurth
Goerges Rassel, CEO von Paul Wurth
Steve Eastwood

Die Stahlindustrie sorgt derzeit für rund acht Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen. Es bestehe ein großer Bedarf an der Entwicklung neuer Technologien, so Georges Rassel, CEO von Paul Wurth. „Wir haben eine klare Vision, wie man CO2-freien grünen Stahl herstellt.“ Das sei eine große Herausforderung, es hebe aber auch „die Notwendigkeit hervor, anders zu arbeiten als bisher“. Daher sei es wichtig, „die Kompetenzen zu bündeln, um innovative und nachhaltige Lösungen anbieten zu können.“ Mit der SMS group rüste man sich für den weltweiten Konkurrenzkampf, indem man nun als gemeinsames Team mit gemeinsamen Zielen und Projekten operiere. Paul Wurth ändert seinen offiziellen Namen nicht, auch die Joint Ventures und der Inkubator in Luxemburg bleiben bestehen. Ein neues Hauptsitzgebäude für die Luxemburger Aktivitäten soll in den nächsten Jahren in Hollerich entstehen.

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